Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
bei diesen Gelegenheiten oft das Gefühl, dass die Männer zu viel reden. Ich erinnere mich an die Diskussionsphase eines Vortrages, den ich in einem Buchladen hielt. Die Zuhörerschaft bestand zum überwiegenden Teil aus Frauen, aber die anwesenden Männer bestimmten das Gespräch. An einem Punkt der Diskussion redete ein Mann, der auf einem der mittleren Plätze saß, derart langatmig, dass einige Frauen in den vorderen Reihen unruhig auf ihren Plätzen hin und her zu rutschen begannen und die Augen verdrehten. Die Ironie dabei war, dass der Mann sich darüber ausließ, wie sehr es ihn frustriert, wenn er Frauen zuhören muss, die sich endlos über Themen auslassen, die er langweilig und unwichtig findet.
Beziehungssprache und Berichtssprache
Wer redet mehr, Männer oder Frauen? Die anscheinend geteilten Meinungen zu dieser Frage lassen sich durch die Unterscheidung in – wie ich es nenne – öffentliches und privates Sprechen aussöhnen. Männer fühlen sich eher wohl, wenn sie »öffentlich« reden, während Frauen sich eher wohl fühlen, wenn sie »privat« reden. Man kann diese Unterschiede auch durch die Begriffe Beziehungssprache (rapport-talk) und Berichtssprache (report-talk) umschreiben.
Für die meisten Frauen ist die Sprache der Konversation in erster Linie eine Beziehungssprache: eine Möglichkeit, Bindungen zu knüpfen und Gemeinschaft herzustellen. Sie demonstrieren vor allem Gemeinsamkeiten und gleichartige Erfahrungen. Von Kindheit an kritisieren Mädchen Spielgefährtinnen, die sich hervortun oder besser als andere erscheinen wollen. Frauen haben ihre engsten Beziehungen zu Hause oder in einer Umgebung, in der sie sich zu Hause fühlen – mit einem oder wenigen Menschen, denen sie sich nah und mit denen sie sich wohl fühlen, mit anderen Worten, bei privaten Gesprächen. Aber selbst an die öffentlichste Situation kann man herangehen, als handele es sich um ein privates Gespräch.
Für die meisten Männer sind Gespräche in erster Linie ein Mittel zur Bewahrung von Unabhängigkeit und zur Statusaushandlung in einer hierarchischen sozialen Ordnung. Zu diesem Zweck stellen Männer ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zur Schau und glänzen mit sprachlichen Darbietungen wie Anekdoten, Witzen oder Informationen, um sich in den Mittelpunkt zu rücken. Männer lernen von klein auf, Gespräche zu benutzen, um Aufmerksamkeit zu bekommen und zu behalten. Sie fühlen sich also wohler, wenn sie in großen Gruppen sprechen, die sich aus Leuten zusammensetzen, die sie weniger gut kennen – wenn sie, im weitesten Sinne, »öffentlich reden«. Aber selbst die privatesten Situationen lassen sich wie ein öffentliches Gespräch behandeln, so, als ginge es eher um eine Berichterstattung als um die Festigung von Beziehungen.
Privates Sprechen: Die wortreiche Frau und der schweigsame Mann
Woher rührt das Stereotyp, dass Frauen zu viel reden? Dale Spender meint, dass die meisten Leute instinktiv (wenn nicht bewusst) davon ausgehen, dass man Frauen – wie Kinder – nicht hören, sondern sehen sollte, und so gesehen ist alles, was sie sagen, zu viel. Studien haben ergeben, dass, wenn Männer und Frauen genauso viel reden, die Leute den Eindruck haben, dass die Frauen mehr geredet hätten. Spenders These ist also nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch vielleicht halten Männer Frauen für geschwätzig, weil sie sie in Situationen reden hören, in denen sie selbst schweigen würden: am Telefon oder bei gesellschaftlichen Anlässen im Bekanntenkreis, wenn Frauen über Dinge reden, die Männer nicht ohne Weiteres fürchterlich interessant finden, oder, wie bei dem Ehepaar in der Frauengruppe, wenn sie allein zu Hause sind – mit anderen Worten: beim privaten Sprechen.
Das Heim bildet den Hintergrund für ein amerikanisches Symbolbild, das den schweigenden Mann und die redselige Frau präsentiert. Dieses Bild ist das Ergebnis der unterschiedlichen Ziele und Gewohnheiten, die ich beschrieben habe, und es erklärt den von Frauen am häufigsten geäußerten Vorwurf, wenn es um Beziehungen zu Männern geht: »Er redet nicht mit mir« und den zweithäufigsten: »Er hört mir nicht zu.«
Der Fall einer Frau, die an Ann Landers schrieb, ist typisch: Ref 26 , Ref 27
Mein Mann redet nie mit mir, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Wenn ich ihn frage: »Wie war dein Tag?«, sagt er: »Schlecht…«, oder: »Es ist ein Dschungel da draußen.« (Wir leben in Jersey, und er arbeitet in New York City.)
Wenn wir
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