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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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reden), oder einen Kumpel von der Highschool, mit dem sie schon seit einem Jahr kein Wort mehr gewechselt haben. Ref 29
    Als Debbie Reynolds sich beklagte, dass Dick Van Dyke sich nie mit ihr unterhalten würde, und er protestierte, dass er das sehr wohl tue, hatten beide recht. Sie hatte das Gefühl, dass er ihr nichts erzählte, weil er nicht von den flüchtigen Eindrücken und Gefühlen sprach, die ihn tagsüber beschäftigt hatten – weil er nicht die Art von Gespräch mit ihr führte, die sie mit ihrer besten Freundin führen würde. Er redete nicht von diesen Dingen, weil er sie nicht erwähnenswert fand. Er erzählte ihr alles, was ihm wichtig vorkam – alles, was er auch seinen Freunden erzählen würde.
    Männer und Frauen haben oft unterschiedliche Vorstellungen davon, was wichtig ist – und wann man »wichtige« Themen anschneiden sollte. Eine Frau erzählte mir zum Beispiel immer noch ungläubig von einem Gespräch mit ihrem Freund. Sie wusste, dass er sich mit seinem Freund Oliver getroffen hatte, und fragte: »Was gibt’s Neues bei Oliver?« Er antwortete: »Nichts.« Aber später in dem Gespräch stellte sich heraus, dass Oliver und seine Freundin sich zur Heirat entschlossen hatten. »Ist das ›nichts‹?«, stöhnte die Frau frustriert und ungläubig auf.
    Für Männer ist »nichts« vielleicht eine rituelle Antwort zu Beginn eines Gesprächs. Eine Collegestudentin vermisste ihren Bruder, rief ihn aber selten an, weil sie es schwierig fand, das Gespräch in Gang zu halten. Eine typische Unterhaltung zwischen ihnen begann mit der von ihr gestellten Frage: »Was treibst du so?«, worauf er antwortete: »Nichts.« Weil sein »Nichts« für sie bedeutete, »Es gibt nichts Persönliches, über das ich reden möchte«, bestritt sie das Gespräch allein, indem sie ihm von ihren neuesten Erlebnissen berichtete und schließlich frustriert einhängte. Aber als sie später daran zurückdachte, fiel ihr ein, dass er im weiteren Verlauf des Gesprächs gemurmelt hatte: »Christie und ich haben uns wieder gestritten.« Die Bemerkung kam so spät und leise, dass sie nicht darauf einging. Und ihr Bruder war wahrscheinlich genauso enttäuscht, weil sie es nicht getan hatte.
    Viele Männer verstehen einfach nicht, was Frauen wollen, und Frauen verstehen einfach nicht, warum Männer sich so schwer damit tun, es herauszufinden und sich entsprechend zu verhalten.

»Red mit mir!«
    Wie unbefriedigend Frauen die häusliche Schweigsamkeit ihrer Männer finden, spiegelt sich in einem Standardmotiv vieler Witzbilder – dem Ehepaar am Frühstückstisch: Er liest die Zeitung; sie starrt auf die Rückseite. In einem Dagwood-Comic beklagt Blondie sich: »Alles, was er morgens anguckt, ist die Zeitung. Ich wette, du weißt nicht mal, dass ich da bin!« Dagwood versichert ihr: »Natürlich weiß ich, dass du da bist. Du bist meine wundervolle Frau, und ich liebe dich sehr.« Bei diesen Worten streichelt er abwesend die Pfote des Familienhundes, den die Frau auf ihren Stuhl gesetzt hat, bevor sie aus dem Zimmer gegangen ist. Der Cartoon zeigt, dass Blondie sich zu Recht wie die Frau fühlt, die den Brief an Ann Landers schrieb: unsichtbar.
    Ein anderer Cartoon zeigt einen Mann, der gerade eine Zeitung aufschlägt und seine Frau fragt: »Gibt es etwas, was du mir sagen möchtest, bevor ich anfange, die Zeitung zu lesen?« Der Leser weiß, dass es nichts gibt – dass der Frau aber etwas einfallen wird, sobald der Mann zu lesen anfängt. Der Cartoon unterstreicht, wie unterschiedlich Männer und Frauen den Zweck eines Gesprächs beurteilen: Für den Mann bedeutet Gespräch Information. Wenn also seine Frau ihn beim Lesen unterbricht, sollte es sich um etwas handeln, das er unbedingt wissen muss. So gesehen, kann sie das, von dem sie glaubt, er müsse es auf jeden Fall erfahren, genauso gut erzählen, bevor er die Zeitung liest. Aber für sie heißt Gespräch Interaktion. Etwas zu erzählen ist ein Ausdruck von Verbundenheit und Zuhören ein Ausdruck von Interesse und Anteilnahme. Es ist kein unglücklicher Zufall, dass ihr immer erst etwas einfällt, wenn er liest. Sie empfindet das Bedürfnis nach sprachlicher Interaktion am stärksten, wenn er sich (aus für sie unerfindlichen Gründen) hinter seiner Zeitung vergräbt, statt sich mit ihr zu unterhalten.
    Noch ein anderer Cartoon zeigt eine Hochzeitstorte, deren Spitze statt mit den Plastikfigürchen von Braut und Bräutigam in Frack und Schleier mit einer

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