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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Taifune sind weitaus schlimmer. Wenn einer zu blasen anfängt, geht man am besten in die widerstandsfähigste Bar, die man finden kann, und betrinkt sich. Die ersten zehn Jahre sind die schlimmsten. Das Leben hier hat aber auch seine guten Seiten, wenn man sich auskennt. Man muß natürlich die Sprache beherrschen und wissen, wann man sich verbeugt und die Schuhe auszieht und so weiter. Sie müssen sich die Grundregeln möglichst schnell aneignen, wenn Sie bei den Leuten hier was erreichen wollen. Unter den steifen Kragen und gestreiften Hosen in den Regierungsstellen sitzt noch ’ne ganze Menge vom alten Samuraigeist. Ich mache mich bei den Leuten drüber lustig, und sie lachen, weil sie mich kennen. Aber das hindert mich keinesfalls, mich bis zum Boden zu verbeugen, wenn man’s von mir erwartet und wenn ich was will. Sie werden’s auch lernen.« Henderson fragte den Fahrer etwas, der die ganze Zeit über in den Rückspiegel geschaut hatte. Der Fahrer lachte und antwortete fröhlich.
    »Hab ich mir’s doch gedacht!« sagte Henderson. »Wir werden beschattet. Typisch Tiger. Ich hab ihm zwar gesagt, daß Sie im Okura wohnen, aber er will sich selbst überzeugen. Regen Sie sich nicht auf, das ist nun mal seine Art. Wenn Sie heute nacht einen seiner Männer im Bett finden oder ein Mädchen, wenn Sie Glück haben, dann sprechen Sie höflich mit ihnen, und sie werden sich verbeugen und verschwinden.« Doch der Trinkerei in der Bambus-Bar des Okura war eine ungestörte Nacht gefolgt. Den nächsten Tag hatten sie damit verbracht, Sehenswürdigkeiten zu besuchen und Visitenkarten drucken zu lassen, die Bond als Zweiten Sekretär in der Kulturabteilung der australischen Botschaft bezeichneten. »Sie wissen genau, daß das unser Geheimdienst ist«, sagte Henderson, »und sie wissen auch, daß ich die ganze Sache leite und Sie mein zeitweiliger Assistent sind.« Am Abend waren sie dann in Hendersons bevorzugte Bar gegangen, wo jedermann Henderson »Dikko« oder »Dikko-san« nannte. Man hatte sie respektvoll zu dem ruhigen Ecktisch geleitet, der Dikkos Stammtisch zu sein schien.
    Jetzt griff Henderson unter den Tisch und riß die Drähte mit einem Ruck ab. »Dieser Schurke von Wirt wird mich kennenlernen, wenn ich ihn erwische«, meinte er kriegerisch. »Wenn man bedenkt, was ich für diesen Lumpenhund alles getan hab’! Er hat’s mir zu verdanken, daß er seine Lizenz noch hat. Und jetzt tut er mir sowas an! Na ja, jedenfalls kann T. T. jetzt nichts mehr aufnehmen. Dem werd ich auch den Marsch blasen. Er könnte inzwischen wissen, daß weder ich noch meine Freunde den Kaiser umbringen oder den Reichstag in die Luft sprengen wollen.« Dikko sah sich so argwöhnisch um, als wolle er beides tun. »Und jetzt zum Geschäft, James. Ich hab für morgen früh um elf eine Zusammenkunft mit Tiger arrangiert. Ich hol Sie ab und bring Sie hin. >Büro für asiatische Volksbräuche< - seine Tarnung. Ich will Ihnen aber nichts verraten, sonst verderb ich Ihnen den ganzen Spaß. Ich hab übrigens keine Ahnung, warum Sie hier sind. Mein Botschafter sagt, daß er von der ganzen Angelegenheit nichts wissen will. Er meint, es sei besser, wenn er Sie gar nicht kennenlernt. Macht’s Ihnen was aus? Das ist keine Beleidigung, er ist nur ’n schlauer Fuchs und will keine Scherereien. Ich will auch nichts über Ihre Aufgabe wissen. Dann sind Sie nämlich der einzige, der den pulverisierten Bambus in den Kaffee bekommt. Aber ich nehm an, daß Sie irgendwelches wichtige Material von Tiger wollen, ohne daß die CIA dahinterkommt. Stimmt’s? Das wird ’ne kitzlige Sache.«
    Dikko Henderson machte mit der linken Hand eine ausholende Geste. Bond kam zu dem Schluß, daß Dikko schon ziemlich blau war. Sie hatten beide die achte Flasche saké hinter sich, doch hatte Dikko im Okura bereits mit Whisky begonnen, während er auf Bond wartete, der noch schnell ein harmloses Telegramm nach Melbourne verfaßte. Es trug den Vermerk »Zur Information«, was bedeutete, daß es für Mary Goodnight bestimmt war, der er damit seine Ankunft und vorübergehende Adresse mitteilte.
    »Was für ein Kerl ist dieser Tanaka eigentlich?« fragte Bond. »Ist er Ihr Feind oder Ihr Freund?«
    »Beides. Wahrscheinlich mehr ein Freund. Zumindest vermute ich das. Ich amüsiere ihn, ganz im Gegensatz zu seinen Kollegen von der CIA. Bei mir geht er aus sich heraus, und wir haben vieles gemeinsam. Wir lieben beide die Freuden des samsara - Wein und Frauen. Er ist ’n großer

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