Du lebst nur zweimal
sofort mit Tokio sprechen, wenn wir in Fukuoka sind. Aber jetzt haben Sie wenigstens einmal erlebt, was dieser Dr. Martell zu seinem Schutz unternimmt. Er ist bestimmt gefährlicher, als wir dachten. Irgendwann in seinem Leben muß er für den Geheimdienst gearbeitet haben. Wie hätte er sonst zum Beispiel meine Identität ausfindig machen können - sie ist ein Staatsgeheimnis! Er hat mich als seinen Hauptfeind erkannt. Dieser Mann ist entweder ein Verrückter oder ein großer Verbrecher. Sie stimmen mir zu, Bondo-san?«
»Sieht ganz so aus. Der Bursche interessiert mich immer mehr. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen meiner Aufgabe. Das war für mich wahrscheinlich genau der richtige Stoß, um wieder auf die Beine zu kommen.«
Das Hauptquartier der Sosaka, der Kriminalpolizei, für die Insel Kiushiu lag etwas abseits der Hauptstraße von Fukuoka. Es war ein düsteres Gebäude aus gelben Klinkersteinen, dessen Stil man aus Deutschland importiert hatte. Tiger bestätigte, daß es vor und während dem Krieg das Hauptquartier der Kempeitai, der japanischen Gestapo, gewesen sei. Tiger wurde mit übertriebener Aufmerksamkeit empfangen. Das Büro des Chefs der Kriminalpolizei war klein und mit allen möglichen Dingen angefüllt. Superintendent Ando sah für Bond wie jeder andere japanische Beamte aus, aber er hatte eine militärische Haltung, und die Augen hinter der randlosen Brille waren wachsam und hart. Bond saß geduldig auf seinem Stuhl und rauchte, während man höflich und ausgiebig Konversation trieb. Eine größere Luftaufnahme des »Schlosses des Todes« und seiner Umgebung wurde aus einem Regal gezogen und auf den Tisch gelegt. Superintendent Ando beschwerte die Ecken mit Aschenbechern und anderen Metallgegenständen, und Tiger bat Bond mit einer Höflichkeit zu sich, die, wie Bond bemerkte, Eindruck auf den Superintendenten machte. Es kam Bond in den Sinn, daß er Tiger viel ON aufgeladen hatte, oder daß Tiger seinerseits durch den Zwischenfall mit dem Agenten der Schwarzen Drachen gegenüber Bond viel »Gesicht« verloren hatte. Tiger sagte: »Bitte, sehen Sie sich diese Aufnahme an, Bondo-san. Der Superintendent meint, daß ein unbemerktes Eindringen von der Landseite her jetzt sehr schwierig sei. Die Selbstmörder geben den hier ansässigen Bauern Geld, damit sie sie durch diese Sumpfgebiete führen.« Er zeigte sie auf dem Foto. »Es sind Öffnungen in den Mauern um den Besitz, die ständig wechseln und für die Selbstmörder offengehalten werden. Jedesmal wenn der Superintendent einen Posten bei einer dieser Öffnungen aufstellt, zeigen die Schloßwachen den Bauern eine andere. Er weiß nicht mehr, was er machen soll. Zwanzig Tote wurden allein in der letzten Woche in die Leichenhalle eingeliefert. Der Superintendent möchte seinen Rücktritt einreichen.«
»Natürlich«, sagte Bond. »Und dann vielleicht eine ehrenvolle Fugu-Vergiftung! Schauen wir uns die Sache mal an.«
Beim ersten Blick auf die Luftaufnahme sank Bonds Mut. Er hätte genausogut versuchen können, Windsor Castle allein zu erstürmen! Der Besitz lag auf einer kleinen Landzunge, die von der Felsenküste ins Meer vorsprang. Die etwa sechzig Meter hohe Klippe um diese Landzunge herum war bis hinunter zum Wasserspiegel mit riesigen Steinblöcken verkleidet worden, um so eine glatte Mauer zu erhalten, die fast senkrecht zu den Schießscharten und den unregelmäßig angelegten Wachtürmen hinaufführte. Von der Krone dieser Mauer schien es etwa drei Meter tief in den Park hinunterzugehen, der einen breiten See mit einer kleinen Insel in der Mitte hatte und zwischen gewundenen Wasserläufen dicht mit Bäumen und Büschen bestanden war. Dampf schien von dem See aufzusteigen, und auch zwischen den Büschen hingen hier und da Dampfwolken. Im Hintergrund des Besitzes stand das Schloß, das gegen die abfallende Landseite durch eine verhältnismäßig bescheidene Mauer geschützt war. Über diese Mauer drangen die Selbstmörder wahrscheinlich in den Park ein. Das Schloß selbst war ein gewaltiges fünfstöckiges Gebäude im traditionellen japanischen Stil, mit breiten geschwungenen Dächern aus glasierten Ziegeln. Geschwungene Giebel, die an Delphine erinnerten, zierten das oberste Stockwerk, und eine verwirrende Fülle anderer Ornamente, kleiner Balkone, Türmchen und Erker ließen den ganzen schwarzbemalten Bau wie eine eindrucksvolle Kulisse für Dracula erscheinen. Bond nahm eine große Lupe und untersuchte Zentimeter um Zentimeter der
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