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Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Titel: Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina L'Habitant
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alles besser weiß
    Eine Jugendliche sitzt seit Tagen am Klavier, übt stundenlang Chopin-Walzer und Bach-Inventionen. Als sie meint, es klinge schon ganz gut, spielt sie, voller Stolz über ihre mühselige Errungenschaft, ihrer Mutter – selbst Lehrerin – das eine oder andere Musikstück vor und bekommt zu hören: »Da hast du aber noch einen Fehler gemacht, da musst du nochmal üben.«
    Ein Schüler quält sich stundenlang mit einem Aufsatz herum. Schließlich betrachtet er zufrieden das Ergebnis. Er kann kaum den nächsten Tag erwarten, um das vollbrachte Werk seiner Lehrerin zu zeigen. Was hört er als Erstes? »Da sind noch Kommafehler drin!«
    Was empfinden Sie beim Lesen dieser Zeilen? Ich empfinde Frust pur, denn solche Feedbacks bergen immer die Botschaft: So, wie du bist, bist du nicht ok. Der eine gibt sich Mühe und der andere sieht nur, was man noch besser machen könnte. Dass man sich noch weiter verbessern kann und soll, ist einem Menschen selbst bewusst, das will er nicht noch zusätzlich hören. Ein Schüler wünscht sich Unterstützung in der Form, dass er ermutigt wird, auf dem richtigen Weg zu sein. Vielleicht gar ein paar persönliche Worte vom Gegenüber, die Empathie
zum Kontext vermitteln. Oder er möchte einfach, dass seine Anstrengung gewürdigt wird.
    Doch diese besserwisserische Art steckt in so vielen Menschen, immer haben sie etwas zu kritisieren und sind überzeugt, unbedingt Recht zu haben. Für diesen Menschenschlag ist der Lehrerberuf die beste Domäne, ihren Zeigefinger rund um die Uhr erheben zu können. Der als Witz gemeinte Ausspruch »Gott weiß alles, der Lehrer weiß alles besser« birgt so viel bittere Wahrheit, dass er nicht mehr nur als dummes Vorurteil abgestempelt werden kann. Ich selbst kenne unendlich viele Lehrer der Kategorie Besserwisser, die sich ständig ungefragt einmischen, ihren Senf dazugeben müssen, immer etwas zu kritisieren haben, selbstherrlich ihre Meinung als das Nonplusultra vertreten, auf jedermanns Schwächen herumreiten. Wie nennt man ein Treffen von mehreren Besserwissern? Lehrerkonferenz! Grausam, uneffektiv, zeitraubend ...
    Und wie kommen die Schüler mit diesen Lehrern klar? Gar nicht. Sie fühlen sich unverstanden, in Schubladen gezwängt, sind von den Ratschlägen am laufenden Band restlos genervt. Besserwisser haben ein riesengroßes Schubladendenken, weshalb sie Schüler auch nicht ausreden lassen können. Sie wollen sich nicht mit anderen Sichtweisen auseinandersetzen, denn etwas anderes kann einfach nicht wahr sein. Nun sind Schüler jung und kämpfen gern um ihr Recht, um dann zu lernen, dass nur einer Recht haben kann: Der besserwisserische Lehrer.
    Unter diesen Umständen lernt ein Schüler vor allem, was in jedem Ratgeber zum Umgang mit rechthaberischen Menschen steht: Abhauen! Da tatsächliches Weglaufen oder Parolibieten allerdings nicht möglich sind, verabschieden Schüler sich geistig: Sie ignorieren und schalten auf Durchzug. Damit hat sich dann allerdings die Sache mit dem Schulauftrag erledigt, und die Schüler könnten auch gleich zu Hause bleiben.
    Der Lehrer, der unbedingt alle gleich behandeln möchte
    Mancher Lehrer würde am liebsten nur fördern, ohne je zu fordern. Er geht jedem Konflikt aus dem Weg, damit sich niemand benachteiligt fühlen muss. Er baut sich eine Welt, die ihm gefällt. Störend sind nur die vielen »bösen« Menschen, die ihn einfach nicht verstehen wollen. Er erwartet viel von der Menschheit und gibt selbst wenig. Denn tatsächlich ist er nur so lange gut, wie er selbst nichts tun muss. Er möchte ein gutes Gefühl haben, wenn er zum Beispiel andere dafür gewinnen konnte, etwas zu tun, oder wenn er Spenden gesammelt hat, um Hilfsbedürftige zu unterstützen. Er steht für: Umweltschutz, Gleichberechtigung, Political Correctness, geistige und materielle Gleichheit für alle.
    Gerade die Schule ist ein beliebter Tummelplatz für solche Menschen: Hier können sie ihre moralischen Werte in den Schüler implantieren. Werte, die für sie selbst bezeichnenderweise nicht gelten. Was ist die Ursache für diese Sucht nach Gleichmacherei? Unsicherheit? Feigheit? Faulheit? Wird die pädagogische Arbeit einfacher, wenn man alle über einen Kamm schert und nach Plan arbeitet? Nach SchemaF zu arbeiten erspart einem Lehrer viel Vorbereitung und eigene Denkleistung. Wir haben doch alle erlebt, dass sogar die Planwirtschaft der ehemaligen DDR nicht funktioniert hat, denn Menschen sind Individuen, sie lassen

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