Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
korpulente Lehrerin erzürnt 30 Minuten durchs Schulhaus irrte und den Fahrer des Wagens suchte, der sie zugeparkt hatte, meinte einer dieser Spießer lächelnd in Anspielung auf ihre Pfunde sagen zu müssen: »Frau Schmidt, ich wusste gar
nicht, dass Sie so schnell laufen können, in Ihnen steckt ja eine Furie.«
Sich auf Kosten anderer zu amüsieren verletzt Menschen. Das hat nichts mit Humor zu tun. Humorvoll ist, wer über sich selbst lachen kann. Diese Art unflexibler, frustrierter Lehrer jedoch sind langweilig, kleingeistig und nicht in der Lage, junge Menschen wachsen zu lassen.
Missgünstige Lehrer
Immer wenn etwas gut funktioniert, kann man sich des Neides mancher Kollegen sicher sein, denn Erfolg macht einen leider bei einigen Menschen unbeliebt.
PRAXISBEISPIEL ______________________________________
Eines Tages wird eine pädagogisch sehr berufserfahrene Kollegin von einer blutjungen Frau, Klassenlehrerin einer sechsten Klasse, von oben herab angesprochen: »Wir müssen uns mal über deinen Englischunterricht unterhalten, da scheint wohl nicht alles rund zu laufen, es kamen Beschwerden über dich.«
Da frage ich mich: Was ist denn das für ein Kommunikationsstil? Die Kollegin hat ein halbes Jahrhundert Schulerfahrung und zahlreiche berufsbegleitende Maßnahmen vorzuweisen. Ich halte sie für eine sehr kompetente Lehrerin. Sie hakt sanft nach und verspricht, die Kritikpunkte im Gespräch mit den Schülern gemeinsam zu klären. Doch die junge Lehrerin bleibt hartnäckig. Einige Wochen später beharrt sie auf einem Gespräch mit der erfahrenen Pädagogin und bringt gleich auch noch Verstärkung in Form des stellvertretenden Klassenlehrers mit, denn die Schüler hätten auf ihr Nachfragen bestätigt, dass die Fachlehrerin ihren Unterrichtsstil nicht geändert hätte.
Ein beliebtes Mittel missgünstiger Kollegen ist es, im eigenen Unterricht unter dem Vorwand der Reflexion die Schüler zu motivieren, doch einmal alle Negativpunkte anderer Lehrer schriftlich aufzulisten. Diese Listen werden dann an den Schulleiter weitergereicht, damit endlich gegen den »unfähigen« Kollegen vorgegangen werden kann. Zu finden sind die Neider überall dort, wo böswilliger Tratsch das Alltagsgeschäft bestimmt.
Auch Schüler können ein Lied über diese Spezies singen. Nach außen setzen diese Lehrer ihr verständnisvollstes Lächeln auf. Doch kaum wähnen sie sich unbeobachtet, rechnen sie gnadenlos mit Schülern ab, die sie nicht mögen. Und das sind viele. Gemocht werden von solchen Lehrern nur diejenigen, die sich ihnen absolut anpassen und von Nutzen sind. Gerade die Methode, einem Schüler eins »auszuwischen« und dabei zu lächeln, lässt den Schüler restlos verwirrt zurück, weil er die Situation gar nicht einzuschätzen vermag. Er fühlt nur: Ich bin nicht ok.
Gern setzen diese Lehrer den Unterricht bei Störungen einfach mit gedämpfter Stimme fort, ohne sich um den Lärmpegel zu kümmern. Pädagogische Verantwortlichkeit wie Führungskompetenz wird in die Hände der Schüler gelegt und diesen dann die Quittung präsentiert. Diese Lehrer selbst strahlen lieber in der Öffentlichkeit. Es geht ihnen nicht um das persönliche Wachstum der Schüler, sondern um ihre eigene Wichtigkeit. Konstruktives Verhalten, Verständnis, Offenheit, Akzeptanz sind Fremdwörter für sie und kontraproduktiv zu ihrem Alleinstellungsanspruch.
Diese Lehrer verbergen ihre Unsicherheit unter einer glänzenden Fassade pädagogischer Geschäftigkeit. Doch sie sind als Pädagogen ungeeignet. Wer über kein Selbstwertgefühl verfügt, kann andere nicht aufbauen, sondern muss sie abwerten, um sich selbst groß fühlen zu können.
Was ein guter Lehrer heute leisten sollte
Welche Lehrer brauchen wir heute? Entwicklungshelfer, die Heranwachsende dabei unterstützen, selbstständige Persönlichkeiten zu werden und ihr Leben zu stemmen. Der ideale Lehrer freut sich, wenn seine Schüler besser werden, als er selbst ist. Wer den Lehrberuf ausüben will, muss Vorbild sein. Er muss die Menschen mögen und sich als Mentor sehen, der Lernprozesse begleitet. Er muss bei aller Wissensvermittlung die Schule immer noch als Teil des realen Lebens verstehen.
Wenn wir an unsere eigene Schulzeit zurückdenken, dann war der beste Lehrer der, der erstens den Stoff so rübergebracht hat, dass man ihn verstehen konnte, der zweitens das Interesse für den Stoff wecken konnte und sich drittens auf Diskussionen einließ. Er konnte auch ab und an etwas
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