Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Titel: Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina L'Habitant
Vom Netzwerk:
entfalten, wenn sie es auch dürfen. Sie keimen wie empfindsame Pflänzchen, vermögen nur in der richtigen Umgebung stark zu wurzeln und zu erblühen. Was braucht man zu gutem Wachstum? Abgesehen von einem umsichtigen Gärtner erfordert es Ruhe, Geduld und Zeit. Wie heißt es doch so schön: »Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht.« Heranwachsende brauchen in erster Linie eine friedliche, Sicherheit spendende Lernatmosphäre, um sich zu entwickeln. Ein schlechtes Klassenklima erzeugt Stress und behindert die Lernvorgänge. Hier muss die Schule unbedingt aus den Ergebnissen der Gehirnforschung die längst überfälligen Konsequenzen ziehen und Erkenntnisse wie die von Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer beherzigen, der sagt: »Wer unter Angst lernt, lernt die Angst gleich mit.« Ref 30
    Nur der Lehrer kann für einen ruhigen, respektvollen und geborgenen Rahmen sorgen, in dem sich der Lernende auf sich selbst besinnen kann. Das verlangt in erster Linie auch nach
einem Umfeld der Stille. Von Lärm umgeben findet niemand die Muße, sich auf sich selbst zu besinnen. Es hat schon einen Grund, dass weise Menschen wie Jesus, Moses und Buddha ihre Zwiegespräche in der Abgeschiedenheit geführt haben. Sie hätten sicher nicht mit sich selbst in Kontakt treten können, wenn sie von einer krakeelenden Menge umgeben gewesen wären – von Leuten, die sich auch noch damit brüsten, besonders multitaskingfähig zu sein. Kein Mensch erwirbt Fähigkeiten, wenn er ständig störenden Ereignissen ausgesetzt ist. Doch im Unterricht wird geschwatzt, gelacht, geblödelt. Keiner hört auf den Lehrer, alle achten auf den Klassenclown, Zettelchen kursieren, Ermahnungen werden ignoriert und der Lehrer unterrichtet gegen eine Wand. Das sind Rahmenbedingungen, unter denen niemand gedeiht. Unpersönlicher kann Schule gar nicht mehr ablaufen. Hier hat der Mensch seinen Mittelpunkt verloren.
    Friedliche Räume zu schaffen, das verlangt förmlich nach starken Führungspersönlichkeiten, denen persönliches Wachstum ein Gebot der Stunde ist und die wissen, dass Durchsetzungskraft etwas mit Verantwortung zu tun hat und den Menschen stärkt.
    Klassenräume sind unruhig und angstbesetzt. Wie viele Schüler gehen täglich mit weichen Knien zur Schule, plagen sich mit Gedanken von Überforderung und setzen sich den vielen entwürdigenden Maßnahmen aus. Können wir uns nicht alle in irgendeiner Form an angstvolle Unterrichtsstunden erinnern, in denen wir einfach keine Leistung erbringen konnten, weil wir uns gedanklich nur grübelnd im Kreis drehten, wie man der Situation einigermaßen unbeschadet entkommen könne? Und bei einem anderen Lehrer ein Jahr später sprudelten wir im gleichen Fach vor Ideen. Nicht etwa, weil wir ein anderer Mensch geworden waren, sondern weil wir uns angenommen fühlten. Menschen lernen von Mensehen,
die sie mögen, völlig unabhängig von der Lernmethode. Und die Zuneigung zum Lehrer entsteht durch dessen wohlwollendes Interesse am Schüler.
    Der erste Schritt zum Lernen ist die Liebe zum Lehrer.
    (Erasmus von Rotterdam)
    Mittlerweile ist bekannt, dass unsere Emotionen entscheidend für unsere Lernvorgänge sind. Unser limbisches System bewertet durch die Ausschüttung von Botenstoffen unser Tun, in negativer und in positiver Richtung: Wer sich einmal beim Fahrradfahren zu weit über die Lenkstange gebeugt und dabei den Salto vorwärts unbeschadet überstanden hat, dem ist der Schreck so in die Glieder gefahren, dass er zeit seines Lebens diese Erfahrung nicht mehr wiederholen möchte. Hier sind Angst und Schreck die Lehrmeister – etwas, das im Schulalltag nicht vorherrschen darf. Muss es auch nicht, andersherum funktioniert es ebenso: Wer sein Referat durch kleine Anekdoten spannender macht und so die Aufmerksamkeit der Mitschüler in seinen Bann zieht, der lernt, dass es gut ist, mal etwas anderes auszuprobieren. Er erlebt, dass der Mut nicht nur durch die Anerkennung der Klassenkameraden und Lehrer belohnt werden kann, sondern auch durch das Glücksgefühl, das einen nach vollbrachter Leistung durchflutet. Dann stellen sich Freude und Spaß ein – und das sind die Garanten für weitere Lernprozesse.
    Was allerdings das Abspeichern von Lebenserfahrungen und damit einhergehend menschliches Überleben anbelangt, erinnern wir uns an die negativen Erlebnisse leider sehr viel stärker als an die positiven. Die glücklichen Lernempfindungen relativieren sich bedauerlicherweise recht schnell, die unangenehmen

Weitere Kostenlose Bücher