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Du Mich Auch

Du Mich Auch

Titel: Du Mich Auch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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abzutasten. »Verhärtungen dritten Grades«, murmelte er in sein Diktiergerät. »Dysfunktionale Verdauung, auffällig vergrößerte Gallenblase, Reizdarm. Verdacht auf virale Kontaminierung des Bauchraums in Kombination mit EPH-Syndrom.«
    Mit schreckgeweiteten Augen hörte Werner zu. »Können Sie auch mal Deutsch reden?«
    »Später«, sagte Robert herablassend. »Drehen Sie sich bitte um.«
    Ächzend hievte Werner seinen massigen Körper in die gewünschte Haltung. Robert lächelte Evi zärtlich an. Sie formte ihre Lippen zu einem Kuss, unsichtbar für Werner, der wie ein gestrandeter Wal auf der Liege hing und nur das Krepppapier vor seiner Nase sah.
    »Bitte tief einatmen und die Luft anhalten«, befahl Robert. Wieder setzte er sein Stethoskop an. »Rechtsseitig atypisch Lungengeräusche. Rauchen Sie?«
    Werner grunzte etwas Unverständliches.
    »Ab und zu eine Zigarre«, übersetzte Evi.
    »Soso«, machte Robert. Seine rechte Hand glitt südwärts und schob sich flink in Werners Feinrippunterhose.
    Mit einem heiseren Schrei bäumte der Patient sich auf. »Verdammt, Sie Idiot, was machen Sie in meinem …«
    Evi hielt den Atem an. Der dunkle Ort, an dem sichRoberts sensible Finger befanden, ließ sie schaudern. Und obwohl es gänzlich unpassend war, musste sie daran denken, wie geschickt er seine Finger zu benutzen verstand, wenn er sich mit den Öffnungen eines weiblichen Körpers beschäftigte.
    »Was ich in Ihrem Rektum mache?« Robert ließ sich überhaupt nicht aus dem Konzept bringen.
    Mit offenem Mund stand Evi da. Zwanzig Jahre achtlose eheliche Penetration fanden endlich Gerechtigkeit. Sie bedauerte, dass nicht auch Beatrice Zeuge dieser eigenwilligen Wiedergutmachung war.
    »Ich ertaste Ihre Hämorrhoiden«, sagte Robert. »Davon haben Sie mehr, als irgendwer gebrauchen kann. Sollten Sie lasern lassen.«
    »Lasern«, ächzte Werner mit letzter Kraft.
    »Ist reine Routine. Wir stülpen das Enddarmgewebe nach außen und dann …«
    »Keine Details«, flehte Evi. Ihr war plötzlich so übel, dass sie an sich halten musste, um sich nicht auf das gebohnerte Linoleum zu übergeben.
    Robert zog die Latexhandschuhe aus und warf sie in einen Mülleimer. Dann streichelte er beruhigend Evis Wange. Überwältigt schloss sie die Augen. Selbst hier, in der kargen Unwirtlichkeit des Behandlungszimmers, spürte sie den Sog seiner vibrierenden Sinnlichkeit. Wie es wohl so wäre, mit ihm, auf dieser Kreppliege …
    »Herr Wuttke, ich muss Ihnen nun Blut abnehmen«, kündigte Robert an.
    Er holte eine Einwegspritze vom Schreibtisch, nestelte sie aus ihrer Zellophanhülle und pikste sie in Werners fleischigen Arm.
    In diesem Moment klopfte es. Evi und Robert fuhren synchron zusammen. Dann öffnete sich die Tür. Es war Beatrice. Sie senkte den Daumen und machte ein alarmiertes Gesicht.
    »Herr Professor Hell, ein Notfall«, rief sie. »Kommen Sie so rasch wie möglich!«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Robert. Er gab Evi ein Zeichen, das so viel bedeutete wie: Sofort raus hier, aber dalli!
    »Herr Wuttke, Sie können sich wieder ankleiden«, sagte er dennoch betont ruhig. »Wir werden noch ein Ultraschallbild Ihres Bauchraums anfertigen. Und dann schreibe ich Ihnen ein Rezept. Fürs Erste. Danach wird man weitersehen.«
    »Der Notfall, Herr Professor«, insistierte Beatrice.
    Offensichtlich war Eile geboten. Jeden Moment konnte der Schwindel auffliegen. Evi half Werner, sich anzuziehen, was sich als schwierig erwies, da er immer noch ziemlich benommen war. Dann gingen sie im Gänsemarsch auf den Flur. Werner wankte voran. Er sah nicht den hageren, großgewachsenen Herrn im weißen Kittel, der an ihnen vorbeieilte und ein Namensschild mit der Aufschrift »Prof. Dr. Hell« trug.
     
    »Dein Werner ist ja ein herziges Leckerli«, witzelte Beatrice. »Die Zierde der männlichen Spezies.«
    In großen Schlucken stürzte sie einen Latte macchiato hinunter. Die Schwesternuniform hatte sie mit einem rasend eleganten Seidenensemble in Violett vertauscht.
    »Der Mann ist eine Ruine«, sagte Robert schlicht.
    Evi schwieg betreten.
    Sie saßen zu dritt in einem schäbigen Café unweit der Charité. Der Kaffee wurde in Plastikbechern serviert, auf denschmuddligen Resopaltischen kümmerten vertrocknete Blumenarrangements vor sich hin. Ein paar Gestalten, die man an ihren Bademänteln unschwer als Insassen der Klinik erkennen konnte, starrten dumpf die Wand an. Von Zeit zu Zeit tranken sie Hochprozentiges aus Flachmännern.
    Evi

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