Du Mich Auch
zeigte Lucrezia Diepholt aufgeregt zum Haus. Endlich gab sie auf, woraufhin die beiden Freundinnen den Eingang ansteuerten.
Evi wartete, bis ihre Mutter außer Sichtweite war, dann rannte sie zur Haustür und riss sie auf.
»Schnell, kommt rein«, rief sie.
»Trügt mich meine Erinnerung, oder war das wirklich deine Mutter?«, fragte Katharina.
»Nee, der Weihnachtsmann. Was hat sie gesagt?«
»Dass sich eine durch und durch verkommene Person in deinen Haushalt eingeschmuggelt hat«, lachte Beatrice.
»Und dass es ein Skandal sei«, ergänzte Katharina.
»Ich dachte, mich trifft der Schlag, als sie plötzlich vor der Tür stand«, jammerte Evi. »Sie wollte sogar die Polizei alarmieren.«
Beatrice schüttete sich aus vor Lachen. »So, wie du aussiehst, würde ich gleich das Überfallkommando bestellen!«
»Na, das geht ja gut los«, sagte Evi. »Habt ihr alles dabei?«
»Das ganze Equipment«, antwortete Katharina. Sie schwenkte eine Reisetasche, Beatrice eine Papiertüte mit einem Designerschriftzug.
Evi zeigte ihren Freundinnen den Weg ins Badezimmer. Noch vor ein paar Tagen hätte sie sich zu Tode geschämt für die gelben Blümchenkacheln, die goldenen Wasserhähne und den rosa Frottébezug auf dem Toilettendeckel. Aber die Geschmacksfrage war seit dem letzten Besuch der Freundinnen geklärt.
»Nicht vergessen: Wir heißen Uschi, Kiki und Jeannette«, sagte Beatrice, während sie ihre Lippen schminkte.
»Hauptsache, du hast dein Handy dabei«, erwiderte Evi.
Beatrice probierte einen Kussmund. »Sogar eine echte Digitalkamera. Frisch aufgeladen und einsatzbereit.« Sie holte einen hellblauen Kittel aus ihrer Tüte.
»Was ist das denn?«, fragte Katharina. »Willst du im Club durchputzen?«
Beatrice lächelte verschmitzt. »Eine Schwesternuniform. Davon träumt doch jeder Mann, eine Krankenschwester zu vernaschen. Heute werde ich alles verarzten, was mir über den Weg läuft! Bleibt es bei unserem Plan?«
»Klar doch«, bestätigte Katharina.
Evi sah stumm zu, wie ihre Freundinnen sich stylten. Eine Viertelstunde später waren auch Beatrice und Katharina nicht mehr wiederzuerkennen.
Joe begrüßte sie wie alte Bekannte, was er in drei herzhaften Klapsen auf die Hinterteile der Neuzugänge ausdrückte.
»Hallo, die Damen«, röhrte er. »Alles frisch im Schritt?«
Beatrice verdrehte die Augen. »Verbale Belästigung im Endstadium. Ein klarer Fall für die neuen Frauenbeauftragten, würde ich sagen.«
»Was, was?« Joe kam nicht ganz mit.
»Ich erklär’s Ihnen bei Gelegenheit«, erwiderte Katharina von oben herab. »Obwohl ich nicht sicher bin, ob Ihr Resthirn diese intellektuelle Herausforderung verkraftet.«
Dann stöckelten sie an ihm vorbei ins Innere des Saunaclubs. Sie hatten sich kräftig verspätet, die Bar war bereits gefüllt mit Gästen. Beatrice sah sich vorsichtig um, konnte Hans-Hermann aber nicht entdecken.
»Auch schon da?«, schimpfte die Chefin, die am Tresen Bier zapfte. Sie trug eine pinkfarbene Perücke und ein tief ausgeschnittenes weißes Lackkleid. »Das nächste Mal pünktlich,sonst ziehe ich’s von der Provision ab.« Sie musterte Beatrice. »Was soll das denn? Machst du heute die Krankenschwester? Egal, steht nicht blöd rum, der Laden brummt. Ist gerade Messe. Lauter hungrige Kerle aus der Provinz, die sich entspannen wollen.«
Lauter brave Ehemänner, die sich ungeniert aushäusig vergnügen, dachte Evi bitter. Männer eben. Ganz normale Männer, die es mit der Treue nicht so genau nehmen. Sie ekelte sich vor dem Dunst aus Schweiß und Alkohol, der ihr entgegenschlug. Beim ersten Mal war alles noch ein großes Abenteuer gewesen. Jetzt registrierte sie, wie schäbig der Club wirkte.
Eine Hand legte sich schwer auf ihre Schulter. »Hey, Ledermaus, bist genau meine Kragenweite!«
Evi drehte sich um. »Ja, bitte? Kennen wir uns?«
»Jetzt ja.« Der Mann war schätzungsweise Ende fünfzig und hatte einen unförmigen Bierbauch. Sein Gesicht war aufgedunsen, seine kleinen Schweinsäuglein glänzten unternehmungslustig. »Auf so ein Vollweib wie dich habe ich nur gewartet.«
Tapfer spielte sie mit. »Das Warten hat sich gelohnt, Süßer. Lädst du mich ein? Ich sterbe für ein Glas Sekt.«
Der Mann winkte der Chefin zu. »Schampus«, krähte er. »Und ein Bier!«
Er schob Evi zum Tresen, wo sie sich einen Barhocker eroberte. Krampfhaft hielt sie ihr Täschchen fest. Es war dasselbe Täschchen wie beim ersten Ausflug in den Club und enthielt noch immer ein
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