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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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Bengtsson gegenüber nieder, schob den Fahrradhelm und das Portemonnaie beiseite und schenkte uns allen drei Saft ein. Die Eiswürfel klirrten.
    »Holundersaft«, sagte Mama. »Nicht selbst gemacht. Vom Supermarkt. Bitte sehr.«
    Dick Bengtsson nahm ein Glas vom Tablett, und Mama warf ihm ihr hübschestes Lächeln zu.
    »Fahren Sie immer mit dem Fahrrad zum Dienst?«
    »Meistens.« Dick Bengtsson nippte am Saft. »Sie haben ein schönes Grundstück!«
    »Geerbt. Sonst hätte ich mir so was nicht leisten können.«
    Mama strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und dachte eine Sekunde lang an die Person, von der sie es geerbt hatte.
    »Ist ein Vermögen wert«, schätzte Dick, sah sich um und nickte. »Wenn Sie das Haus abreißen und ein neues bauen, bringt das einen Haufen Kohle. Ich habe Tom gerade erzählt, dass wir ein Grundstück auf der anderen Seite des Sees besessen haben.«
    Er nickte mir zu, ehe er fortfuhr.
    »Aber dann kam die Scheidung, und jetzt lebe ich in einer Mietwohnung.«
    Er beugte sich vor und streckte einen Finger aus.
    »Da oben.«
    Mama versuchte ebenfalls zu erkennen, worauf er zeigte, aber sie begriff ebenso wenig wie ich, was sich am anderen Seeufer im Tannenwald verbarg.
    »Fantastisch, dass Sie den Dieb so schnell geschnappt haben«, sagte sie.
    Dick Bengtsson schüttelte langsam den Kopf und sah bekümmert aus.
    »Es ist nicht das erste Mal, dass wir das Bürschchen erwischt haben. Der Junge sieht aus wie Michel aus Lönneberga, begnügt sich aber nicht damit, seine Schwester am Fahnenmast hochzuziehen. Der macht noch ganz andere Streiche. Und womit sich seine Schwester beschäftigt, darüber wollen wir jetzt lieber nicht reden.«
    »Was für ein Service!«, sagte Mama eine Spur zu enthusiastisch. »Dass Sie mir persönlich das Portemonnaie vorbeibringen. Man hört ja immer wieder, dass die Polizei zu wenig Leute hat.«
    »Ich bin nicht im Dienst«, unterbrach Dick Bengtsson sie. »Bin auf dem Weg nach Hause. So eine Tour um den See ist doch nett.«
    »Es war ein echter Schock!«, rief Mama aus. »Ich meine, als ich merkte, dass mein Portemonnaie weg war. Ich war total kopflos.«
    »Früher gab es hier viele Motorboote«, sagte Dick Bengtsson. »Kleine, schnelle Boote. Die rasten nachts auf dem See herum und machten Krach. Der Hausbesitzerverein versuchte ein Verbot durchzusetzen. Aber das ging nicht. Da griff eine tatkräftige Person ein und steckte drei Boote in Brand. Jetzt drosseln die meisten nach Einbruch der Dunkelheit ihre Geschwindigkeit.«
    »Scheint anstrengend zu sein«, sagte Mama. »Ich meine, für die Polizei. Wenn die Leute einfach machen, was sie wollen.«
    »Wenn die Leute machen könnten, was sie wollen, dann hätten wir eine unerträgliche Gesellschaft«, behauptete Dick Bengtsson. »Was die Leute zum Beispiel mit so einem Knirps anstellen möchten, der Ihr Portemonnaie geklaut hat. Es gibt welche, die sind der Meinung, so einem sollte man die Arme brechen.«
    »Oder die Ohren abschneiden«, sagte ich.
    Er starrte mich an.
    »Wie van Gogh«, erklärte ich. »Er hat sich das Ohr abgeschnitten. Vielleicht fand er, er verdiene es nicht anders.«
    »Das ist auch eine Möglichkeit.« Dick Bengtsson nippte wieder an dem Saft. »Nee, jetzt muss ich aber los. War nett bei Ihnen.«
    Er steckte eine Hand in die Tasche.
    »Haben Sie mir den Erhalt des Portmonnaies bestätigt? Doch, klar, haben Sie.«
    »Es tut mir so leid, dass ich Ihnen nichts weiter als ein Glas Saft anbieten kann«, sagte Mama, »nach all Ihren Bemühungen.«
    »Das war doch nicht der Rede wert.« Dick Bengtsson nahm den Fahrradhelm und setzte ihn auf. Er hatte Schwierigkeiten, den Riemen unter dem Kinn zu schließen.
    »Haben Sie Lust, Krebse mit uns essen?«, fragte Mama.
    »Wann denn?« Während er mit dem Kinnriemen kämpfte, zog er Grimassen, als hänge es von seinem Gesichtsausdruck ab, dass der Helm richtig saß. Wenn er sich das Haar wachsen lassen und etwas zunehmen würde, sähe er Travolta in »Pulp Fiction« ähnlich. Das ist Mamas Lieblingsfilm. Wenn sie traurig ist, schaut sie sich die Tanzszenen an.
    »Samstag«, sagte Mama.
    Dick Bengtsson sah bekümmert aus.
    »Ich weiß nicht, ob ich dann kann. Darf ich Ihnen morgen Bescheid geben?«
    »Klar«, sagte Mama. »Unsere Telefonnummer haben Sie ja.«
    »Die hab ich«, sagte er. Dann ging er auf ein italienisches Fahrrad zu. Es hatte eine Million Gänge und einen Sattel, der so weich wie ein Vorschlaghammer aussah.
    Als er gerade aufsteigen

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