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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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fröhlicher aus.
    »Er fühlt sich bestimmt geschmeichelt, wenn du ihn fragst.«
    »Gibst du mir seine Nummer?«
    »Klar.« Mama holte ihr Handy heraus.
    Morgan wandte sich mir zu.
    »Du willst doch auch eine Party machen, oder?«, fragte er. »Jetzt wo du ein Mädchen hast und so.«
    »Sie ist nicht mein Mädchen.«
    »Kann ja noch werden«, meinte Morgan. »Wenn du dran arbeitest. Hübsch ist sie jedenfalls auch. Sieht aus wie eine richtige kleine …«
    »Halt den Mund!«, zischte Annie, nahm ihr Handy und gab die Nummer ein, die Mama ihr hinhielt.
    Jetzt sah Morgan noch beleidigter aus.
    »Du weißt ja gar nicht, was ich sagen wollte!«
    »Ich kann’s mir denken.«
    Annie stand auf und ging zur Tür.
    »Hallo, Dick«, hörte ich sie sagen. Dann verschwand sie nach draußen.
    »Anja«, sagte Morgan. »Sie kommt doch sicher auch zur Party?«
    »Nadja«, sagte ich. »Sie heißt Nadja.«
    »Genau«, sagte Morgan. »Nadja will doch sicher auch zur Party kommen?«
    »Weiß ich nicht.«
    Morgan blies sich auf und brüllte, als würde er auf dem Marktplatz den Kilopreis für Pflaumen ausrufen.
    »Klar will sie das! Hast du ihr erzählt, dass du in Sundsvall ein Ass im Schwimmen warst?«
    »Es gab bessere Leute«, sagte ich.
    »Einen!«, rief Morgan. »Es gab nur einen! Warum hast du aufgehört zu trainieren? Ich kapier nicht, was in deinem Kopf vor sich geht. Jetzt, wo du ein Mädchen hast und alles. So was imponiert denen, ist doch klar. Asse im Schwimmen wachsen nicht an jedem Busch, falls du kapierst, was ich meine.«
    »Sie ist nicht mein Mädchen«, sagte ich.
    »Okay«, sagte Morgan, »sie ist nicht dein Mädchen. Aber du könntest doch trotzdem wieder anfangen zu trainieren?«
    »Hör auf zu nerven«, sagte ich.
    »Wir laufen zusammen. Dreimal in der Woche zehn Kilometer ist das Mindeste. In der Mitte der Strecke ist ein guter Hügel. Man kann ihn ja fünfmal nehmen. Kurze Runs. Du würdest in null Komma nichts wieder in Form sein. Wirst das Schwimmass an deiner neuen Schule. Es lohnt sich doch, darum zu kämpfen?«
    »Was willst du eigentlich?«, fragte ich.
    Er sah mich verständnislos an.
    »Was soll ich wollen?«
    »Was willst du?«, wiederholte ich. »Du hast doch einen Plan.«
    »Ich versteh nicht, was du meinst. Was soll ich wollen?«
    Morgan wandte sich an Mama.
    »Findest du nicht auch, dass er wieder trainieren sollte?«
    »Das entscheidet Tom selber«, antwortete sie.
    In dem Augenblick kam mein Klassenkamerad William zur Tür herein, gefolgt von einer kleinen dünnen Frau mit hennaroten Haaren. Sie schien etwas älter zu sein als Mama. Neben ihr war ein großer, breitschultriger Mann in schwarzem T-Shirt, schwarzen Jeans und schwarzer Lederjacke. Er hatte den Schädel kahl geschoren und einen stechenden Blick. Sobald er zur Tür hereinkam, zog er die Jacke aus. Seine Arme waren über und über mit Tätowierungen bedeckt.
    »Kennst du die?«, fragte Morgan.
    Ich antwortete nicht.
    Annie kam mit dem Telefon in der Hand von der Straße.
    »Dick hilft mir. Er bringt morgen nach der Arbeit das schwedische Gesetzbuch mit.«
    »Bullen«, sagte Morgan. »Auf die kann man sich nicht verlassen.«
    »Jetzt müsst ihr erzählen, wie es euch in euren neuen Schulen gefällt«, sagte Mama.
    Und wir erzählten, und zwar genau das, was sie hören wollte. Als wir fertig waren, sah sie zufrieden aus, und dann brachte der Kellner die Pizzen.
    Während ich neben Morgan auf dem Rücksitz saß, rief Nadja an, und als ich sagte, ich werde zurückrufen, sobald ich zu Hause sei, wollte Morgan wissen, wer das war.
    »Niemand Besonderes.«
    »Das war sie, nicht? Sag, dass sie es war!«
    »Niemand Besonderes«, wiederholte ich.
    »Tom hat ein Mädchen!«, krähte Morgan und fand sich witzig. »Er braucht Unterricht in Sexualkunde!«
    »Hört auf, euch zu zoffen«, sagte Mama.
    »Du musst das komische Bild in deinem Zimmer abnehmen«, sagte Annie. »Kein Mädchen möchte mit jemandem zusammen sein, der sich so was an die Wand hängt.«
    Ich antwortete nicht.
    »Morgen kommen die Möbel«, verkündete Mama und stellte das Radio an.
    »Wann gehst du Berger besuchen?«, fragte Annie.
    »Diese Woche schaffe ich es nicht«, antwortete Mama.
    »Und wenn er stirbt?«, sagte Annie.
    »They are all going to die«, sagte ich.
    Morgan piekte mich in die Seite.
    »Warum sagst du das?«
    »Es ist ein Zitat«, sagte ich. »Aus dem ›Weißen Hai‹.«

    Sobald ich in meinem Zimmer war und die Tür hinter mir geschlossen hatte, rief ich Nadja

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