Du oder der Rest der Welt
Freund? Falls er es ist, tut er mir leid. Kiara ist so eine, die von ihrem Freund erwartet, dass er sich unterordnet und ihr den Hintern küsst.
Mein Körper und Geist sind nicht in der Lage, sich unterzuordnen, und ich würde eher sterben, als irgendwem den Hintern zu küssen.
Kiara
»Wie war dein erster Tag als Buddy?«, fragt meine Mom mich beim Abendessen. »Ich weiß, du hast dich heute Morgen darauf gefreut.«
»Nicht so toll«, erwidere ich und reiche meinem kleinen Bruder die dritte Serviette, weil er Spaghettisoße übers ganze Gesicht verteilt hat.
Ich denke an das Ende der achten Stunde, als ich zu Carlos’ Klassenzimmer gehetzt bin, nur um zu entdecken, dass er schon nach Hause gegangen war. »Carlos hat mich zweimal versetzt.«
Dad, ein Psychologe, der meint, die Menschen seien Versuchskaninchen, die es zu analysieren gilt, zieht die Augenbrauen zusammen, während er sich eine zweite Portion grüner Bohnen auf den Teller lädt. »Er hat dich versetzt? Warum hat er das getan?«
Hm … »Weil er glaubt, er ist zu cool, um mit einem Kindermädchen durch die Schule zu laufen.«
Meine Mom tätschelt meine Hand. »Seinen Buddy zu versetzen ist überhaupt nicht cool, aber hab etwas Geduld mit ihm. Er ist aus seiner gewohnten Umgebung gerissen worden. Das ist nicht leicht für ihn.«
»Deine Mutter hat recht. Urteile nicht vorschnell über ihn«, sagt mein Dad. »Er versucht wahrscheinlich nur herauszufinden, wo sein Platz ist. Alex ist nach dem Seminar in meinem Büro vorbeigekommen und wir haben ausführlich miteinander gesprochen. Armer Junge. Er ist selbst erst zwanzig und hat die Verantwortung für einen Siebzehnjährigen.«
»Warum lädst du Carlos nicht ein, morgen nach der Schule zu uns zu kommen?«, schlägt Mom vor.
Dad zeigt mit der Gabel auf sie. »Das ist eine tolle Idee.«
Ich bin sicher, das Letzte, was Carlos will, ist mit zu mir nach Hause zu kommen. Er hat mir klar zu verstehen gegeben, dass er mich diese Woche nur erträgt, weil er keine andere Wahl hat. Sobald mein Buddy-Job am Freitag Geschichte ist, schmeißt er wahrscheinlich eine Party, um seine wiedergewonnene Freiheit zu feiern. »Ich weiß nicht.«
»Tu es«, sagt Mom und ignoriert mein Widerstreben. »Ich backe ein paar Plätzchen. Joanie hat mir doch dieses neue Orangenmarmeladenrezept gegeben.«
Ich bin nicht sicher, ob Carlos Orangenmarmeladenplätzchen zu schätzen weiß, aber… »Ich werde ihn fragen. Aber seid nicht überrascht, wenn er Nein sagt.«
»Sei du nicht überrascht, wenn er Ja sagt«, meint Dad, der unverbesserliche Optimist.
Am nächsten Morgen begleite ich Carlos zwischen der dritten und vierten Stunde zu seiner Klasse, als ich endlich meinen ganzen Mut zusammennehme und frage: »Willst du nach der Schule mit zu mir kommen?«
Seine Augenbrauen schießen nach oben. »Du bittest mich um ein Date?«
Ich beiße die Zähne zusammen. »Bilde dir nur nichts ein.«
»Gut, denn du bist nicht mein Typ. Ich steh auf Frauen, die sexy sind und nichts in der Birne haben.«
»Du bist auch nicht mein Typ«, fauche ich zurück. »Ich steh auf Typen, die klug und witzig sind.«
»Ich bin witzig.«
Ich zucke mit den Achseln. »Vielleicht bin ich einfach zu klug, um deine Witze zu verstehen.«
»Warum willst du dann, dass ich mit zu dir komme?«
»Meine Mom … hat Plätzchen gebacken.« Ich krümme mich innerlich, als die Worte meinen Mund verlassen haben. Wer lädt einen Jungen zu sich ein, um Plätzchen zu essen? Mein Bruder vielleicht, aber der ist noch im Kindergarten. »Es wäre keine Verabredung oder so«, sage ich schnell, damit er nicht denkt, ich will insgeheim was von ihm. »Nur … Plätzchen. «
Ich wünschte, ich könnte das ganze Gespräch ungeschehen machen, aber ich kann die Worte nicht mehr zurücknehmen.
Wir kommen vor seinem Klassenzimmer an, und er hat immer noch nicht geantwortet.
»Ich denke darüber nach«, sagt er, dann lässt er mich im Flur stehen.
Er denkt darüber nach? Als ob er mir einen Riesengefallen tun würde, mit zu mir zu kommen, dabei ist es doch genau andersrum.
Am Ende des Tages, als wir vor unseren Spinden stehen und ich hoffe, dass er die beknackte Einladung bitte, bitte vergessen hat, verlagert er sein Gewicht vom einen Fuß auf den anderen und steckt die Hände vorn in die Hosentaschen. »Welche Sorte Plätzchen?«
Warum muss er von allen Fragen dieser Welt gerade diese eine stellen?
»Orange«, sage ich. »Orangenmarmelade.«
Er lehnt sich vor, als
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