Du oder der Rest der Welt
weitermacht.
»Welche Konsistenz hättest du gern?«, fragt sie, die Hände kneten eifrig den Teig.
»Ich sage dir, wenn du aufhören kannst.« Ich weiß nicht, warum ich wie ein Idiot an die Anrichte gelehnt dastehe und ihr zusehe. Vielleicht liegt es daran, dass dieses Mädchen sich nie beschwert, egal was es zu tun gibt. Sie hat keine Angst, auf Berge zu klettern, Autos zu reparieren, Idioten wie mich herauszufordern oder sich ihre Hände in der Küche schmutzig zu machen. Gibt es eigentlich etwas, das dieses Mädchen nicht kann – oder zu tun bereit ist?
Ich werfe einen Blick in die Schüssel. Der Maismehlmix sieht wie eine feste Teigmasse aus. »Ich glaube, so ist gut. Jetzt forme Bälle daraus und ich mache sie mit dieser Pfanne platt. Da ihr sicher keinen Tortillamacher habt, müssen wir uns eben was einfallen lassen. Pass auf, du willst dir doch nicht das reizende T-Shirt dreckig machen, das du da trägst.«
Während ich in der Speisekammer nach Plastikfolie suche, die ich zwischen Pfanne und Teig legen kann, bevor ich die Bälle plattmache, damit sie annähernd Tortillaform habe, trifft mich etwas am Rücken. Ich gucke auf den Boden. Einer der Teigbälle rollt von mir weg.
Ich sehe Kiara an. In der Hand hat sie einen zweiten Ball und zielt damit auf mich.
»Hast du etwa gerade diesen Ball auf mich geworfen?«, frage ich amüsiert.
Sie nimmt einen weiteren Ball in ihre andere Hand. »Hab ich. Es war die Strafe dafür, dass du mein T-Shirt reizend genannt hast.« Sie grinst triumphierend, dann schleudert sie mir den Ball entgegen, aber dieses Mal fange ich ihn. Im gleichen Moment bücke ich mich und hebe den am Boden liegenden auf, sodass ich nun zwei Teigbälle in den Händen halte.
»Strafe, hm?«, sage ich, während ich den einen Ball, den ich in der Luft gefangen habe, hochwerfe und wieder auffange. »Auf diesem hier steht dein Name. Rache ist süß, chica .«
»Ach, tatsächlich?«, fragt sie.
»Ja, tatsächlich.«
»Dafür musst du mich erst mal kriegen.« Sie streckt mir wie ein kleines Kind die Zunge raus und rennt wie ein geölter Blitz in den Garten. Ich lasse ihr einen Vorsprung, schnappe mir dafür aber die Schüssel mit dem Teig und renne hinter ihr her. Meine Munition hat sich gerade enorm vervielfacht. »Tu meinen Bällen nichts!« Sie lacht, als sie das sagt. Ich beobachte belustigt, wie sie zu einem der kleinen Tische auf der Terrasse hechtet und ihn als Schild benutzt.
»Besser deine müssen dran glauben als meine, chica .« Ich feuere die Bälle auf sie ab, bis ich keinen mehr habe.
Unsere Teigschlacht geht weiter, bis die kleinen Bälle im ganzen Garten verstreut liegen.
Westford kommt mit einem verwirrten Blick im Gesicht nach draußen. »Ich dachte, ihr zwei wolltet Abendessen machen?«
»Wollten wir ja auch«, bestätigt Kiara.
»Während ihr beiden euren Spaß hattet, sind wir immer hungriger geworden. Wo bleibt unser Abendessen?«
Kiara und ich gucken ihren Dad an, dann uns. Ohne auch nur ein Wort zu wechseln, bombardieren wir ihn mit Teigbällen, bis er mitmacht. Am Ende beteiligen sich auch Mrs W. und Brandon an der Teigschlacht.
Ich bin versucht, Alex und Brittany anzurufen, damit sie rüberkommen, denn ich hätte gut Lust, sie mit ein paar Bällen zu bewerfen. Vielleicht sollte ich Mrs Berger vorschlagen, während der REACH-Sitzungen Teigschlachten einzuführen. Das hier ist so viel besser als jede Gruppentherapie.
32
Kiara
»Komm heute Abend vorbei«, sagt Madison am Freitag vor seinem Spind zu Carlos. »Meine Eltern sind noch immer weg, wir haben das Haus das ganze Wochenende über für uns.«
Ich stehe vor meinem Spind und höre mit. Carlos soll heute mit mir ins Seniorenheim fahren, um mir bei meiner Malgruppe zu helfen. Wird er mich versetzen, um mit ihr zusammen zu sein?
»Ich kann nicht«, erklärt ihr Carlos.
»Warum nicht?«
»Ich habe andere Pläne.«
Sie weicht schockiert einen Schritt zurück. Ich glaube nicht, dass schon mal jemand gewagt hat, sie zurückzuweisen. »Mit einem Mädchen?«
»Hm.«
»Wer ist es?«, sagt sie schneidend.
Bevor ich weiß, wie mir geschieht, zieht Carlos mich an sich. »Kiara.«
Während ich noch unter Schock stehe, lacht Madison höhnisch. »Das ist doch ein Witz, oder?«
»Eigentlich …«, setze ich an, bereit, ihn ans Messer zu liefern, aber Carlos drückt mich noch enger an sich und schneidet mir fast die Blutzirkulation im Arm ab.
»Wir sind seit letzter Woche mehrmals heimlich miteinander
Weitere Kostenlose Bücher