Du oder der Rest der Welt
nicht daran gewöhnt, einen Vater zu haben, der ernsthaft über solchen Mist reden will. Ist das normal, oder passiert das nur, wenn man einen Psychologen-Vater hat, der es liebt, an Gehirnen herumzudoktern?
»Ich bin nicht einfältig genug, zu glauben, ich könnte euch davon abhalten zu tun … was immer ihr zwei da tut«, fährt Westford fort. »Aber ich führe eine neue Regel ein: Kein Rumgefummel unter meinem Dach. Wenn ich es euch schwerer mache, trefft ihr vielleicht bessere Entscheidungen. Und als dein Vater, Kiara, und dein Vormund, Carlos, sollte ich euch sagen: Geht als Jungfrau in die Ehe.« Er lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und lächelt uns an, ziemlich zufrieden mit sich ob seines letzten Satzes. Zu schade, dass dieses Gespräch ein paar Jahre zu spät kommt, zumindest für mich.
»Waren Sie noch Jungfrau, als Sie geheiratet haben?«, frage ich herausfordernd. Sein Grinsen fällt ihm aus dem Gesicht.
»Ja, ähm, nun, ähm … zu meinen Zeiten war es etwas anders. Jugendliche heute sind viel klüger und informierter. Da sind diese unheilbaren Krankheiten … und Gefahren für beide Partner, wenn man nicht in einer festen, monogamen und ernsthaften Beziehung ist.« Er droht uns beiden mit dem Zeigefinger. »Nicht zu vergessen die Sache mit dem Storch.«
Ich kann nicht anders als loszuprusten. ¿Perdón? »Der Storch?«
»Schwangerschaft!« Der Professor sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich bin noch lange, lange, lange, lange nicht bereit, Großvater zu werden.«
Ich muss an meine Mom denken, die siebzehn war, als sie mit Alex schwanger wurde. Mi’amá hat mich versprechen lassen, dass ich jedes Mal ein Kondom benutzte, wenn ich mit einem Mädchen ins Bett gehe – sie wollte nicht, dass es ihren Söhnen so ergeht wie mi papá und ihr. Verdammt, sie hat sogar ein paar Kondome zwischen meine Unterhosen gesteckt, um mich daran zu erinnern.
Letzte Nacht hat mir höllische Angst eingejagt. Denn obwohl ich sonst immer einen klaren Kopf behalte und darauf achte, das Mädchen, mit dem ich zusammen bin, und mich zu schützen, kann ich nicht behaupten, dass ich die Sache gestern Nacht hätte aufhalten können, obwohl kein Kondom in Reichweite war. Und ich war noch nicht mal betrunken. Wenn die Schüsse aus dem Fernseher mir nicht eine Todesangst eingejagt hätten, würden Kiara und ich vielleicht ein völlig anderes Gespräch mit dem Professor führen.
»Dad, das wissen wir doch alles«, wirft Kiara ein.
»Es kann nicht schaden, eure Erinnerung aufzufrischen, wenn man bedenkt, dass Carlos’ Shirt heute Morgen auf dem Boden lag.«
Als ich das T-Shirt hochhalte, damit sie weiß, wovon er redet, presst Kiara ein überraschtes »Oh« hervor.
Westford sieht auf die Uhr auf seinem Schreibtisch. »Ich muss mit Brandon raus, bevor er noch ADS vom vielen Fernsehgucken bekommt.« Er streckt die Hände aus, als wäre er im Begriff, mir ein Angebot zu unterbreiten. »Carlos, verstehen wir uns?«
»Ja«, erwidere ich. »Solange es nicht in Ihrem Haus passiert und Sie nicht davon wissen, ist es völlig okay, wenn wir ein bisschen Spaß miteinander haben.«
»Ich weiß, dass du mich gerade auf den Arm nimmst. Du nimmst mich doch auf den Arm, oder?«
»Kann sein.«
Kiara macht einen Schritt in den Raum. »Dad, er verarscht dich nur.«
Der Professor zählt jedes Wort an seinen Fingern ab und starrt mich entschlossen an. »Vergiss nicht … (1) fest, (2) monogam, (3) ernsthafte Beziehung, (4) nicht unter meinem Dach und (5) Vertrauen.«
»Vergessen Sie nicht den Storch«, erinnere ich ihn.
Er nickt. »Genau. Ein Tag beim Militär, Carlos, und deine Großmäuligkeit fliegt hochkant aus dem Fenster.«
»Zu schade, dass ich nicht vorhabe, mich zu verpflichten.«
»Das ist wirklich schade. Wenn du dich je verpflichten solltest und genauso viel Energie investieren würdest, ein guter Soldat zu sein, wie jetzt in dein großkotziges Gehabe, könntest du es weit bringen. Ich bin versucht, etwas Rotes in deine Schmutzwäsche zu mischen, damit deine Unterwäsche pink wird. Es würde dich an unser Gespräch heute erinnern.«
Ich zucke mit den Achseln. »Das passt schon. Ich trage sowieso keine Unterwäsche«, lüge ich.
»Raus, Klugscheißer«, befiehlt er und scheucht uns aus der Tür. Ich glaube zu sehen, wie sein Mundwinkel amüsiert zuckt, aber er hat seine Gesichtszüge im Nu wieder unter Kontrolle. »Ihr beide, raus aus meinem Büro. Und dieses Gespräch bleibt unter uns. Jetzt bewegt euch
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