Du sollst meine Prinzessin sein
gefühlt.
„Schau mich nicht so an“, sagte er mit einer tiefen leisen Stimme, die in sanften Wogen über ihren Rücken strich. „Denn wenn du mich so ansiehst, muss ich …“
„Mummy? Mummy!“
Hastig wichen sie voreinander zurück. Es war, als würden sie aus der Versunkenheit eines tiefen, stillen Meeres auftauchen.
„Mummy, Tio Rico.“
Wieder erklang Bens ängstlicher Ruf.
„Ich komme, Ben“, rief Lizzy. Ihre Stimme zitterte.
„Ich auch“, schloss sich Rico an. Auch seine Stimme war nicht ganz fest.
Ein letztes Mal betrachtete er sie, dann wandte er sich ab. Es war sicherer, sie nicht anzusehen. Hier war nicht der richtigeOrt. Und nicht der richtige Zeitpunkt.
Später, später würde er sie ansehen.
Mehr, als nur ansehen …
Leichtfüßig eilte er die Treppe hinauf.
Gefühle wallten plötzlich in ihm auf. Stark, überwältigend und alles mit sich reißend. Vielleicht hatte das Universum aufgehört, sich zu drehen, aber das war ihm egal. Wie das passiert war, war nicht wichtig. Es war passiert, und das war alles, was zählte.
Adrenalin strömte durch seine Adern. Und noch etwas anderes. Ein Gefühl von Verzückung. Etwas so Unglaubliches und Faszinierendes war geschehen, das er gar nicht erklären wollte. Er wollte nur, dass es weiterging.
„Hier sind wir, Ben“, verkündete er, als sie die Ebene mit dem Pool erreichten. Rico winkte der kleinen Gestalt zu, die am oberen Ende der Treppe stand.
„Wo ist Mummy?“, fragte der Junge.
„Hier.“ Rasch trat Lizzy hinter Rico hervor. Ihr Herz pochte wild, aber das hatte nichts mit dem raschen Aufstieg zu tun.
Als sie die Terrasse erreichten, widmete Ben zum ersten Mal seine gesamte Aufmerksamkeit seiner Mutter und nicht dem Fort.
„Ist das dein neues Kleid?“
Sie nickte.
Er neigte den Kopf auf eine Seite und betrachtete sie eingehend. Dann runzelte er die Stirn. „Du siehst hübsch aus. Wie in einem Magazin. Aber du siehst gar nicht mehr wie Mummy aus.“
Rico legte einen Arm um die Schultern seines Neffen. Er wusste genau, was Ben fühlte.
„Das ist die neue Mummy“, sagte er. „Aber du hast recht, Ben. Sie sieht wirklich sehr hübsch aus. Tatsächlich ist sie …“, er hielt inne und sah ihr in die Augen, „atemberaubend.“
Ihre Augen weiteten sich ein wenig, während er ihren Blick gefangen hielt. „Es ist wahr“, wandte er sich leise an sie. „Ich kann nicht glauben, dass das alles immer schon da war.“ Erunterbrach sich und fuhr dann mit klarer Stimme fort: „Und du wirst es nie – verstehst du mich? –, nie wieder vor mir verstecken.“
Noch einmal intensivierte Rico seinen Blick, damit auch seine Augen seine Botschaft an sie sandten.
Dann wandte er sich abrupt ab.
„Gut. Also dann, Ben. Zeit zum Essen.“
9. KAPITEL
Lizzy schenkte einen perfekt gebrühten Assam-Tee aus einer silbernen Teekanne in zierliche Tassen ein. Ben war unterdessen emsig beschäftigt, wenn auch ein wenig unbeholfen, Spaghetti auf seine Gabel zu wickeln. Die untergehende Sonne tauchte die Terrasse in einen warmen goldenen Schimmer.
Derselbe Glanz war in ihr, strömte durch sie hindurch, sodass sie ein Teil des leuchtenden Lichts zu sein schien. Es verwirrte sie, dennoch gab sie sich dem Gefühl hin, da sie sich sowieso nicht dagegen wehren konnte.
Sie nippte an ihrem Tee und ließ ihren Blick zu dem Mann ihr gegenüber schweifen. Rico hatte sich auf seinem Stuhl entspannt zurückgelehnt und trank hin und wieder einen Schluck Espresso. Er unterhielt sich mit Ben, doch manchmal wanderte sein Blick zu ihr. Und jedes Mal war es, als würden kleine elektrische Ladungen durch ihren Körper blitzen.
Was passiert war, lag jenseits ihres Verständnisses. Sie wollte es auch gar nicht infrage stellen oder analysieren oder untersuchen oder begreifen. Sie wollte sich einfach nur der wundervollen Verwirrung hingeben, die sie mit diesem warmen leuchtenden Schein erfüllte.
Nach dem Abendessen spielten sie Karten. Es war ein lautes, schnelles Spiel. Doch selbst in den aufregendsten Momenten gelang es Rico, ihr einen raschen Blick zuzuwerfen. Immer noch konnte er das Echo jener Schockwelle spüren, die ihn durchlaufen hatte, als sie die Terrasse betreten hatte. Ihre Verwandlung war so einschneidend, dass er es immer nochkaum glauben konnte.
Und doch saß sie vor ihm, der lebende Beweis. Ein Wunder. Wie magisch angezogen musste er sie immer wieder ansehen.
Er begehrte sie, und er hatte nicht die Absicht, das zu verbergen.
Das war auch gar nicht
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