Du sollst nicht hassen
Palästinensern seither mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und Israels Ansehen hat wegen der Behandlung der Palästinenser gelitten. US-Präsident Bill Clinton besuchte Gaza und Bethlehem im Dezember 1998 und war damit der erste amerikanische Präsident, der je palästinensisches Gebiet betreten und direkt mit den palästinensischen Führern und Institutionen über ihr Land gesprochen hat. Während des Besuches gab der Präsident wichtige Erklärungen ab, die der Anerkennung des palästinensischen Rechtes auf Selbstbestimmung sehr nahe kamen. Er wurde von seiner Familie und einer großen offiziellen Delegation begleitet, zu der auch der Staatssekretär und der nationale Sicherheitsberater gehörten. Er sprach auf einer Konferenz, an der Jassir Arafat als Sprecher des palästinensischen Nationalrates sowie Mitglieder des Zentralrats und des palästinensischen Legislativrats teilnahmen sowie palästinensische Leiter von Ministerien und andere hochrangige Persönlichkeiten.
Dass die Vereinigten Staaten die Palästinensische Befreiungsorganisation offiziell als legitime Repräsentantin des palästinensischen Volkes anerkannten, wurde als Sieg angesehen. Doch während der Intifada war auch eine neue Waffe mit katastrophalen Auswirkungen erprobt worden: Selbstmordattentate. Am 16. April 1993 fuhr ein Palästinenser sein mit Sprengstoff beladenes Auto auf einem Parkplatz in Mehola Junction (Beit El), einem Rastplatz am Jordantal-Highway, zwischen zwei Busse und zündete die Bombe. Die Explosion ging nach oben anstatt zu den Seiten los, sodass die meisten Leute verschont blieben. Ein Palästinenser, der auf dem Rastplatz arbeitete, wurde getötet, auch der Attentäter starb. Zwanzig israelische Soldaten und Zivilisten wurden verletzt. Dieses furchtbare Ereignis war der Anfang einer Reihe schrecklicher Selbstmord attentate, die viele Regionen des Nahen Ostens vor Angst lähmten und zum Tod vieler unschuldiger Menschen führten.
Die Selbstmordattentate haben die Lage der Menschen in Gaza, dem Westjordanland und Israel nicht besser gemacht. Wie bei den meisten Kriegen und Aufständen war der Blutzoll der Intifada und der Selbstmordattentate für alle Beteiligten viel zu hoch.
Mit den Ersparnissen aus Saudi-Arabien hatte ich eine private Abendklinik in Gaza eröffnet, sodass ich die Armen der Stadt behandeln konnte. Ich widmete mich der Aufgabe, für die medizinische Versorgung der Menschen zu sorgen, die sie sich nicht leisten konnten. Außerdem nahm ich die Stelle des Gynäkologen beim Hilfswerk der Vereinten Nationen an. Während meines Studiums an der Universität London war mir aufgefallen, dass die meisten Quellen, auf die ich mich für meine Arbeit zur Unfruchtbarkeit stützte, von israelischen Professoren stammten. Daher beschloss ich, einen kühnen Schritt zu wagen und Kontakt zur israelischen Ärztezunft aufzunehmen. Auch wenn die Intifada sich unvermindert fortsetzte, hielt sie mich nicht davon ab, mit meinen Kollegen in Israel ins Gespräch zu kommen und schließlich sogar zusammenzuarbeiten.
Ich war auf ein wichtiges Fachbuch zweier Professoren der Ben-Gurion-Universität in Be’er Scheva zum Thema Unfruchtbarkeit gestoßen: Dr. Bruno Lunenfeld und Dr. Vaclav Insler. Ich rief sie an, sagte ihnen, wer ich war und was ich wollte, und war überrascht, dass sie bereit waren, sich mit mir zu treffen und mich bei der Versorgung meiner Patienten mit Ratschlägen zu unterstützen. Mit der Zeit begann ich, palästinensische Patienten in Dr. Lunenfelds Klinik mitzunehmen. Einige von ihnen brauchten eine Bauchspiegelung, und ich überwies sie an Marek Glezermann, der zu dieser Zeit der Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie am Soroka Medical Center in Be’er Scheva war. Marek kennenzulernen war ein Wendepunkt in meiner Karriere und in meinem Leben. Er erkannte sofort den Wert, den es hätte, mich zu einem Mitglied seines Teams zu machen, und suchte nach einem Weg, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Da ich bisher keine formale Verbindung zu den Ärzten im Soroka-Krankenhaus hatte, schlug er vor, dass ich für eine Hospitanz ans Krankenhaus kommen sollte, um mich mit dem israelischen Gesundheitssystem vertraut zu machen und zu erfahren, wie die Ärzte in Sachen Geburtshilfe und Gynäkologie, insbesondere auf dem Gebiet der Unfruchtbarkeit, arbeiteten. Es war das Zeitalter der Reproduktionsmedizin, und ich wollte an vorderster Front dabei sein. Ich war begierig, dazuzulernen und mein Wissen zu erweitern.
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