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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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meinem eigenen Auto zu passieren (damals war der Grenzübergang mit Autos noch möglich). Shimon Glick und Margalith Carmi, beide Professoren an der medizinischen Fakultät der Ben-Gurion-Universität, überzeugten die MacArthur-Foundation, ein Stipendium einzurichten, das mein Gehalt abdecken würde.
    Dr. Shlomo Usef, der zu der Zeit Direktor des Soroka Hospital wurde, war ebenfalls eine wichtige Unterstützung. Er erinnerte sich später einmal:
    »Izzeldin war ein besonderer Mensch, mit einer ausgeglichenen Sicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt … Er sah den Konflikt von beiden Seiten und sich selbst als die Person, die zwischen beiden eine Brücke sein konnte. Darüber hinaus hatte er den Ehrgeiz, in seiner eigenen Arbeit neue Standards zu erreichen. Daher war ich überzeugt, dass wir ihn ausbilden könnten. Wir mussten uns um alles Mögliche kümmern – seinen Ausbildungsgang, die nötigen finanziellen Mittel, alle Genehmigungen, die er von unserer und seiner Regierung brauchen würde, damit dies möglich wurde. Wir wickelten das alles über die Ben-Gurion-Universität ab. Ich sah, wie sehr Izzeldin darauf brannte, voranzukommen. Also wollte ich dazu beitragen, dass diese Facharztausbildung auch wirklich stattfinden konnte. Den Rest hat er selbst geleistet.«
    Ich begann mit der Assistenzzeit 1997, beinahe genau ein Jahr, nachdem unser erster Sohn, Mohammed, geboren worden war. Nadia war mit ihm und unseren fünf Töchtern zu Hause. Ich weiß, dass es für sie schwierig war. Ich war während der Woche ständig unterwegs und oft auch noch an den Wochenenden, wenn ich im Krankenhaus Schicht hatte. Der Grenzübergang zwischen Gaza und Israel war unkalkulierbar. Ich wusste nie, ob ich rechtzeitig hinüberkäme, also mietete ich eine kleine Wohnung in Be’er Scheva und gab einen Teil der zweitausend Dollar meines monatlichen Gehaltes dafür aus. Sonst hätte ich mir Sorgen gemacht, zu spät zu meinen Seminaren zu kommen oder zu einer Patientin, die mich brauchte, oder zu spät, um einen anderen Assistenzarzt von der Schicht abzulösen. Auch wenn ich mit der Zeit eine ganze Reihe israelischer Soldaten kannte und diese mich nicht schikanierten, gab es immer wieder neue, die mir endlosen Kummer bereitet haben, so wie sie es mit den anderen Palästinensern machten, die nach Israel kamen.
    Ich erinnere mich, dass sie einmal von mir verlangten, mein Auto über den Werkstattgraben zu fahren, wo die Soldaten die Unterseite der Autos inspizierten. Ich saß mit meiner Aktentasche an der Seite, sah dem Prozedere zu und versuchte geduldig zu bleiben. Als die Untersuchung endlich vorbei war, fuhr ich weiter. Erst als ich beim Krankenhaus ankam, merkte ich, dass ich meine Aktentasche mit meinem Führerschein, meinem Pass, all meinen Dokumenten und wichtigen Papieren am Trep penabgang neben dem Auto hatte stehen lassen. Ich rief beim Grenzübergang an, aber niemand nahm ab. Also fuhr ich die vierundvierzig Kilometer zurück zur Grenze und berichtete den Soldaten von meinem Dilemma. Der Diensthabende hob kaum den Kopf und sagte: »Wir dachten, es sei ein verdächtiges Paket und haben es gesprengt.«
    Ich verstand das Sicherheitsanliegen, sie wollten kein Risiko eingehen. Aber diese Soldaten kannten mich, und sie hätten in der Lage sein sollen, mich als menschliches Wesen und nicht als feindlichen Palästinenser zu behandeln. Ich war einfach nur ein Mann, der seine Aktentasche vergessen hatte. Dennoch versuchte ich die Demütigung zu schlucken, weil ich die Chance, im Soroka Hospital zu lernen, nicht gefährden wollte. Ich brauchte zwei Monate, um all die vernichteten Papiere neu zu beschaffen.
    Meine wissenschaftliche Arbeit betrieb ich in einer Forschungsgruppe zur Fertilität. Meine Patienten waren israelische, palästinensische und arabisch-israelische Paare, die von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen waren. Die Abteilung war ein eigener Kosmos und ging weit über die zwei Welten hinaus.
    Das Leben ist nie einfach, aber für Paare, die mit Unfruchtbarkeit zu kämpfen haben, ist es besonders schwierig. Seit Beginn meiner Ausbildung habe ich versucht, diesen fundamentalen Schmerz der Frauen und Männer zu lindern, die Eltern werden wollten und doch nicht schwanger werden konnten. Und es ist nach wie vor der Grund, warum die Arbeit auf diesem Gebiet immer noch so wichtig für mich ist.
    Die Arbeit konfrontierte mich immer wieder mit unvergleichlichen Herausforderungen auf dem Weg zu einer friedlichen

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