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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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Koexistenz. So wurde zum Beispiel eine schwer kranke Frau aus Gaza zur Behandlung eingeliefert. Sie hätte sterben können, wenn sie in Gaza geblieben wäre. Die zehnfache Mutter litt unter akutem Nierenversagen und lag mit der Diagnose einer tiefen Venenthrombose seit zwei Wochen in einem Krankenhaus in Gaza. Als sie hohes Fieber und andere Komplikationen bekam, entschied man, sie ans Soroka zu überweisen. Es ist nicht einfach, Patienten über die Grenze hinweg zu verlegen. Eine palästinensische Ambulanz musste sie zum Grenzpunkt Eres bringen. Die Ambulanz des Soroka musste ihr entgegenkommen und die Patientin übernehmen. Es war und ist immer noch schwierig, die Erlaubnis zum Grenzübertritt nach Israel zu erhalten. Und nicht nur das. Die palästinensischen Verantwortlichen mussten sich einverstanden erklären, die Kosten für die medizinische Behandlung zu übernehmen, ehe sie gehen konnte. Trotz des anhaltenden Misstrauens auf beiden Seiten wurde die Überweisung organisiert, und sie wurde nach Soroka verlegt. Ich wurde hinzugezogen, als sie ankam, um festzustellen, ob es einen gynäkologischen Grund für das hohe Fieber gäbe. Als ich sie auf Arabisch ansprach und ihr sagte, ich sei ein Palästinenser aus dem Camp von Jabaliya, griff sie nach meiner Hand und wollte sie nicht wieder loslassen. Sie war noch nie in Israel gewesen und hatte Angst, man würde sie misshandeln. Aber es waren die israelischen Ärzte, die ihr Leben retteten.
    Ich liebe meine Arbeit, weil das Krankenhaus ein Ort ist, an dem man die Menschlichkeit entdecken kann, an dem die Menschen gleich und ohne rassistische Vorurteile behandelt werden. In der Medizin legen wir mit dem Examen einen Eid ab, dass wir den Kranken helfen werden. Ob dies nun der Hippokratische Eid ist, das Gebet des Maimonides oder das Genfer Gelöbnis, egal wo in der Welt wir unsere Zulassung erwerben oder welche Sprache wir sprechen, wir lassen unsere Verschiedenheiten außen vor und widmen uns ganz der Rettung von Leben. Natürlich kann ich nicht für alle sprechen, aber meiner Erfahrung nach haben die Israelis, mit denen ich gearbeitet habe, den Patienten gesehen, nicht seine Nationalität oder ethnische Zugehörigkeit.
    Und noch eine andere Erfahrung aus meiner Zeit am So roka Hospital möchte ich hier wiedergeben. Ich war entschlossen, Hebräisch zu lernen, weil ich nicht wollte, dass ein Patient je das Gefühl hätte, ich könnte sein Patientenblatt nicht lesen oder würde seine Symptome nicht verstehen. Ich hatte Sorge, dass meine Patienten das Vertrauen in meine Arbeit verlieren könnten, wenn ich die Sprache nicht genügend beherrschte. Also war ich sehr darauf bedacht, korrektes Hebräisch zu sprechen.
    Eines Tages wurde eine Beduinin mit schwerem Bluthochdruck während der Schwangerschaft eingeliefert, aber sie weigerte sich, im Krankenhaus zu bleiben. Ich musste einen Entlassungsbericht schreiben und den Umstand vermerken, dass sie meinen ärztlichen Rat abgelehnt hatte. Im Hebräischen ist das Wort für »abgelehnt« meseravet . Ich war mir bei der Schreibweise der hebräischen Schriftzeichen nicht sicher und wollte nicht, dass die Frau oder ihr Mann das merkten. Allein aus diesem Grund versuchte ich die Patientin zu bewegen, im Krankenhaus zu bleiben. Sie tat es nicht. Schließlich bat ich sie, mit ihrem Mann zum Auto zu gehen und ihren Pass zu holen, sodass sie lange genug aus dem Raum waren und ich eine Krankenschwester fragen konnte, wie man das hebräische Wort schreibt. Als das Ehepaar zurückkam und ich sie bat, das Entlassungsformular zu unterschreiben, sagten sie mir, dass keiner von beiden seinen Namen schreiben konnte. Und ich hatte mir solche Gedanken gemacht, dass ich in ihrem Beisein einen Fehler machen könnte. Ich befürchtete immer, dass man mir Versagen vorwerfen könnte, ob das nun meine medizinischen Fähigkeiten betraf, die Sprache oder zwischenmenschliche Beziehungen. So genau wie ich wusste, dass ich mit der Facharztausbildung am Soroka die Chance meines Lebens bekommen hatte, wusste ich auch, dass ich in den Augen meiner israelischen Kollegen einen Versuch darstellte und dass mein Erfolg anderen palästinensischen Ärzten die Türen öffnen könnte. Mein Scheitern könnte diese Tür verschließen.
    Die meisten jüdischen Israelis hielten mich irrtümlich für einen arabischen Israeli, aber ich klärte sie rasch auf, dass ich ein Palästinenser aus dem Gazastreifen sei. Auch wenn ich ein Namensschild mit einem palästinensischen

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