Du stirbst zuerst
dich nicht sehen!«
»Beim letzten Mal hat es funktioniert.«
Vanek schüttelt den Kopf. »Es hat funktioniert, weil die Fahrer Michael beobachten konnten, wie er anscheinend etwas angestarrt hat. Sie sind seinem Beispiel gefolgt. Das ist ein sozialer Instinkt – wenn ein Mensch etwas betrachtet, nehmen alle anderen Menschen in der Nähe an, dass es dort etwas zu sehen gibt.«
»Das hilft uns auch nicht weiter«, wende ich ein. »Also halten Sie den Mund und lassen Sie mich nachdenken.«
»Unser Gespräch ist Ihr Nachdenken«, erklärt Vanek.
»Gleich holen sie uns ein«, warnt mich Lucy. Ich blicke in den Rückspiegel und entdecke drei Streifenwagen mit zuckenden Lichtern und heulenden Sirenen, die höchstens noch zweihundert Meter hinter uns sind. Ich lege den Kopf schief, denke nach und fahre langsamer.
»Tun Sie etwas.« Vanek wirft mir einen strengen Blick zu.
»Es besteht die Möglichkeit, dass sie ebenfalls nicht real sind«, widerspreche ich. »Die letzten Cops, die ich gesehen habe, waren auch nicht echt. Möglicherweise spielt sich die Verfolgungsjagd nur in meinem Kopf ab – ich könnte immer noch in Powell im Koma liegen und träumen.«
»Wollen Sie das Risiko wirklich eingehen?« Vanek umklammert die Armlehne noch fester.
»Nein, will ich nicht«, sage ich. »Deshalb bin ich ja hergekommen.«
Die Scheinwerfer erfassen ein kleines weißes Schild mit einem einzigen Wort: Cerny. Im letzten Moment bemerke ich die Abzweigung – eine Lücke im Zaun, dahinter ein schmaler Feldweg. Ich schalte die Scheinwerfer aus, trete auf die Bremse und schaffe es gerade noch, das Auto auf den Weg zu lenken. Auf dem Kies brechen die Reifen aus und schleudern Steinchen hoch, aber ich kann das Auto abfangen und gebe sofort wieder Gas.
»Was hast du vor?«, schreit Lucy.
»Ich fahre zu den Kindern der Erde.« Ich trete das Gaspedal durch. »Von Agent Leonard weiß ich, dass sie auf Cernys Farm leben, und Kelly sagt, man kommt nicht an sie heran. Wenn ich mich auf dem Gelände aufhalte, kann uns die Polizei nicht weiter verfolgen, und ich finde endlich die Wahrheit über dieses wahnsinnige Durcheinander heraus.«
»Du fährst viel zu schnell.«
Links und rechts säumen Zäune den Weg, sodass es relativ einfach ist, die Richtung zu halten. Allerdings erkenne ich die Schlaglöcher nicht rechtzeitig. Das Auto hüpft über die unbefestigte Piste. Hinter uns blinken rote Lichter.
»Es hat nichts genutzt, die Scheinwerfer auszuschalten«, bemerkt Vanek. »Sie verfolgen uns immer noch.«
Ich trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch, der Motor heult auf. Das Auto springt wild hin und her und fällt beinahe auseinander.
Die Streifenwagen haben uns fast erreicht.
»Ich halte sie auf«, schlägt Vanek vor.
»Kommt nicht infrage.«
»Ich brauche Ihre Erlaubnis nicht«, sagt er kalt. »Aber es muss sofort geschehen, gleich hier an Ort und Stelle, und es schmerzt erheblich mehr, wenn Sie sich gegen mich zur Wehr setzen.«
»Ich überlasse Ihnen nicht die Kontrolle.«
»Auch gut.« Er schließt die Augen. Das Auto rüttelt und rutscht auf dem Feldweg, links und rechts sausen Maispflanzen und Zaunpfähle vorbei. Vanek runzelt die Stirn, dann schneidet er eine Grimasse. Auf einmal bekomme ich starke Kopfschmerzen, die sich binnen Sekunden zu einer schrecklichen Migräne auswachsen. »Was tun Sie da?«
Ein Lichtblitz blendet mich, und ich bemerke eine schnelle Bewegung wie flimmernde Luft über einer heißen Straße, die sich in alle Richtungen ausbreitet. Der Motor stirbt sofort ab, ich verliere die Kontrolle über das Lenkrad. Das Auto schwenkt nach links ab, wir brechen durch den dünnen Bretterzaun am Wegrand. Die Latten zersplittern und fliegen durch die Luft, das Auto überschlägt sich durch den eigenen Schwung. Ich höre ein lautes Krachen, dann prallt mir etwas ins Gesicht.
Mit dröhnenden Ohren starre ich in die Dunkelheit. Ich glaube, ich liege auf der linken Seite. Das Auto ist von dunklen Umrissen umgeben, ich spüre dünne Stängel. Mais. Ich schüttle den Kopf, um wieder klar zu werden.
Ringsum entdecke ich weitere Autos, die in einem Kreis der Zerstörung im Maisfeld liegen. Die Scheinwerfer leuchten nicht mehr, die Motoren sind abgestorben. Es klingelt mir in den Ohren. Nach dem Schock des Unfalls erwachen die Sinne allmählich wieder, doch es gibt nichts zu hören. Keine Sirenen, keine quietschenden Reifen.
»Was haben Sie getan?«
Kräftige Hände packen mich am Arm, lösen den
Weitere Kostenlose Bücher