Du und ich und all die Jahre (German Edition)
Richtung wie ich, dann geht alles gut.»
Wir fuhren Richtung Süden den Chapman’s Peak Drive entlang, über die wunderschöne gewundene, angsteinflößende Straße, die von Noordhoek nach Hout Bay um die Halbinsel herumführt, wo die Westseite des Tafelbergs in den Atlantik hineinragt. Ich klammerte mich an Aidan fest, der Wind quälte uns, ich hatte Tränen in den Augen, das Brüllen des Motorrades war fast so laut wie das Geräusch der Wellen vom Meer, die Sonne versank langsam am Horizont und färbte den Himmel erst blau, dann orange, dann rosa. Ich fühlte mich wie im Paradies. Die Fahrt hätte meinetwegen ewig dauern können.
Einmal jedoch musste sie zu Ende gehen, und als es so weit war, landeten wir in Fish Hoek. Wir kauften mit Hummer belegte Brötchen und eine Flasche Weißwein für ein Picknick am Strand. Danach, als wir den Wein ausgetrunken hatten, gingen wir zu seinem Hotel, das direkt am Strand lag, und schliefen miteinander. Ich weiß noch, dass ich unglaublich nervös war, meine Hände zitterten, ich fummelte an dem Reißverschluss meiner Jeans herum und konnte Aidan kaum in die Augen sehen. Ich hatte vorher nur mit zwei anderen Männern geschlafen – Ben Maxwell, zwei Tage nach meinem siebzehnten Geburtstag (schrecklich) und Stewart Sommers, der im College in meiner Arbeitsgruppe war (ein bisschen weniger schrecklich). Mit Aidan war es ganz anders.
Es wurde meine erste befriedigende sexuelle Erfahrung (jedenfalls die erste, die ich nicht allein erlebte). Im Hormonrausch danach wollte ich ihm sagen, dass ich dabei war, mich in ihn zu verlieben, aber ich brachte es nicht fertig. Es war lächerlich; wir kannten uns kaum. Trotzdem musste ich etwas sagen und gestand zumindest, dass ich mich noch nie mit jemandem so gefühlt hatte, niemals. Aidan schwieg. Im Morgengrauen fuhr er mich zurück zu Alex. Wir küssten uns am Gartentor zum Abschied, und er versprach anzurufen, wenn er das nächste Mal in England war.
«Ich bin wahrscheinlich in ein paar Wochen zurück», sagte er. «Dann treffen wir uns.»
Bis ich wieder etwas von ihm hörte, sollten fast zwei Jahre vergehen. Wintersemester 1998. Zu diesem Zeitpunkt war ich seit sechs Monaten mit Stewart Sommers zusammen. Es war keine leidenschaftliche Beziehung, aber wir waren glücklich. Stewart war einfühlsam, witzig und unglaublich intelligent. Wir führten andauernd Debatten, über die wirtschaftliche Entwicklung der früheren Ostblockstaaten, den Friedensprozess in Nordirland und so weiter.
Es war Ende November, und Stewart verbrachte das Wochenende in Sussex bei einer Demo gegen die Fuchsjagd. Ich wohnte damals nicht mehr im College, stattdessen teilte ich mir in Jericho eine heruntergekommene Bude mit Alex und drei anderen Mädchen. Am Freitagabend machten Alex und ich uns in ihrem Zimmer gerade fertig, um in den Pub zu gehen, als es an der Haustür klingelte. Eine meiner Mitbewohnerinnen rief, ich hätte Besuch. Also ging ich nach unten, und da stand er, genauso wie damals am Strand: schlank und sonnengebräunt, mit zerzaustem Haar, Bartstoppeln im Gesicht.
«Hey, Nicole», sagte Aidan und lächelte sein unerträgliches, unwiderstehliches Lächeln. «Ich bin seit ein paar Tagen im Lande, hab gerade frei und dachte mir, was würde ich wohl von allem am liebsten tun? Und heraus kam ein Besuch bei dir. Julian hat deine Adresse herausgerückt. Ungern. Ich musste seine Fred-Perry-Sammlung kidnappen.»
Ich stand nur da und starrte ihn an. War das tatsächlich Aidan, der Mann, von dem ich wochen- und monatelang geträumt hatte, den ich mir herbeiphantasiert hatte, über den ich mir den Kopf zerbrochen hatte, der mich nicht wieder angerufen hatte? Der Mann, über den ich nun endlich hinweg war?
«Nicole? Willst du mich nicht wenigstens begrüßen?»
Endlich nahm mein Verstand seine Arbeit wieder auf, und ich umarmte Aidan vorsichtig.
«Schön, dich zu sehen, komm rein.»
Alex war mittlerweile runtergekommen, um nachzusehen, was los war. Sie schaute zwischen uns beiden hin und her, zog eine Augenbraue hoch und ging dann zurück nach oben.
«Hallo, Alex», rief Aidan ihr hinterher, aber sie antwortete nicht. Ich holte ein Bier für ihn aus dem Kühlschrank, und wir setzten uns in die Küche.
«Wo hast du gesteckt?», fragte ich ihn. «Julian scheint nie zu wissen, wo du bist.»
Er zuckte mit den Schultern. «Hier und da. Es ist nicht immer einfach, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, wenn ich unterwegs bin.» Er ließ seine Hand über den Tisch
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