Du weckst mein Verlangen
nichts dagegen hat.“
„Bestimmt nicht“, versicherte ihm Holly ernsthaft. „Ich geh’ ihn holen.“
„Ich glaube, wir sollten dich erst einmal sauber machen“, griff Emma ein. Plötzlich schien es unglaublich wichtig, die Kontrolle über die Situation zu erlangen. Sie öffnete die Wohnzimmertür. „Wenn Sie vielleicht inzwischen hier Platz nehmen wollen?“, forderte sie Rocco kühl auf.
„Vielen Dank.“ Er ging an ihr vorbei und streifte dabei leicht ihren Arm. Emma zuckte wie elektrisiert zusammen. Oh mein Gott, dachte sie. Wie mag es erst sein, von ihm umarmt, geküsst, gestreichelt zu werden …? Die ungebetene Vorstellung trieb Emma das Blut in die Wangen. Abrupt trat sie zurück und stieß sich am Türrahmen.
„Immer mit der Ruhe“, meinte Rocco, als müsse er ein nervöses Fohlen besänftigen. „Eine Tasse Kaffee wäre nicht schlecht zum Kuchen.“
Was würde ich dafür geben, ihm dieses überlegene Lächeln auszutreiben! Emma stolzierte wütend in die Küche. Sie verstand sich selbst nicht mehr. Eigentlich war sie eher ein ruhiger Mensch, aber Rocco D’Angelo machte sie wahnsinnig. Aber Holly zuliebe würde sie ihm einen Kaffee zu seinem Muffin kochen und Rocco dann nahelegen zu verschwinden. Zu dumm, dass ich nur Instantkaffee habe, dachte sie mit leiser Schadenfreude.
Holly sprang vom Stuhl herab, auf den sie gestiegen war, um sich die Hände an der Spüle zu waschen. „Kann ich Rocco jetzt einen Muffin bringen?“ Auf Emmas Nicken hin suchte sie einen aus, der völlig unter Zuckerguss verschwunden war. „Rocco ist wirklich ganz arg nett“, meinte sie in aller Unschuld.
Emma war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihre Tochter vor zu viel Vertrauen in Fremde zu warnen und sie nicht unnötig zu ängstigen. „Stimmt. Aber du kennst ihn ja eigentlich nicht richtig.“
„Er schaut aber so lieb.“
Holly rannte aus der Küche, um Rocco den Muffin zu bringen. Am liebsten wäre Emma ihr nachgelaufen, hätte sie an sich gerissen und das Kind gewarnt, sich nicht von einem freundlichen Lächeln und schönen Worten täuschen zu lassen. Sie konnte ein Lied davon singen. Ihr Mann, Jack, hatte sie dies auf grausame Weise gelehrt.
Rocco kann wirklich nichts dafür, dass er mich derart stark an Jack erinnert, rief Emma sich zur Ordnung. Äußerlich ähnelte er ihrem verstorbenen Mann überhaupt nicht. Jack war der Typ blonder Sonnyboy, Rocco dagegen wirkte mit seinen schwarzen Haaren und dem dunklen Teint eher geheimnisvoll. Aber beide hatten diese selbstbewusste Ausstrahlung – und beide waren sich ihrer Wirkung auf das weibliche Geschlecht nur allzu bewusst. Emmas Bruder hatte Jack als Don Juan abgetan. Und soweit sie es beurteilen konnte, war Rocco nicht anders. Aber das konnte sie ihrer dreijährigen Tochter ja schlecht erklären. Sie konnte ihr wohl kaum sagen, dass ihr Vater ein Tunichtgut und Weiberheld gewesen war.
Im Wohnzimmer vertrieb sich Rocco inzwischen die Zeit und sah sich gründlich um. Er betrachtete die Bilder auf dem Kaminsims. In der Mitte stand ein gerahmtes Foto von einem Feuerwehrmann in Uniform – wohl Emmas Mann. Daneben lag in einer Samtschatulle The Queen’s Gallantry Medal , eine Auszeichnung, die für besondere Tapferkeit vergeben wurde. Die anderen Fotos zeigten Holly als Baby in den Armen ihrer Mutter, und eines stammte wohl vom letztem Weihnachtsfest, da Holly in Primrose Cottage vor einem geschmückten Baum stand. Seltsamerweise gab es kein Foto von Emma und ihrem Mann oder von Holly mit ihrem Vater.
Rocco betrachtete erneut das Bild des verstorbenen Jack Marchant. Zweifelsohne ein sehr gut aussehender Mann mit seinen blonden Haaren und den strahlenden blauen Augen. Der leicht arroganten Miene nach zu urteilen, wusste er das auch ganz genau. Rocco hätte seinen Kopf verwettet, dass Jack Marchant vor seiner Ehe kein Kostverächter gewesen war. Cordelia hatte so etwas auch angedeutet. Emma hingegen besaß offensichtlich ein sehr ausgeprägtes Verantwortungsgefühl. Aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an, dachte Rocco. Und anscheinend hatte es sich ja um eine durchaus glückliche Ehe gehandelt, sonst würde Emma drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes keinen Ehering mehr tragen.
Aber was geht mich das eigentlich an? Rocco fuhr sich durch die Haare. Was tue ich hier überhaupt? Wenn ich noch einen Funken Verstand hätte, würde ich auf der Stelle verschwinden! Allein die Tatsache, dass er seiner Großmutter versprochen hatte, Emma eine Nachricht
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