Du weckst mein Verlangen
…
Diesen Menschen in ihr Haus zu lassen behagte Emma gar nicht. Leider verbat es ihre gute Erziehung, ihm einfach die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Also trat sie beiseite und ließ ihn herein. Auf der Stelle wirkte der Flur viel zu eng. Roccos Kopf stieß fast an die schweren Deckenbalken. Er ist einfach zu groß, zu dominant … und viel zu einnehmend. Emma zwang sich, eine neutrale Miene aufzusetzen, als der Makler zu ihr kam.
„Ich habe jetzt genug Fotos. Es gefällt mir, wie Sie das Cottage eingerichtet haben. Vor allem die Farben. Es wirkt so frisch und gemütlich. Ich bin sicher, wir werden das Objekt sehr schnell verkaufen.“
„Ich habe es gar nicht so eilig. Aber ich nehme an, meinen Vermieter wird es freuen.“ Sie brachte den Makler zur Tür. Dann sah sie Rocco ungeduldig an. Sie wünschte, er würde gehen und ihr nicht die kostbare Zeit mit ihrer Tochter stehlen. „Also, was wollten Sie mit mir besprechen?“
„Sie wollen umziehen?“
Emma zuckte die Achseln. „Eigentlich nicht. Aber heute früh habe ich erfahren, dass mein Vermieter Primrose Cottage verkauft. Ich würde ja eigentlich gerne hierbleiben. Aber im Dorf gibt es keine Mietwohnung, und das bedeutet, ich muss wohl nach Newcastle ziehen.“
„Aber Cordelia würde Sie vermissen!“
„Ich sie auch.“ Sie biss sich auf die Lippe. Rocco hatte keine Ahnung, wie schwer es ihr fiel, von hier wegzugehen. Hier hatte sie Freunde gewonnen, als sie vor drei Jahren mit der gerade einmal einen Monat alten Holly in dieses Haus einzog. Es war ihr gelungen, sich eine neue Existenz aufzubauen. Ein neues Leben – ohne die schmerzhaften Erinnerungen an Jack.
„Wieso kaufen Sie denn das Cottage nicht selbst?“
„Würde ich ja gerne, aber es ist leider unmöglich. Ich bin alleinerziehend, und das Gehalt einer Krankenschwester reicht nicht aus, um ein Haus zu kaufen.“
Sie nahm den herben Duft von Roccos Aftershave wahr, und unwillkürlich wanderte ihr Blick von dem naturweißen dicken Pullover und der schwarzen Lederjacke hinunter über seine Hüften in den gut sitzenden, verwaschenen Jeans. Der Look war lässig … aber umwerfend. Emma gestand sich ein, dass sie Rocco D’Angelo unglaublich sexy fand … und nahm sich diese Tatsache gleichzeitig sehr übel. Sie wünschte, er würde sagen, was er wollte, und dann verschwinden. Aber offensichtlich hatte er es nicht eilig.
„Cordelia hat mir erzählt, Sie seien Witwe. Hat Ihr Mann denn nicht für Sie und Ihre Tochter vorgesorgt?“
Beinahe wäre Emma in schallendes Gelächter ausgebrochen. Jack und Verantwortung! Sie konnte von Glück sagen, dass sie nach seinem Tod das Geld von der Versicherung erhalten hatte. Aber das reichte gerade mal, um Jacks Schulden zu bezahlten – von deren Existenz sie bis dahin nichts geahnt hatte.
„Leider nicht“, erwiderte sie knapp. „Hören Sie, ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber …“
„Mummy, ich habe den Zuckerguss draufgemacht!“
Emma seufzte, als Holly aus der Küche kam – über und über mit Teig und Puderzucker bedeckt. Zum Glück habe ich ihr eine Schürze umgebunden! Über all der Hektik hatte sie den Zuckerguss völlig vergessen. Kein Wunder, dass Holly ungeduldig geworden war und allein mit den Verzierungen angefangen hatte.
„Das sehe ich, Schätzchen.“ Ob davon auch etwas auf dem Kuchen gelandet ist? überlegte sie liebevoll.
„Bist du auch ein Macker?“, fragte Holly den Gast.
„Makler, meinst du“, korrigierte Emma sie und verkniff sich ein Lächeln. Sie wunderte sich, warum ihre sonst so schüchterne Tochter so zutraulich war. Offensichtlich erlagen selbst kleine Mädchen Roccos charmantem Lächeln.
„Hallo, Holly. Nein, ich bin kein Makler. Ich bin ein Freund von deiner Mama.“
Das wüsste ich aber, dachte Emma wütend, doch Holly nahm die Erklärung widerspruchslos hin.
„Wie heißt du denn?“
„Rocco.“
Zu Emmas Überraschung strahlte ihre Tochter Rocco an. „Meine Mummy und ich haben Muffins gemacht. Du kannst einen abhaben, wenn du willst.“
Dieser Mann könnte wahrscheinlich eine Raubkatze zum Schnurren bringen – und anscheinend jede Frau im Alter zwischen drei und neunzig, dachte Emma sarkastisch. Alle bis auf eine, korrigierte sie sich sofort. „Ich glaube … Rocco“, der Name wollte ihr kaum über die Lippen, „hat keine Zeit, Schätzchen. Er wollte gerade wieder gehen.“
„Gar nicht. Ich finde das ganz lieb von dir. Ich hätte gerne einen Muffin … also, wenn deine Mama
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