Du weckst mein Verlangen

musste.“
    Portofino war wirklich das Beste, was Cordelia passieren konnte, dachte Emma. Jetzt schon, nach knapp einer Woche, wirkte sie sehr viel stabiler. Sicher trugen auch die warme Sonne und Beatrices Kochkünste dazu bei. Wahrscheinlich würde sie bald auch keine private Krankenschwester mehr brauchen. Und ich werde Rocco nie wiedersehen, wenn ich nach England zurückgekehrt bin! Warum ihr der Gedanke so wehtat, wusste sie selbst nicht. Ich werde diesen Kuss aus meinem Gedächtnis streichen, schwor sie sich. Rocco hat mich nur geküsst, weil er mit mir schlafen wollte. Und sie selbst … nun ja, sie war ja auch nicht ganz abgeneigt. Aber eine Affäre mit ihm wäre nichts weiter als ein unverbindliches Abenteuer.
    Emma ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und entdeckte Rocco, der sich gerade mit seinen Nachbarn – und deren äußerst attraktiver Tochter – unterhielt.
    „Ist unser Gastgeber nicht ein Bild von einem Mann?“
    Emma zuckte zusammen. Neben ihr stand Shayna Manzzini. Ihr Mann hatte eine leitende Funktion bei Eleganza inne und war außerdem ein enger Freund Roccos. Sie mochte ihn sofort, empfand Shayna gegenüber jedoch ein gewisses Unbehagen. Die Kanadierin hatte nach der Hochzeit ihre Modelkarriere aufgeben. Sie sah immer noch umwerfend aus, aber eine Aura der Unzufriedenheit umgab sie, und ihre Stimme hatte etwas Hartes.
    „Kleines Dummchen“, bemerkte Shayna sarkastisch. „Die Frau, die sich von Rocco Liebe erhofft, wird eine bittere Enttäuschung erleben. Einen Tiger kann man nicht zähmen.“
    Eine Schrecksekunde lang dachte Emma, sie sei gemeint, aber dann merkte sie, dass Shayna die Tochter von Roccos Nachbarn beobachtete. Das Mädchen mochte siebzehn oder achtzehn sein, war außergewöhnlich hübsch – und offensichtlich von Roccos Charme hingerissen. Sie hing an seinen Lippen und warf wieder und wieder ihre dunklen Locken zurück. Offensichtlich war ihre Flirttechnik noch etwas verfeinerungsbedürftig.
    „Chiara hat keine Chance.“ Um Shaynas Mund spielte ein verächtliches Lächeln. „Rocco steht der Sinn nicht nach bambini , nach Teenagern. Aber in ein paar Jahren? Da könnte sie für ein oder zwei Wochen interessant sein.“ Sie verzog die scharlachrot geschminkten Lippen. „Wir hatten mal eine kurze Affäre – ist schon eine Weile her. Aber Roccos Affären sind immer kurz. Ich habe die Zeichen erkannt und mich für Tino entschieden. Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.“ Sie zuckte die Schultern. „Eine Modelkarriere dauert nicht ewig. Tino ist zwar nicht gerade ein Multimillionär, aber reich genug.“
    Bei so viel Zynismus fehlten Emma die Worte. Unglücklicherweise regte sich jedoch ihre Fantasie sofort, und sie sah Rocco und Shayna vor ihrem geistigen Auge, die sich ekstatisch auf seidenen Laken wälzten. Die Vorstellung versetzte ihr einen Stich. Wie viele der hier anwesenden Frauen mochten wohl Exgeliebte von ihm sein? Die meisten der weiblichen Gäste sahen außergewöhnlich gut aus.
    Emma fühlte sich in die Vergangenheit zurückversetzt – an den Tag von Jacks Beerdigung. Auch da hatte sie sich ständig gefragt, wie viele der anwesenden Frauen wohl zu seinen Geliebten gezählt haben mochten.
    „Zu schade, dass die arme Rosalinda Barinelli das nie verstanden hat“, fuhr Shayna sarkastisch fort und riss Emma aus ihren bitteren Erinnerungen.
    „Was meinen Sie damit?“ Trotz allen Unbehagens konnte Emma ihre Neugierde nicht unterdrücken. „Wer ist Rosalinda Barinelli?“
    „Sie ist – oder besser war – eine begabte Schauspielerin mit einer vielversprechenden Karriere. Bis sie Rocco kennenlernte. Die beiden hatten eine Affäre, und als er die Beziehung beendete, nahm sie eine Überdosis Schlaftabletten. Sie hat es überlebt“, fügte Shayna hinzu, als sie Emmas entsetzte Miene sah. „Aber seitdem stand sie nie mehr vor der Kamera. Sie behauptete, Rocco hätte ihr die Ehe versprochen. Obwohl ich das, ehrlich gesagt, kaum glauben kann. Rocco ist ja für seine Beziehungsphobie berüchtigt. Aber vielleicht hat er in diesem Fall ja zum ältesten Trick der Welt gegriffen, um sie ins Bett zu bekommen.“
    Emma schluckte. Plötzlich hatte sie einen bitteren Geschmack im Mund. „Wollen Sie damit sagen, er hätte ihr absichtlich etwas vorgemacht?“
    „Ich war ja nicht dabei. Aber Rocco hat trotz seines Charmes auch eine ruchlose Ader. Kein Wunder, immerhin ist er der Enkel von Silvio D’Angelo, einem der mächtigsten Unternehmer