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Du wirst noch an mich denken

Du wirst noch an mich denken

Titel: Du wirst noch an mich denken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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als das Taxi vor ihrer Haustür hielt, nachdem es Mary bei ihrem Wagen abgesetzt hatte. Sie bezahlte den Fahrer und stieg aus.
    Leise vor sich hin summend, tänzelte sie den Weg zum Haus entlang. Plötzlich stolperte sie über irgendein Hindernis, das sie in der Dunkelheit nicht gesehen hatte, und ließ bei dem Versuch, das Gleichgewicht zu halten, ihre Handtasche fallen. Der Inhalt verteilte sich auf dem Pflaster.
    »Ach Mist«, entfuhr es ihr leise. Sie ging in die Hocke und begann die Sachen einzusammeln. Der Lippenstift war ein Stück weggerollt, ihre Bürste lag direkt vor der Tür. Kichernd klaubte sie einzelne Münzen und Geldscheine auf und stopfte sie zurück in ihre Tasche. »Ausweis, Ausweis, Ausweis«, murmelte sie vor sich hin, als sie den vom Staat Georgia ausgestellten Führerschein, den sie als Personalausweis benutzte, nicht gleich finden konnte. »Wo steckst du, du Schlingel ... aha!« Er war ins Gras gerutscht und unter dem Rhododendron gelandet. »Na warte, gleich hab ich dich«, murmelte sie und griff danach. Sie steckte ihn in ihre Tasche und erhob sich. Der Alkohol in ihrem Blut ließ sie leicht schwanken. »Huch.« Mit leicht vernebeltem Kopf beschloss sie, dass es wohl am ratsamsten war, rasch ins Haus zu gehen und im Bett zu verschwinden, bevor sie in diesem Zustand noch jemandem über den Weg lief. Sie wollte nicht, dass Lola oder James sie so sahen. Sie trank nur selten etwas, aber nachdem sie an dem Abend nach Wesleys Entlassung aus dem Gefängnis ziemlich rasch hintereinander einige Gläser Wein gekippt hatte, würde es ihr schwer fallen, sie davon zu überzeugen. Jedenfalls nicht, wenn sie sie in ihrer momentanen Verfassung zu Gesicht bekämen. Stattdessen würden sie sie wahrscheinlich für eine schwere Säuferin halten.
    Sie steckte gerade ihren Schlüssel ins Schloss, als die frühmorgendliche Stille vom Motorgeräusch eines Autos durchbrochen wurde, das viel zu schnell für ein Wohnviertel wie dieses mit seinen schmalen Straßen fuhr. Das Geräusch wurde lauter, offenbar bewegte sich das Auto mit gefährlich überhöhter Geschwindigkeit in ihre Richtung. Dann bog es plötzlich mit aufheulendem Motor in ihre Straße ein. Aunie war gerade im Begriff, die Eingangstür zu öffnen, als der Wagen mit quietschenden Bremsen direkt vor dem Haus stehen blieb und sie mit dem Kopf herumfahren ließ. Sie sah, wie die Beifahrertür aufging, und erhaschte einen flüchtigen Blick auf zwei große Männer, die eine Gestalt aus dem Wagen stießen. Jemand rief eine hässliche Bemerkung, Glas zersplitterte auf dem Randstein, dann wurde die Tür mit einem lauten Knall zugeschlagen, und der Wagen raste davon, während die Person, die man so unsanft ins Freie befördert hatte, über den Grasstreifen zwischen Fahrbahn und Gehweg rollte und dann still liegen blieb.
    Du lieber Gott. Entsetzt starrte Aunie den reglosen Körper an. Ihr erster Impuls war, James oder Otis zu wecken, aber ihr Verstand sagte ihr, dass sie zuerst einen Blick auf den Verletzten werfen sollte, um festzustellen, welche Art von Hilfe benötigt wurde. Sie zwang sich zurückzugehen, beschämt, dass sie als erste Regung nicht Mitgefühl empfand, sondern beschämt war, weil James jetzt mitbekommen würde, dass sie zu viel getrunken hatte. Sie klemmte ihre Handtasche in die Tür, damit sie nicht wieder zufiel, und näherte sich der am Boden liegenden Gestalt.
    Aus deren Kehle drang ein tiefes Stöhnen, als Aunie neben ihr in die Hocke ging. Es war also doch ein Mann. Zwar war alles furchtbar schnell gegangen, aber in dem kurzen Moment, als die Innenbeleuchtung des Wagens an war, hatte sie langes blondes Haar aufleuchten sehen und angenommen, es handle sich um eine Frau. Auch war der Körper für eine Frau zu kräftig, und die Schultern waren zu breit, wie sie sehen konnte, obwohl er zusammengekrümmt und mit dem Gesicht nach unten vor ihr lag. Sie streckte die Hand aus, packte den Mann bei seiner Lederjacke an der Schulter und rollte ihn auf den Rücken. Für den Bruchteil einer Sekunde schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass sich das Leder unter ihrer Hand merkwürdig vertraut anfühlte, bevor sie das Gesicht des Mannes sah, das halb von ein paar losen blonden Haarsträhnen verdeckt wurde.
    O Gott. Aunie legte erschrocken eine Hand ans Herz. Es war James, und er war brutal zusammengeschlagen worden.

8
    A ls James sich auf den Weg machte, wusste er, dass er nicht in der richtigen Stimmung für einen Besuch in seinem alten Viertel war.

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