Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Plötzlich füllte sich die Luft mit weißen Lederfetzen und Teilen der Polsterfüllung. Remote hatte nicht gelogen, als er meinte, ihm stünde auch andere Munition zur Verfügung.
    »Ergeben Sie sich. Oder ich muss Sie wirklich zum Krüppel machen.«

    »Wo waren wir?«, fragte Nikki.
    »Alibi«, antwortete Parkins.
    »Genau. Alibi.«
    Nikki trank einen weiteren Schluck Tequila. Obwohl sie noch lange nicht sturzbesoffen war, spürte sie definitiv keinen Schmerz mehr.
    Parkins war anscheinend schon etwas beduselter als sie, aber vielleicht spielte er auch nur. An seiner Stelle würde sie sich jedenfalls verstellen. »Also, wie wär’s damit: Du bist ein bisschen in der Gegend herumgefahren. Bist in ’ne Bar gegangen, die du normalerweise nicht besuchst. Dort hast du was getrunken. Das ist das Letzte, woran du dich erinnerst. Dann bist du in einem Park aufgewacht.«
    Parkins dachte darüber nach. »Ist Ihnen klar, wie viele Bars inzwischen Überwachungskameras haben? Dazu kommt, dass sich dort niemand an mich erinnern wird.«
    »Stimmt«, gab sie zu. »Wie wär’s mit einem Ort, wo du tatsächlich warst? Dass du in einen Lebensmittelladen gegangen bist, bevor wir dich gekidnappt haben?«
    Er legte die Stirn in Falten. »Ich … Ja, ich war in der Drogerie, um Kondome zu kaufen. Da habe ich bar bezahlt.«
    »Tja, aber das deutet in die Richtung, die wir nicht weiterverfolgen wollen, nicht wahr? Wir brauchen einen plausiblen Grund dafür, dass du dich mit einem Fremden getroffen und ohne Zeugen etwas gegessen oder getrunken hast.«
    Parkins schüttelte den Kopf. »Vielleicht sollte ich einfach behaupten, ich sei von kleinen grünen Marsmännchen gekidnappt worden. Aliens haben mich entführt, und ich kann mich nur noch an ein helles Licht erinnern. Dann bin ich mit einem wunden Arsch und Gedächtnisschwund aufgewacht.«
    Nikki lachte. »Sorry, aber für Rektaluntersuchungen verlange ich gepfefferte Preise, das könntest du dir nicht leisten.«
    »Dacht’ ich mir schon.« Er seufzte. »Dann bin ich wohl gefickt. Und es war noch nicht einmal ein Vergnügen.«
    »Nicht? Hattest du nicht wenigstens ein bisschen Spaß?« Sie wedelte mit der Tequilaflasche vor ihm.
    Er lächelte. »Na ja, vielleicht ein wenig …«

    Als Goliath das nächste Mal erwachte, wusste er genau, wo er war.
    Natürlich war er noch immer angekettet. Und noch immer in diesem Metallkasten. Er roch Exkremente und Kiefernnadeln und spürte das kalte Metall auf der Haut.
    Er war Gefangener der Gottesanbeterinnen. Nachdem er ihren Gott erschlagen und ersetzt hatte, unterzogen sie ihn einer Prüfung, um herauszufinden, ob er würdig war. In seinem Kopf hallte noch immer der Thrash Metal nach. Und nun wurde ihm klar, dass dies die Anrufungen der Gottesanbeterinnen waren, das chaotische Geschrei der Insekten, die ihren hasserfüllten Lobpreis anstimmten. Er musste lernen, ihre Gebete zu entschlüsseln, musste herausfinden, woher sie kamen und in wessen Leib sie sich gebohrt hatten.
    Und dann musste er sie zerstören.
    Langsam und mit schmerzenden Gliedern erhob er sich. Er hatte Durst und Hunger, doch er fand in seiner Reichweite nur eine Wasserflasche. Unbeholfen dirigierte er den Strohhalm an dem Ballknebel vorbei und saugte die Flasche aus. Dann betrachtete er sein Gefängnis. Sein Hirn arbeitete gleichzeitig auf zwei verschiedenen Ebenen, die so vollkommen voneinander abgekoppelt waren, dass er meinte, zwei Persönlichkeiten in sich zu tragen. Eine war Goliath, der Überlebende, der Motorradfahrer, Berufsverbrecher und ehemalige Strafgefangene, der seine Lage analysierte und überlegte, wie er sie zu seinen Gunsten nutzen konnte. Die andere war der krankhafte Irre, der überzeugt war, ein Gott zu sein, und einen flammenden Hass gegen das Universum und alles, was darin lebte, hegte. Diese Kombination hätte die meisten Leute in Starre versetzt oder sie in schreiende Nervenbündel verwandelt. Doch Goliath sah auf ein ganzes Leben voller surrealistischer Gewalt und Grenzerfahrungen zurück. Aufgrund dieser Erfahrungen besaß er einige äußerst ungewöhnliche Eigenschaften, die es ihm erlaubten, seinen Körper zu befehligen, auch wenn sein Geist nur völlig irrational funktionierte.
    Um die Stabilität der Ketten zu testen, zerrte er daran. Sie waren an u-förmigen Bolzen im Boden festgemacht, die noch immer wie neu glänzten. Dagegen war der Metallboden deutlich älter und dünner und von Rost durchzogen.
    Als er das Gewicht verlagerte, schwankte der