Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
freigelegte Kupferdraht hervor.
Jack umfasste den ballartigen Knoten und berührte mit dem abisolierten Draht vorsichtig die Platte über seinem Kopf. Mit Hilfe des Knüppels verband er das andere Ende mit der Chromhülle des Tastenfelds.
Es knisterte und sprühte Funken. Auf dem LED-Monitor flackerten sinnlose Symbole auf, das elektronische Äquivalent eines epileptischen Anfalls. Jack ging davon aus, dass man an der Spannung der Falle herumgebastelt hatte, um einen anhaltenden Stromfluss zu gewährleisten, ohne den Schutzschalter zu überlasten. Solange er die Verbindung aufrechterhielt, würde Strom in Remotes Hightech-Schloss fließen. Bestimmt war das Schloss isoliert, aber Jack glaubte nicht, dass es dieser Spannung lange standhalten würde.
Bald roch es nach heißem Metall und geschmolzenem Isoliergummi. Das Kabel heizte sich auf, und schwarzer Qualm stieg auf. Die Kunststoffumhüllung schmolz und tropfte wie Wachs auf die Matratze, auf der Jack kauerte.
Dann hörte er ein lautes Klicken.
Langsam schwang die Tür auf.
14
U nter die elektrisch geladene Platte geduckt, war Jack ein leichtes Ziel, weshalb er darunter hervorkam und in den Gang zurückwich. Noch immer hielt er den Pfosten mit dem qualmenden Kabel in der Hand.
Über die von der Decke hängende Platte hinweg sah er durch die geöffnete Tür. Der Raum dahinter war von einigen Flachbildschirmen erleuchtet, die die gegenüberliegende Wand einnahmen. Auf jedem Monitor war etwas anderes zu sehen: Einige zeigten Teile des Hauses, andere die Umgebung oder Orte, die Jack nicht identifizieren konnte. Vor einem breiten Tisch aus gebleichtem weißem Holz unterhalb der Monitore stand ein großer Ledersessel auf Rädern. Er war viel zu dick gepolstert und mit weißem Leder bezogen.
Die Tür war nach links geschwenkt, bis sie gegen eine Wand stieß, die das Zimmer dahinter begrenzte. Nach rechts öffnete sich der Raum, aber diesen Bereich konnte Jack nicht mehr einsehen. Remote war außer Sichtweite.
Die Situation war der reinste Wahnsinn, und was er als Nächstes vorhatte, war so weit jenseits jeder Verrücktheit, wie der Mond die Flugbahn eines geworfenen Balls überstieg. Jack setzte darauf, dass Remotes Aufmerksamkeit von den Überwachungsbildschirmen zur Tür gewandert war, sobald diese aufgegangen war. Deshalb würde er nicht sehen, was Jack im Sinn hatte.
Jack bückte sich und hob die Mikrowellentür auf, die auf der Matratze lag. Dann warf er sie auf die herabhängende Deckenplatte, so dass es laut schepperte. Er ging ein paar Schritte zurück. Während er den Holzpfosten vom Kabel befreite, streifte das geschmolzene Plastik sein Bein, und er verbrannte sich. Nach einem kraftvollen Anlauf sprang er im letzten Moment so hoch er konnte, den Knüppel mit beiden Händen gefasst. Mit bloßen Füßen landete er auf der Mikrowellentür. Das Glas knackte, und für einen aus der Zeit gefallenen Augenblick bedauerte er, dass ihm nicht eher der Gedanke gekommen war, die Scheibe zu zertrümmern und die Scherben als Waffe zu benutzen. Die Mikrowellentür glitt über die Metallplatte wie ein Skimboard im flachen Wasser. Er schoss durch den oberen Teil der Türöffnung in das Zimmer, und sobald er die Schwelle überquert hatte, hechtete er nach vorn. Als er aufkam, rollte er sich ab – und war froh um den weichen Teppich.
Rechts neben der Tür stand ein Mann, der Jack ein wenig überragte. Er war Mitte dreißig, gut gebaut und ganz in Weiß gekleidet: weißer Seidenpyjama und weiße Slipper. Die dunklen Bartstoppeln, die Kinn und Oberlippe bedeckten, waren genauso lang wie sein Haupthaar. Es war, als wäre fast sein ganzer Kopf von einem Dreitagebart bedeckt. Auch seine Augen waren dunkel und blickten aufmerksam. Mit beiden Händen hielt er eine Metallstange.
Keine Schusswaffe, konnte Jack noch denken, bevor die Stange hinterrücks auf ihn herabsauste.
Gerade noch rechtzeitig hob er den Pfosten, um den Schlag abzufangen. Er wich ein Stück zurück, um besser manövrieren zu können. Schon wieder holte Remote aus, und Jack spürte, wie der Pfosten beim Aufprall knackte.
Sein Widersacher war unerbittlich und benutzte die Stange mehr wie einen Kampfstab und weniger wie einen Prügel: nicht sonderlich starke, aber schnell aufeinanderfolgende Schläge, die Jack in eine defensive Position zwangen. Beim dritten Angriff krachte der Holzpfosten auseinander.
Damit bekam Jack die Gelegenheit, in die Offensive zu gehen. Mit beiden Hälften des Pfostens schlug er
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