Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donn Cortez
Vom Netzwerk:
gefragt hast«, sagte Remote. Jack beobachtete, wie langsam und vorsichtig sein Gefangener kaute und schluckte, bevor er sprach. »Und ich weiß auch, warum. Entmenschlichung spielt in solchen Fällen eine große Rolle. Für den Kidnapper ist sie jedoch wichtiger als für das Opfer. Manche Dinge werden nahezu unmöglich, wenn nicht die nötige emotionale Distanz da ist.«
    »Nimm es mir nicht übel«, nuschelte Jack mit vollem Mund. »Aber ich mag es nicht, wenn man beim Essen über die Arbeit redet.«
    Remote lächelte und aß weiter.
    Jack war als Erster fertig und spülte den letzten Bissen mit einem Schluck kaltem Wasser aus einem Plastikbecher hinunter. Noch nie hatte ihm etwas so gut geschmeckt.
    »So, Remote«, sagte er dann. »Entpersönlichung. Das scheint doch dein Spezialgebiet zu sein.«
    Remote schluckte, bevor er antwortete. »Wegen meiner Methoden, willst du damit sagen? Oder wegen meiner Krankheit?«
    »Wegen der Art, wie du lebst. Du wohnst sehr zurückgezogen.«
    Remote lachte leise. »Ja und nein. Ich habe tatsächlich keinen Freundeskreis im eigentlichen Sinn, zumindest nicht real life. Aber übers Internet habe ich zahllose Kontakte in aller Welt. Auf dich wirkt das vielleicht armselig, aber für mich ist es anregend und erfüllend.«
    »Aber nicht erfüllend genug.«
    »Letzten Endes nicht, nein. Irgendwann ist mir aufgegangen, dass ich mehr aus meinem Leben machen musste, als nur Computerspiele zu programmieren. Mir fehlte eine sinnvolle und nützliche Tätigkeit. Ich wollte helfen, die Welt zu verändern, und zwar zum Positiven hin. Vor allem das Letzte kann ich nicht genug betonen.«
    Jack nickte mit ausdruckslosem Gesicht.
    »Ich musste etwas finden, was nur ich machen konnte, etwas, das meinen besonderen Fähigkeiten entsprach. Als wäre ich ein filigranes Zahnrad, das seinen Platz im Getriebe finden musste. Genau die Stelle, wo ich nahtlos in andere Zahnräder greifen und etwas Großartiges in Bewegung setzen konnte. Ich wusste, dass diese Tätigkeit richtiggehend auf mich wartete. Ich musste nur die Stelle finden und mich einfügen. Kennst du dieses Gefühl?«
    »Ja.« Obwohl er es anders beschrieben hätte, hatte Jack das, von dem ihm Remote erzählte, als Künstler selbst schon erlebt: dass man den Eindruck hatte, man sei mit etwas Größerem verbunden, das in einem und durch einen wirkte. Dieser Moment, wenn plötzlich alles klick machte und sich zusammenfügte.
    »Und es ist mir gelungen, Jack. Ich habe es gefunden. Ich habe eine Aufgabe gefunden, nach der die Welt verzweifelt verlangt und die nur ich erfüllen kann. Ich kann Leute ausschalten. Ich kann sie löschen wie fehlerhafte Befehlszeilen beim Programmieren.«
    »Aber nicht allein.«
    »Nein. Das habe ich in Erwägung gezogen, doch meine Lösung war letztlich am elegantesten. Viele der Leute, die ich vernichten wollte, waren durch ihre soziale Stellung geschützt. Und einen solchen Status kann man nur erlangen, wenn das Umfeld bereit ist, einem diesen Status zu verleihen. Durch die stillschweigende Unterstützung der Taten solcher Leute – beziehungsweise aufgrund der mangelnden Bereitschaft, diese zu verurteilen – macht sich ihr Umfeld mitschuldig. Und deshalb behalten die Leute ihren Status, der sie schützt. Und die Lösung? Man muss die Anhänger dieser Leute zu ihren Mördern machen.«
    »Du bist ja der reinste Julius Cäsar.«
    »Danke. Mit einem Streich löst man gleich mehrere Probleme. Natürlich besteht keine Garantie, dass das Opfer nicht durch jemanden ersetzt wird, der genauso verkommen ist. Aber kein System ist perfekt.«
    Das typische Verhalten eines Soziopathen, dachte Jack. Nichts als Selbstverherrlichung und Rationalisierung, während ihm jegliche Empathie und jedes moralische Empfinden fehlt. Damit wurde er in seiner Einschätzung von Remotes Persönlichkeit bestärkt.
    Doch Remotes folgende Äußerungen überraschten ihn.
    »Aber das … das beschreibt im Grunde nur den Algorithmus. Ich bin sehr auf Algorithmen fokussiert, das ist einfach meine Art. Manchmal habe ich den Eindruck, dass mein ganzes Leben aus nichts anderem besteht als aus einer Reihe fortlaufender Algorithmen, angefangen bei meiner Zeugung. Und enden wird es erst, wenn meine sterblichen Überreste sich in ihre einzelnen Moleküle aufgelöst haben. Aber das, was ich mache und was ich vollbringe, ist anders. Es hat einen Sinn. «
    Remotes Stimme hatte einen anderen Tonfall angenommen. Jack hatte ihn bisher nicht mit einer solchen Inbrunst

Weitere Kostenlose Bücher