Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
ich in der warmen Luft langsam wieder auftauen kann.
Während ich starr durch die Windschutzscheibe blicke, male ich mir aus, wie es sein wird, wenn James aus dem »Programm« zurückkommt. Wahrscheinlich werden sie mich eine ganze Weile nicht in seine Nähe lassen, aber irgendwann werden sie es doch erlauben. Und James ist nicht so wie andere. Er ist klug. Einfallsreich. Was, wenn sie ihn nicht komplett aushöhlen können? Was, wenn er zurückkommt und sich an mich erinnert? Wenn ich an seiner Stelle wäre, wenn sie mich ins »Programm« geschickt hätten, ich würde alles tun, was in meiner Macht stünde, um mich an ihn erinnern zu können. Ich würde eine Möglichkeit finden. Ich muss nur daran glauben, dass es auch James gelingt. Ich muss an ihn glauben.
Mein Vater sitzt auf den Verandastufen, als ich mit dem Wagen in die Einfahrt fahre. Er springt sofort auf, rennt zu mir. Ich stelle den Motor aus und warte, bis er die Fahrertür aufreißt.
»Sloane!«, ruft er, doch dann hält er inne, als er mich sieht. »Was ist passiert?«
Langsam wende ich den Kopf und sehe meinen Vater an. »Ich habe versucht, schwimmen zu lernen«, antworte ich und zucke mit den Schultern. Doch dabei schießt ein scharfer Schmerz durch meinen Arm. Ich zucke zusammen und betrachte ihn.
»Bist du verletzt?« Mein Vater lehnt sich in den Wagen, um mich zu berühren, doch ich weiche zurück.
»Nicht anfassen«, sage ich. »Ich glaube, er ist gebrochen. Die Strömung war zu stark und …«
»Helen!«, ruft mein Vater über die Schulter hinweg. »Komm, Süße«, sagt er dann zu mir und packt mich sanft am unverletzten Arm, um mir aus dem Auto zu helfen.
Meine Mutter kommt aus dem Haus gerannt. »Wo warst du?« Ihre Stimme klingt verzweifelt, ihre Haut wirkt grau im Schein der Lampe über der Haustür. Ihre Hände berühren mich, sie streicht mir das feuchte Haar zurück, inspiziert die Kratzer auf meiner Wange.
»Ich habe zu schwimmen versucht«, sage ich und erwidere den Blick ihrer müden Augen. »Ich weiß, dass ich mich dir gegenüber in letzter Zeit schrecklich benommen habe, und ich dachte, vielleicht könnte ich es damit wieder gutmachen.«
Meine Mutter hat sich immer gewünscht, ich würde schwimmen lernen, obwohl ich Angst vor dem Wasser habe. Nachdem mein Bruder nicht mehr da war, habe ich mir geschworen, es erst recht nie zu lernen. Aber ich hoffe, dass diese Lüge ihr hilft, sich besser zu fühlen.
»Tut mir leid«, füge ich hinzu und senke den Kopf.
»Oh Sloane«, sagt sie und umarmt mich. »Du darfst solche Sachen nicht machen! Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht, dass ich beinahe die Polizei benachrichtigt hätte, damit sie nach dir suchen.«
Ich versteife. »Hast du es getan?« Ich habe plötzlich entsetzliche Angst, dass sie die Nummer aus der Broschüre gewählt hat, die neben dem Telefon liegt. Dass meine eigene Mutter mich verraten hat.
»Nein«, antwortet sie. »Dein Vater sagte, du würdest zurückkommen. Dass du dich einfach nur … abreagierst.« Sie spricht das Wort aus, als wüsste sie nicht, was es bedeutet.
Ich schaue zu meinem Vater hin, aber er hält den Blick gesenkt. Ich frage mich unwillkürlich, ob er erraten hat, wo ich war.
»Es war ein Unfall«, schwindele ich meine Mutter an und versuche, so beruhigend wie möglich zu klingen. »Ich dachte, es wäre toll, wenn ich mir das Schwimmen beibrächte, dass ich James damit überraschen könnte, wenn er zurückkommt. Aber dann bin ich in die Strömung geraten. Beim nächsten Mal werde ich vorsichtiger sein.«
»Wir sollten mit deinem Arm in die Notaufnahme fahren«, sagt Vater.
Mutter sieht ihn an, als würde er planen, mich zu entführen.
»Ist schon in Ordnung«, sage ich zu ihr. »Ich weiß, wie sehr du Krankenhäuser verabscheust.« Ich lächele, versuche sie aufzumuntern. Oder vielleicht bin ich auch gerade dabei, die Fassade wieder aufzurichten. Sieh nur, Mom – ich bin gesund .
Mein schlechtes Gewissen nagt an mir, weil ich beim Essen so ausfallend geworden bin. Die Aussicht, dass James zurückkommen wird, gibt mir Kraft. Ich werde diese sechs Wochen überstehen. James wird wieder hier sein, wir werden wieder zusammen sein. Wir werden das »Programm« besiegen.
Meine Mutter nimmt mich erneut in die Arme, und ich zucke zusammen, weil mein Arm dabei schmerzt.
»Entschuldige«, sagt sie. »Ich bin einfach nur so glücklich, dass du okay bist. Ich … ich könnte es nicht ertragen, dich auch noch zu verlieren.«
Ihre Worte treffen
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