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Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
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Programm« stiehlt unsere Erinnerungen. Sie löschen unsere Gefühle, sodass wir wie ein unbeschriebenes Blatt Papier sind. Niemals verletzt wurden oder Liebeskummer hatten. Doch wer sind wir schon ohne unsere Vergangenheit?
    »James wäre lieber gestorben, als sich dem ›Programm‹ zu unterwerfen«, sage ich und greife nach meiner Gabel. »Und jetzt verstehe ich auch, warum.«
    Meine Mutter wirft ihre Serviette auf den Tisch. »Er wird Hilfe bekommen, Sloane. Nur darauf kommt es an, oder? Ich wünschte, wir hätten auch Brady rechtzeitig helfen können.«
    Ich schreie auf, die Wut in mir ist zu mächtig, brodelt einfach heraus. »Bist du wirklich so dumm?«, brülle ich sie an. »Glaubst du wirklich, Brady hätte gewollt, dass alle seine Erinnerungen ausgelöscht werden? Niemand will das, Mom. Niemand will ausgehöhlt sein. Sie bringen uns um!«
    »Nein!«, schreit sie zurück. »Ihr bringt euch selbst um. Sie retten euch.«
    »Indem sie mir alles nehmen, was mein Leben lebenswert macht?«
    »Sag mal, geht es hier wirklich nur um James? Liebes, ich bin sicher, wenn er zurückkommt, dann …«
    Ich werfe meine Gabel durch den Raum, klirrend prallt sie gegen die Wand. »Es geht nicht nur um James! Sie reißen Stücke aus meiner Seele. Erinnerungen an Brady. Ich werde meine Freunde nicht wiedererkennen. Ich werde mich nicht mehr daran erinnern können, warum ich so gern zum Fluss gehe … Weil mich nämlich James dort zum ersten Mal geküsst hat. Wusstet ihr das? Dort hat er mir zum ersten Mal gesagt, dass er mich liebt. Und nun werden sie ihm das wegnehmen, und er wird sich nicht mehr daran erinnern. Er wird nicht einmal mehr wissen, wer er überhaupt ist.«
    »Wenn es euch bestimmt ist, dann werdet ihr euch wiederfinden.«
    Na, wunderbar. »Ich hasse dich«, sage ich, und Tränen quellen aus meinen Augen.
    Ich habe das bereits einmal zu meiner Mutter gesagt, damals, nachdem mein Bruder gestorben war. Sie hat mir daraufhin gedroht, mich ins »Programm« zu schicken, und so habe ich diese Worte nie wieder ausgesprochen.
    Nun starre ich sie an, und all meine Gefühle fließen in einer schwarzen Spirale zusammen.
    »Ich nehme es zurück«, sage ich leise und lächele traurig. »Weil ich mich selbst nämlich noch viel mehr hasse.« Und dann springe ich auf und renne zur Garage, um mir den Wagen meiner Mutter zu nehmen. Ich muss fort von hier. Fort von ihr. Von allem.

12. Kapitel
    Ich fahre über Land, nehme die längere Strecke, wie James und ich es immer getan haben. Ich mache das Radio nicht an, stelle die voll aufgedrehte Heizung nicht ab. Stattdessen lasse ich den Schweiß über meinen Rücken rinnen. Es ist erstickend heiß hier drinnen, doch das interessiert mich nicht.
    Ich bremse, als ich bei jenem öden Streifen Farmland angelange, auf dem es nichts anderes als Kühe gibt. Nur sie und mich.
    Ich halte am Straßenrand an und blicke auf meine Hand. Auf den purpurfarbenen Ring, den James mir geschenkt hat. Es dauert nicht lange, dann bin ich vollkommen in Tränen aufgelöst und schreie, bis meine Stimme bricht. Ich hyperventiliere fast, als mich plötzlich dieser Gedanke packt. So klar und einleuchtend, dass ich ihm nicht widerstehen kann. Er beruhigt mich, nimmt den Schmerz von mir. Bringt mir Frieden.
    Ich wische mir unbewusst übers Gesicht, setze mich aufrecht hin und lege den Gang ein.
    Ich weiß, was ich tun werde. Was James getan hätte, wenn ich ihn gelassen hätte. Ich werde es niemals schaffen, meine Verzweiflung zu verbergen, und deshalb werden sie mich holen kommen. Vielleicht sind sie sogar schon unterwegs. Sie werden mich mitnehmen, mein Denken verändern, meine Erinnerungen an James, an Miller und vielleicht sogar an Brady auslöschen. Sie werden mir alles nehmen, was mich ausmacht, und dann werden sie mich »gesäubert« zurückschicken. Leer.
    Ich lächele beinahe, als ich den Wagen wieder auf die Straße lenke, und fahre viel zu schnell. Mir ist egal, ob ich einen Unfall baue. Fast hoffe ich es. Aber wenn nicht, dann ist es auch okay.
    Weil ich nämlich zum Fluss fahre. Um ein bisschen zu schwimmen.
    Ich fahre nicht zu unserem üblichen Platz. Ich fahre dorthin, wo mein Bruder gestorben ist. Dann stehe ich am Rand des Steilhangs, blicke nach unten auf das tosende Wasser. Es ist kurz nach fünf, die Sonne steht über mir, und ich trage immer noch meine ganz normalen Sachen. Fast wünschte ich, ich hätte etwas angezogen, was mir mehr bedeutet, einen von James’ alten Sweatern vielleicht oder

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