Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht
in paar Wochen, eine Panikattacke und einen Besuch bei meiner Therapeutin später kämpfte ich erneut mit meinem Manuskript. Für gewöhnlich tauchte ich sofort in das Land der Phantasie ein, wenn ich mich mit meinem Buch beschäftigte, egal ob ich am Laptop saß oder nicht. Jetzt musste ich mich zwingen, meine Vorstellungskraft anzukurbeln. Und das funktionierte nicht.
Da ich mit dem Buch nicht vorankam und mir ständig den Kopf darüber zerbrach, ob ich mich als Schriftstellerin würde durchsetzen können – und darüber, was ich tun sollte, wenn mir das nicht gelang –, tat ich, was ich am besten konnte: alles unter meinen Stahlpanzer schieben, damit ich nicht mehr daran denken musste, und mich auf etwas anderes konzentrieren.
Da das Edinburgh Festival näher rückte, übernahm ich Zusatzschichten in der Bar und verbrachte Zeit mit Ellie, wann immer sie darum bat. Bei meinem letzten Besuch hatte meine Therapeutin mich ermutigt, noch einmal an einem Familiendinner teilzunehmen, das ich dann auch ohne Panikattacke hinter mich brachte – ein Erfolgserlebnis! Ich ging oft ins Fitnessstudio, wich aber den einladenden Blicken von Gavin, dem Personal Trainer, geflissentlich aus.
Zu Ellies Erleichterung verschwand Vicky so schnell aus Bradens Leben, wie sie hineingetreten war. Was ich nicht gewusst hätte, hätte Ellie es mir nicht erzählt, denn ich hatte Braden seit jenem Morgen auf der Princes Street nicht mehr gesehen. Seine Arbeit hielt ihn auf Trab – irgendetwas lief bei einem seiner Projekte schief –, und er plante zum Ende des Festivals ein Großevent in seinem Nachtclub Fire . Dabei fand ich heraus, dass Adam Bradens Architekt war und demzufolge ebenfalls nie Zeit hatte, wenn Braden keine hatte. Die wenigen Male, wo wir uns alle treffen wollten – einmal, um die Show eines Comedian zu sehen, einmal nur auf ein paar Drinks und das letzte Mal zum Familiendinner –, hatte Braden abgesagt und mir so bewiesen, dass ich mich geirrt hatte: Er arbeitete tatsächlich für sein Geld.
Ich begann, seine Abwesenheit als Vorteil zu werten. Ich fühlte mich entspannter, als das seit Wochen der Fall gewesen war, und Ellie und ich freundeten uns noch enger an. Sie gestand mir eines Tages auch das ganze Fiasko mit Adam …
Da sie schon als kleines Mädchen in Adam verliebt war, hatte Ellie, nachdem er das Arschloch verdroschen hatte, das ihr Informationen über Braden hatte entlocken wollen, endlich den Mut aufgebracht, die Initiative zu ergreifen. Sie ging zu seinem Apartment und warf sich ihm gewissermaßen an den Hals. Und da Adam ein Mann und Ellie sehr hübsch war, nahm er das Angebot an. Allerdings nur, bis sie fast nackt rücklings unter ihm lag. Da machte Adam einen Rückzieher und erklärte ihr, das könne er Braden und ihr nicht antun, und Braden würde ihm das nie verzeihen und er es sich selbst auch nicht. Ellie war klargeworden, dass er nur an einen One-Night-Stand gedacht hatte, und sie war gegangen, um mit einem gebrochenen Herzen und einem angeknacksten Ego in aller Stille ihre Wunden zu lecken.
Ich hätte nie gedacht, dass so etwas zwischen ihnen stehen könnte. In seiner Gegenwart gab sich Ellie stets betont cool. Sie sagte, sie hatte nicht gewollt, dass sich etwas zwischen ihnen änderte, und tat ihr Bestes, sich dementsprechend zu verhalten. Ich hatte es selbst gesehen; sie gab sich wirklich alle Mühe. Aber manchmal trat doch ein weicher, nach mehr verlangender Ausdruck in ihre Augen, wenn sie ihn ansah. Und wenn ich es recht bedachte, fand sich derselbe Ausdruck auch in Adams Augen, wenn er sie ansah. Aber ich konnte nicht ergründen, ob er sie nur ins Bett bekommen wollte oder ob seine Gefühle tiefer gingen. Es fiel mir schwer, meine Neugier zu zügeln, aber ich wusste, dass mich das Ganze nichts anging, also hielt ich mich heraus.
Nachdem sie mir alles erzählt hatte, hatte Ellie erneut versucht, mit mir über meine Familie und meine Vergangenheit zu sprechen.
Ich hatte abgeblockt.
Dr. Pritchard hatte gesagt, es würde seine Zeit brauchen. Im Moment konnte ich mich noch nicht öffnen, und egal was die Ärztin meinte, ich war mir trotzdem nicht sicher, ob mir das überhaupt je gelingen würde.
»Wieder eine Schreibblockade?«
Ich fuhr auf meinem Stuhl herum und sah Ellie im Türrahmen stehen und mit einem DIN -A 4-Umschlag wedeln.
Ich schnitt eine Grimasse und klappte den Laptop zu. »Ich sollte mir das auf ein T-Shirt drucken lassen.«
»Sie geht auch wieder vorüber.«
Meine Antwort
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