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Dubliner (German Edition)

Dubliner (German Edition)

Titel: Dubliner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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aus diesem Kontor! Sie fliegen raus, das verspreche ich Ihnen, oder Sie entschuldigen sich!
    *
    Er stand in einem Hauseingang gegenüber dem Kontor und wartete, ob der Kassierer allein herauskäme. Alle Angestellten kamen heraus, und schließlich erschien auch der Kassierer in Begleitung des Büroleiters. Es war zwecklos, ihn anzusprechen, wenn der Büroleiter bei ihm war. Seine Stellung war schon schlecht genug, dachte der Mann. Er war gezwungen gewesen, Mr Alleyne für seine Unverschämtheitunterwürfig um Verzeihung zu bitten, aber er wusste, dass das Kontor in Zukunft für ihn ein Hornissennest sein würde. Er konnte sich noch an die Art und Weise erinnern, wie Mr Alleyne den kleinen Peake hinausgeekelt hatte, um dessen Stelle für seinen eigenen Neffen frei zu machen. Er war erfüllt von Feindseligkeit und Durst und Rachgier, wütend auf sich selbst und auf alle Welt. Mr Alleyne würde ihn keine Sekunde lang mehr in Ruhe lassen; sein Leben würde die Hölle sein. Diesmal hatte er sich wirklich in die Nesseln gesetzt. Warum konnte er nur nicht seinen Mund halten? Aber sie hatten von Anfang an auf Kriegsfuß gestanden, er und Mr Alleyne, seit dem Tag, als Mr Alleyne zufällig hörte, wie er dessen nordirische Aussprache nachäffte, um Higgins und Miss Parker zum Lachen zu bringen. Damit hatte alles angefangen. Er hätte Higgins um etwas Geld bitten können, aber Higgins hatte ja selber nichts. Ein Mann, der für zwei Haushalte aufkommen muss, der konnte natürlich nicht ...
    Er spürte, wie sein massiger Körper sich wieder nach den Tröstungen einer Kneipe sehnte. Der Nebel ließ ihn jetzt frösteln, und er überlegte, ob er Pat in O’Neill’s Bierstube anpumpen könnte. Um mehr als einen Shilling * konnte er ihn aber nicht anpumpen – und was war schon ein Shilling. Irgendwoher musste er aber Geld bekommen: Er hatte seinen letzten Penny für das Glas Porter ausgegeben, und bald würde es zu spät sein, noch irgendwo Geld aufzutreiben. Als er an seiner Uhrkette fingerte, fiel ihm auf einmal Terry Kellys Pfandleihe in der Fleet Street ein. Das war die Lösung! Warum war er nicht früher darauf gekommen?
    Während er mit schnellen Schritten durch die enge Gasse von Temple Bar ging, murmelte er vor sich hin, dass sie alle zur Hölle fahren könnten: Er werde sich einen schönen Abend machen. Der Angestellte bei Terry Kelly sagte Fünf Shilling! , aber der Pfandgeber bestand auf sechs, undam Ende zählte man ihm die Shilling exakt hin. Vergnügt verließ er die Pfandleihe und machte mit den Münzen zwischen Daumen und Fingern eine kleine Geldrolle. Auf dem Bürgersteig in der Westmoreland Street drängten sich junge Männer und Frauen, die von der Arbeit kamen, und zerlumpte Gassenjungen, die die Namen der Abendzeitungen ausriefen. Der Mann schritt durch die Menge, wobei er sich das allgemeine Schauspiel stolz und selbstzufrieden ansah und die Büromädchen mit gebieterischem Blick beäugte. Sein Kopf war erfüllt vom Klingeln der Straßenbahnen und dem Zischen ihrer Oberleitungen, und seine Nase nahm bereits die sich kräuselnden Dämpfe von Punsch wahr. Während er so dahinging, legte er sich zurecht, wie er den Jungs von dem Vorfall erzählen würde:
    – Also, ich seh ihn nur an – seelenruhig, versteht ihr, und dann seh ich sie an. Dann wieder ihn – und ich lass mir viel Zeit, versteht ihr. Ich finde es unfair, dass Sie mich das fragen , sag ich.
    Nosey Flynn saß in seiner Stammecke bei Davy Byrne’s, und als er die Geschichte hörte, gab er Farrington einen kleinen Whisky aus und sagte, das sei das Beste, was er je gehört habe. Dann gab auch Farrington einen aus. Nach einer Weile trafen O’Halloran und Paddy Leonard ein und bekamen die Geschichte noch einmal erzählt. O’Halloran gab eine Runde heißen Whisky aus und erzählte die Geschichte von der Antwort, die er dem Bürovorsteher gegeben hatte, als er noch bei Callan’s in der Fownes’s Street war; aber es war eine Replik in der Art der freisinnigen Schäfer in den Eklogen * , und er musste zugeben, dass sie nicht so pfiffig war wie Farringtons Replik. Daraufhin sagte Farrington, die Jungs sollten austrinken, er spendiere noch einen.
    Gerade gaben sie alle ihre Bestellungen auf, wer kam da herein? Higgins! Natürlich musste er sich zu den andern stellen. Die Männer wollten nun seine Version hören, die erihnen auch darbot, und zwar mit viel Schwung, denn der Anblick von fünf Gläsern heißem Whisky wirkte sehr anregend. Alle mussten lauthals

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