Duddits - Dreamcatcher
gegen ein A-Klasse-Team aus Süd-Maine angetreten ist, und diese Idioten …«
»Scheiß auf die Tigers«, mischt sich Pete ein. Er interessiert sich durchaus mehr für Highschool-Football als für das gefürchtete x, aber so groß ist der Unterschied nun auch wieder nicht. Außerdem weiß er jetzt, wer das Mädchen ist, erinnert sich an das Zeitungsfoto, auf dem sie neben dem Quarterback der Tigers auf der mit Blumen geschmückten Ladefläche eines Holzlasters steht, beide mit einer Krone aus Alufolie auf dem Kopf, und lächelnd der Menge zuwinkt. Dem Mädchen fiel das Haar in wuscheligen Farrah-Fawcett-Wellen ums Gesicht, und ihr Kleid war trägerlos und ließ tief blicken.
Zum ersten Mal im Leben empfindet Pete richtige Wollust – es ist ein üppiges, rotes, pochendes Gefühl, und er bekommt einen Steifen davon und einen trockenen Mund, und es macht das Denken schwer. Mösen sind an sich schon interessant; aber der Gedanke, eine Möse hier aus der Stadt zu sehen, die Möse einer Homecoming Queen … das ist mehr als nur aufregend. Das muss man, wie die Kritikerin der Derry News manchmal über einen Film sagt, der ihr besonders gefallen hat, das muss man einfach gesehen haben.
»Wo?«, fragt er Jonesy atemlos. Er stellt sich vor, wie er dieses Mädchen sieht, diese Tina Jean Schlossinger, wie sie an der Ecke auf den Schulbus wartet, einfach nur mit ihren Freundinnen dasteht und rumgackert und nicht die leiseste Ahnung hat, dass der Junge, der da vorbeikommt, gesehen hat, was sie unter dem Rock oder unter den Jeans hat, und weiß, ob ihr Muschihaar die gleiche Farbe hat wie das auf ihrem Kopf. Mit einem Mal ist Pete Feuer und Flamme. »Wo ist es?«
»Da«, sagt Jonesy und zeigt auf das alte Ziegelsteingebäude, das ehemalige Lagerhaus der Gebrüder Tracker. An den Mauern rankt Efeu empor, aber es ist ein kalter Herbst, und die meisten Blätter sind schon abgestorben und schwarz. Einige Fenster sind eingeschlagen, die übrigen schmutzig. Es fröstelt Pete ein bisschen, als er das Gebäude betrachtet. Zum einen, weil die Großen, die Highschool-Jungs und die noch älteren, auf der Freifläche dahinter immer Baseball spielen und die Großen die Kleinen gern verkloppen, warum, wusste keiner, es war wohl mal ’ne Abwechslung oder so. Aber das ist eigentlich kein Thema mehr, denn mit Baseball ist es für dieses Jahr vorbei, und die Großen sind wahrscheinlich längst in den Strawford Park weitergezogen, wo sie Touch-Football spielen werden, bis der erste Schnee fällt. (Und sobald der erste Schnee fällt, werden sie sich beim Eishockey mit ihren alten, immer wieder geflickten Schlägern gegenseitig die Köpfe einhauen.) Nein, das Problem besteht eher darin, dass in Derry manchmal Kinder verschwinden, das ist in Derry so, und wenn sie verschwinden, werden sie zuletzt meist an abgelegenen Orten gesehen, wie etwa dem leer stehenden ehemaligen Lagerhaus der Gebrüder Tracker. Niemand spricht über diese unangenehme Tatsache, aber alle wissen davon.
Aber eine Möse … nicht irgendeine fiktive Penthouse- Möse, sondern die reale Muschi eines Mädchens aus dieser Stadt … das wäre doch was, das man sich ansehen muss. Das wäre echt eine Mordsgeschichte.
»Gebrüder Tracker?«, fragt Henry fassungslos. Sie sind jetzt stehen geblieben, stehen nicht weit von dem Gebäude entfernt, während auf der anderen Straßenseite die letzten Behindis faselnd und glotzend vorbeigehen. »Ich halte große Stücke auf dich, Jonesy, versteh mich bitte nicht falsch – wirklich große Stücke –, aber wieso sollte da drin ein Foto von Tina Jeans Möse sein?«
»Keine Ahnung«, sagt Jonesy. »Aber Davey Trask hat es gesehen und gesagt, sie wäre das.«
»Ich weiß nicht, ob wir da reingehen sollten, Leute«, sagt Biber. »Ich meine, ich würde natürlich liebend gern mal die Möse von Tina Jean Slophanger …«
»Schlossinger …«
»… aber der Laden hier ist stillgelegt worden, da waren wir noch in der fünften Klasse oder so …«
»Biber …«
»… und da wimmelt es bestimmt von Ratten.«
»Biber …«
Aber Biber besteht darauf auszureden. »Und Ratten kriegen Tollwut«, sagt er. »Die kriegen alle Tollwut.«
»Wir müssen da nicht reingehen«, sagt Jonesy, und da schauen ihn die drei mit wiedererwecktem Interesse an. Ja, dann sieht die Sache natürlich gleich ganz anders aus.
Jonesy merkt, dass er ihre volle Aufmerksamkeit genießt. Er nickt und fährt fort: »Davey sagt, wir müssen nur bei der Auffahrt rumgehen und in
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