Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
das hintere Ende eines Metallkeils herabsausen ließ. Der Keil fraß sich in den matten Stein eines sandbraunen Blocks und schälte die Umrisse einer Figur daraus hervor. Der Rumpf war ungleichmäßig, die Arme verschieden hoch angesetzt und der Kopf ein formloser Klumpen auf einem zu dünnen Hals. Erst jetzt erkannte ich, dass es sich um eine Kopie jenes Davids handeln sollte, von dem auch in Pratinis Werkstatt Übungskopien angefertigt wurden. Der Stein war absolut ungeeignet für alles, außer viereckig behauen und in eine Stadtmauer gesetzt zu werden; aber die Jämmerlichkeit der werdenden Statue lag nicht allein daran. Ich hatte meinen Verfolger geschickt selbst verfolgt, und anstatt dass er mich zu seinem Auftraggeber gebracht hätte, hatte er mich zu seinem elenden Zuhause geführt. Die Steinsplitter flogen, die Frau schimpfte, die Kinder greinten; und den Händen des Bildhauers fehlte jegliches Talent.
Anders als die Angestellten in Noris Bank machte der Mann, der mich in Pratinis Bankhaus in Empfang nahm, einen eher wachsamen als dienstfertigen Eindruck. Ich zog eine hochmütige Miene und redete so lange Lateinisch auf ihn ein, bis er die Hände in die Luft warf und auf die Suche nach jemandem ging, der mich verstand. Ein älterer Mann, der an einem erhöhten Schreibpult im Hintergrund des Raumes arbeitete, trat schließlich vor mich hin und fragte mich, was er für mich tun könne.
»Ich bin Meister Pietro Bernardi aus Rom«, sagte ich herablassend. »Ich bin der persönliche Schatzmeister Seiner Exzellenz, Kardinal Riario. Es gibt ein Problem mit Eurer Bank.«
Seine Miene wurde kühl, als er hörte, woher ich zu kommen vorgab. »Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber ich werde Euch gerne helfen. Worum geht es?«
»Kardinal Riario wurde eine Summe Geldes angekündigt, die von Eurer Bank an das Haus Pazzi in Rom transferiert werden sollte. Dieses Geld ist nicht eingetroffen.«
Pratinis Bankier überlegte einen Moment, dann sagte er mit beinahe derselben Herablassung wie ich: »Dann muss das Problem am Bankhaus Pazzi liegen, da sein Leiter die Ehre hat, hier in Florenz am Palazzo della Signoria zu baumeln.« Wie es schien, war ein Florentiner nicht geneigt, sich von einem römischen Angestellten eines römischen Kardinals beeindrucken zu lassen, und schon gar nicht zu dieser Zeit. Ich blieb dennoch bei meiner Rolle.
»Ich möchte die Transaktion nachprüfen, und zwar schnell.«
Der Bankier schluckte meinen Rüffel mühsam hinunter, zuckte mit den Schultern und führte mich wie sein Kollege in Noris Bank zu einem leeren Schreibpult, bevor er durch eine weitere, mit schweren Eisenbändern beschlagene Tür verschwand. Ich wusste, dass er nichts finden würde. Ich setzte ein ungeduldiges Gesicht auf und trommelte mit der flachen Hand auf dem Schreibpult herum, bis mir von überall im Raum zornige Blicke zugeschossen wurden.
Pratinis Bankier suchte eine ganze Weile und kam dann wieder zum Vorschein. Er wirkte irritiert. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, strebte er schnellen Schrittes durch das Bankkontor und schlüpfte in eine andere Tür.
»Was soll das?«, rief ich in den Raum. »Wo hat er meine Unterlagen?« Ich erwartete keine Antwort und bekam auch keine.
Zuletzt tauchte der Mann mit einem vor Nässe aufgequollenen Stück Pergament in den Händen wieder auf. Er hatte zwischenzeitlich bedeutend an Luft verloren und in seiner Erregung auch die Fähigkeit, klar und langsam Latein zu sprechen. Ich verstand auch so, dass er die Dokumente nicht finden konnte, und der aufgeweichte Fetzen in seinen Händen war die bildliche Darstellung dessen, was ich von Beatrice gehört hatte. Ich ließ ein ungläubiges Lachen hören. Es traf ihn in der Ehre; scheinbar war er wirklich der Überzeugung, die Dokumente seien einer Überflutung des Kellers zum Opfer gefallen.
»Ihr könnt jederzeit mit dem Leiter dieser Bank sprechen, wenn Ihr wünscht«, erklärte er resigniert.
»Ich bitte freundlichst darum.«
Der Bankangestellte trat einen neuerlichen Gang durch die zweite Tür an und blieb dort einige Zeit. Ich fixierte die Tür und hoffte, dass mich meine Erinnerung nicht trog und der Leiter von Pratinis Bank wirklich der war, den ich vermutete. Als sie sich wieder öffnete, trat Rudolf Gutswalter hindurch und sah sich suchend um. Der Bankangestellte folgte ihm auf dem Fuß und deutete quer durch den Raum auf mich. Gutswalter riss die Augen auf, dann begann er zu grinsen. Er schickte den Angestellten
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