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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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winkte ihrer Zofe und den Pferdeknechten aufzuschließen. Julia, die Jana seit ihrer Abreise aus Ulm begleitete, machte ein ängstliches Gesicht. Tredittore hatte ihr eine Weile lang geschildert, welches Schicksal die hingerichtete Sklavin erlitten hatte, während Prato hinter uns zwischen den Hügeln verschwunden war. Ich hatte die Wortfetzen seiner Erzählung gehört: »Sie saß im Karren, die Hände vor dem Schoß gefesselt, den Oberkörper entblößt, während die Menge grölte.« Jana hatte die Augen verdreht. Die Henkersknechte hatten glühende Zangen betätigt, mit denen sie die Verurteilte im Rücken und in die Brüste zwickten. Stepan Tredittore reicherte seine Schilderung mit allen verfügbaren Details an.
    »Vielleicht eine Abteilung Landsknechte«, sagte ich und sah mich nach möglicher Unterstützung um. Zwei Krüppel mit schmutzigen Fetzen am Leib drängten sich an uns vorbei, Krücken fleißig schwingend und ein- bis dreibeinig vorwärtshüpfend, auf die Staubwolke zu. Sie ignorierten uns vollkommen. Voraus lag bessere Beute.
    »Und jene dort wollen bei ihnen anheuern«, erklärte Jana sarkastisch.
    »Also gut, keine Landsknechte. Ein reicher Mann mit bewaffneter Begleitung.«
    »Oder ein fetter Kardinal.«
    Wir waren unwillkürlich langsamer geworden; jetzt legten wir wieder an Tempo zu. Die Gruppe vor uns bewegte sich gemächlich; ihre Nachhut bestand aus bunt gekleideten Bewaffneten mit langen Spießen und Armbrüsten, allesamt erstaunlich gut genährt für Landsknechte und allmählich unter der Glocke herabsinkenden Straßenstaubs verschwindend. Sie marschierten zu Fuß und husteten unzufrieden. Dennoch machten sie uns bereitwillig Platz. Es musste sich um einen Teil der Privatarmee eines Fürsten handeln, egal, ob kirchlicher oder weltlicher Art; jedenfalls waren sie zu diszipliniert und zu gut gerüstet für eine Söldnerkompanie. Sie schienen eine ebenso große Truppe Bediensteter vor sich herzutreiben, die auf Packkarren und Eseln Ballen, Körbe und tragbares Mobiliar mit sich führten. Der berittene Bestandteil des Kontingents befand sich an der Spitze der Staubwolke, etwa ein Dutzend junger Männer in vornehmen Gewändern, die sich um einen im strahlend roten Kardinalsornat prunkenden Jüngling gruppiert hatten. Auf mehreren Fäusten schaukelten Falken, die Köpfe in ihren albernen Lederhauben hin und her drehend. Ihnen voran ritten wiederum drei Bewaffnete mit Helmen und Brustpanzern, von denen zwei die Wimpel in die Höhe reckten, die Tredittore gesehen hatte. Ich spähte zu ihnen hinauf: Sie trugen ein Wappen mit sechs roten Bällen auf goldenem Grund. Die schwatzende Gruppe der jungen Männer drehte sich zu uns um, als wir sie zu überholen versuchten, und einer fragte uns, wer wir seien. Tredittore antwortete ihm flüssig, noch während ich an einer Erwiderung formulierte.
    »Das ist Kardinal Raffaelle Riario«, erklärte Tredittore. Er wies mit dem Kinn auf den jungen Mann in der Mitte, der gemessen zurücknickte und Jana unter der breiten Krempe seines Kardinalshutes hervor musterte. Der Stoff des Hutes schillerte im Sonnenlicht in allen Farbnuancen erlesenster Seide. »Er bietet uns an, sich ihm und seiner Gruppe anzuschließen und den Schutz seiner bewaffneten Truppe zu genießen.«
    »Sagt ihm, wir danken ihm und das Übliche, aber wir reisen allein weiter«, entgegnete ich.
    »Ich möchte Euch nur darauf aufmerksam machen, dass der junge Mann, wenn es sich wirklich um Raffaelle Riario handelt, der Großneffe von Papst Sixtus ist«, sagte er mit gespielter Unterwürfigkeit. »Ich meine, es könnte für Eure Geschäfte von Vorteil sein, einen solchen Mann näher zu kennen.«
    »Es sind nicht meine, sondern Janas Geschäfte. Und ich muss mich wundern, wie gut Ihr Bescheid wisst. Ich dachte, Eure Informationen erschöpften sich darin, wie man in Prato eine halb nackte Sklavin zu Tode bringt.«
    »Was ich weiß, habe ich von Prateser Bürgern erfahren oder von Messer Maurizio«, erwiderte er bescheiden.
    »Was ist los?«, fragte Jana ungeduldig.
    »Der bartlose Jüngling da in der Mitte ist einer von Papst Sixtus’ Simoniekardinälen. Er bietet uns seine Begleitung an.«
    Jana sah Stepan Tredittore an. »Ihr habt gesagt, er sei mit dem Papst verwandt?«
    »Das habe ich gehört, als ich wie ein guter Geschäftsmann Erkundigungen einzog. Während Ihr schlieft.«
    Ich unterdrückte den Impuls, ihn aus dem Sattel zu werfen. Wenn Jana das Wohlwollen des jungen Kardinals erringen wollte, und

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