Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
Übernachtung im Freien… Und das, obwohl ich mich eigentlich auf Einladung von Jacopo de’ Pazzi in Florenz aufhalte. Am Sonntag werde ich das Hochamt im Dom abhalten. Ser Lorenzo hat es mir angeboten. Der Domkapitular war nicht sehr erfreut darüber. Ich habe ihm gesagt, er dürfe die Wandlung selbst abhalten. Bin ich nicht großzügig?«
    »Überaus, Exzellenz.«
    »Ja, was wollte ich sagen? Wir sollten weiterziehen. Ursprünglich wollten wir in der tristen Ansammlung von Höfen dort vorn eine Rast einlegen – Sesto oder Sestro oder so ähnlich, wenn ich richtig verstanden habe. Aber wir haben vor einer Weile eine Abteilung Landsknechte fernab von der Straße gesehen, ohne erkennen zu können, wohin sie gehörten. Condottiere Montesecco hat mir zwar versichert, dass wir uns ihretwegen keine Sorgen zu machen brauchen, doch solches Pack sehe ich mir lieber an, wenn ich aus einer befestigten Stadt auf sie hinunterschauen kann.« Er schnippte mit den Fingern zu einem der Höflinge, während die Vorhut sich ordnete und ich das Gefühl hatte, dass der junge Kardinal nicht ganz so töricht war, wie es den Anschein hatte. »Und gebt den armen Teufeln neben dem Weg Almosen. Was wir ihnen geben, geben wir dem Herrn.«
     
    Florenz zeigte sich allmählich; die Stadt kündigte sich gewissermaßen an, und sie konnte es sich leisten, denn ihrer endlich in vollem Umfang ansichtig zu werden, war noch imposant genug -auch wenn man beim Näherkommen schon ein Dutzend Blicke auf Ausschnitte des Stadtbildes hatte werfen können. Die Straße stieg aus der Höhe der Hügelflanken herab, ins Tal des Arno. Die Höfe verdichteten sich, wurden zu Weilern und zu kleinen Dörfern, kaum voneinander unterscheidbar im Weichbild der Stadt, und schließlich zu den Siedlungen der Pfahlbürger, der Handwerker und Arbeiter und derjenigen, denen die signoria nicht erlaubt hatte, in der Stadt zu wohnen. Im gleichen Maß wichen die dichten Bäume vom Straßenrand zurück, Wäldchen wurden zu Bauminseln, bis die geraden Reihen der schlanken Pinien übrig blieben, unübersehbar prominent die Zufahrten zu den Häusern selbstbewusster Landbesitzer säumend. Der Arno war ein träges schlammiges Band, lehmbraun in der sattgrünen Landschaft, matt schimmernd im silbrigen Dunst. Seine Oberfläche voller Leben: schlanke Boote, plumpe rechteckige Zillen, ein paar Flöße, die langsam in Richtung Meer trieben. Die Ufer waren eine lange Strecke vor der Stadt bereits baumlos. Inmitten der mächtigsten Stümpfe, die herauszuheben die Holzfäller weder Kraft noch Lust verspürt hatten, erhoben sich Fischerhütten. Ihre Bewohner wateten in Ufernähe im Fluss umher, teils bis zum Bauch im kalten Wasser, Netze auswerfend und wieder zu sich heranziehend. Hinter ihnen, eingezwängt zwischen einem kanalisierten Rinnsal und einer Flanke der Stadtmauern, lag eine kahle Fläche, über der Raben und andere Aasvögel zu Hunderten flatterten: ein Schindanger, der nur deshalb nicht zur Straße herüberstank, weil der Wind günstig stand.
    Schließlich erreichten wir eine bewegliche Brücke, die über einen Kanal direkt vor der Stadtmauer in den Turm eines Tors führte – aber da erhob sich Florenz bereits gewaltig vor uns, ein pompöses Kleinod, das von einer nicht minder pompösen Stadtmauer eingefasst wurde. Wir näherten uns aus Nordwesten. Das Licht der Nachmittagssonne modellierte die strahlend weißen Rippen in der Domkuppel heraus, stanzte die kühne Laterne auf ihrer Spitze aus dem blauen Himmel und den wuchtigen campanile mit seinen geometrischen Mustern aus weißem und grünem Marmor. Von weiteren Gebäuden ragten nur die Dächer über die Mauerkrone heraus, eine stachelige Silhouette aus spitzen und gedrungenen Kirch- und Wohntürmen, eingefasst von der mehr als drei Mannslängen hohen Mauer und ihren Dutzenden von Türmen, die noch fünfmal höher in den Himmel ragten.
    »Wir müssen warten, bis wir zur Porta al Prato hinein dürfen«, knurrte Kardinal Riario. »Die Zollstelle auf dem Ponte alle Mosse hält den Verkehr auf.«
    Vor der Brücke drängelte sich eine Menschenmenge; im wesentlichen die zerschlissenen Gestalten von Arbeitern, Fischern und fahrenden Händlern. Die bunteren Gestalten der wohlhabenderen Reisenden leuchteten daraus hervor und da und dort hochgehaltene Wimpel und Lanzenspitzen. Ich wandte mich zu Jana um, die nachdenklich die zinnenbewehrte Mauerkrone musterte und beeindruckt schien von der Größe der Stadt. Stepan Tredittore zog ein

Weitere Kostenlose Bücher