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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Bestechungssumme seine Bemühungen vielleicht unterlaufen können, und er kannte Janas Geschicklichkeit, Geld in die richtigen Hände gleiten zu lassen.
    Was war mit Stepan Tredittore? Ich wusste nicht, ob der Neid von Janas Vettern groß genug war, um ihren Tod in Kauf zu nehmen, doch Tredittore konnte die Dinge selbst in die Hand genommen und beschlossen haben, nicht abzuwarten, bis Jana mit einem schlechten Geschäft auf die Nase fiel. Die Mittel dazu besaß er; er hatte den meisten Umgang mit Janas Schriftstücken, und er hatte die Briefe zugestellt. Warum nicht einen weiteren, diesmal selbst geschriebenen mit dazupacken und direkt an die signoria ausliefern? Er war der Typ dazu: hinterhältig und niemals direkt und ohne Skrupel. Außerdem besaß er ein Siegel des Hauses Dlugosz und eine Menge Erfahrung mit ihrer Handschrift. Doch es war nicht nur einer, sondern zwei Briefe, die er hätte austauschen müssen, und ich fragte mich, ob er am Ostersamstag bereits vom Aufstand hatte wissen können. Nicht einmal die Florentiner Patrizier hatten davon gewusst, das bewies ihre zahlreiche Anwesenheit im Dom. Allerdings besaß er gute Sprachkenntnisse und ein offenes Ohr für alles, was um ihn herum geflüstert wurde.
    Was war mit Kardinal Riario? Zweifellos war er in den Aufstand verwickelt. Hatte er ihn mitfinanziert? Der Jüngling selbst schien mir zu hirnlos, umso weit zu denken, unter den Höflingen und Speichelleckern in seiner Begleitung mochte jedoch auch ein klarsichtiger Berater sein, der Jana mit wachen Augen beobachtet hatte und dem Kardinal ans Herz legte, sie als Strohmann zu benutzen. Eine Frau, die sündigerweise allein Geschäfte machen will, Eure Exzellenz, und sich ohne Wissen oder Zustimmung der Behörden in der Stadt aufhält; keine Zunft, die die Hand über sie hält, und keine Freunde in der Stadt, die für sie bürgen. Niemand wird ihr zuhören, niemand wird ihr glauben, und niemand wird sie retten, Exzellenz. Amen.
    Abgesehen davon, dass in diesem Fall auch Riarios geheimnisvoller Berater damit gerechnet haben müsste, dass der Aufstand fehlschlagen würde; und wenn er so brillant war, wie ich ihm zubilligte, dann hätte er seinem Herrn strengstens geraten, nicht in Florenz aufzutreten oder Geld in Pazzis und Salviatis unseliges Unternehmen zu stecken.
    Ein Gedanke kam mir mit ernüchternder Klarheit: Ich musste erst beweisen, dass das Schreiben gefälscht war, bevor ich mich auf die Suche nach dem Täter machen konnte. Und ich musste es den Behörden beweisen, nicht nur mir selbst.
    Ich setzte mich in Marsch, um Kleinschmidt nach jemandem zu befragen, der mit Fälschungen Bescheid wusste, bis mir einfiel, dass ich selbst einen solchen Mann kannte. Lapo Rucellai, den leider nicht mit Bernardo Rucellai verwandten Spezialisten. Ich sah mich um und winkte einem einfach gekleideten Mann, der mit verkniffenem Gesicht über den Platz schlich.
    »Corso dei Tintori?«, rief ich. »Dov’è?«
    Das Tuchfärberviertel lag südöstlich des Palazzo della Signoria; ziemlich genau südlich des Gefängnisses und des Fondaco dei Tedeschi, wenn auch durch etliche Gassen davon getrennt. Der spitze Turm einer Kirche erhob sich in Richtung Norden hinter den Hausdächern. Ich hatte diesen Turm auch vom Fondaco aus gesehen, allerdings in Richtung Süden. Langsam begann ich, mich in Florenz zurechtzufinden. Ich hatte noch dreimal gefragt, wobei mir einmal statt einer Antwort nur ein furchtsamer Blick zuteil geworden war. Die anderen beiden Männer hatten mit verschlossenen Mienen in die Richtung gedeutet, in die ich schließlich gelaufen war. Die Furcht lag noch immer so drückend über Florenz wie der bleifarbene Himmel; oder es war mein Ziel gewesen, das ihre Gesichter verhärtet hatte.
    Die Gasse schlängelte sich hinter dem Palazzo della Signoria zwischen alten, abblätternden Mauern hindurch und wurde finsterer, je weiter ich mich vom Palazzo entfernte. In den Fundamenten der Häuser sah ich verschmutzte Granit- und Marmorblöcke statt des allgegenwärtigen sandfarbenen Steins. Florenz musste hier sehr alt sein, und die Blöcke stammten wahrscheinlich von einem alten römischen Tempel oder Theater statt aus einem der teuren Steinbrüche, aus denen sich die reichen Patrizier bedient hatten. Der Zugang ins Tuchfärberviertel schließlich erfolgte deutlich erkennbar durch einen früheren Mauerring, den die Vergrößerung der Stadt zerstört hatte. Dennoch war das Gefühl deutlich, dass man aus einem Bereich in einen

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