Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
schrecklich, was passiert ist?«, fragte er und betrachtete mich lauernd.
    Ich beschloss, mich auf nichts einzulassen. »Ja.«
    »Und schon braut sich ein Unwetter zusammen. Glaubt Ihr, dass Gott zornig ist?«
    »Ich brauche Euren Rat.«
    »Dann kommt herein.«
    Er wies mit einer gedrechselten Armbewegung auf den Eingang zu seiner Wohnung. Sie bestand aus zwei Kammern; die erste erhielt ihr Licht ausschließlich von der Türöffnung und beherbergte eine Kochstelle, einen Tisch und ein breites Lager, auf dem Rucellais Frau und seine Tochter saßen. Es roch nach Zwiebeln; die beiden Frauen balancierten eine Schüssel auf den Knien und leckten mit fettigen Fingern an Krebsschalen herum. Die zweite Kammer war mit einer rohen Tür von der ersten getrennt und noch beengter als die Werkstätte des Lederflickers im Tordurchgang. Sie besaß eine schmale Fensteröffnung zum Fluss hinaus, vor der ein von ungeschickten Händen selbst zusammengezimmertes Schreibpult stand. Lapos Mantel lag achtlos über dem Schreibpult. Neben dem Fenster auf dem Boden lehnte ein Fensterrahmen mit fliegenverdrecktem Ölpapier.
    »Ich habe Euch beim Essen gestört.«
    »Nur ein spätes Frühstück. Es war heute schwierig, etwas zu bekommen; nur Krebs, diese Arme-Leute-Speise.« Er wedelte abfällig mit der Hand. »Ich bin schon satt.«
    Ich sah mich nach einer Sitzgelegenheit um, doch die einzige Möglichkeit wäre gewesen, mich zu den beiden Frauen auf das Bett zu setzen. Rucellai interpretierte meinen Blick richtig.
    »Es ist ein wenig eng hier, und ich bin zu beschäftigt, um eine bessere Bleibe aufzutreiben«, erklärte er, ohne mit der Wimper zu zucken. »Das Haus war einmal ein Familienpalast, bis Alessandro Borromei, dieser Blutsauger, aus Pisa kam und einen Bienenstock für fünfzig Familien daraus machte. Borromeis Sohn ist auch nicht besser. Er hat zusätzlich noch den Eingang umgebaut und die botteghe der Handwerker dort eingerichtet. Tausend Goldflorin Miete kassiert er jedes Jahr für das gesamte Haus. Nicht, dass man nicht zahlen könnte – aber es ist das Geld einfach nicht wert, wenn Ihr versteht.«
    »Könnt Ihr wirklich feststellen, ob es sich bei einem Schreiben um eine Fälschung handelt?«
    »Natürlich. Nichts ist leichter, wenn man das Talent dazu hat.«
    »Was vergleicht Ihr dabei? Das Pergament?«
    »Aber nein, das Pergament sagt gar nichts aus.« Er grinste herablassend wie ein Lehrer zu einem besonders begriffsstutzigen Schüler. »Ich kann Euch selbstverständlich nicht all meine Kunstgriffe verraten. Aber das Geheimnis liegt in der Schrift. Jede Hand hat ihre Besonderheiten, die sie und nur sie besitzt. Mit einem wachen Auge kann man sie erkennen. Voraussetzung ist natürlich, dass man Schriftproben besitzt, von denen man weiß, dass sie echt sind.«
    »Wie lange würdet Ihr zu so etwas brauchen?«
    »Kommt auf die Schwierigkeit an.«
    »Mehrere Tage? Müsstet Ihr das fragliche Schreiben zu Euch in die… Studierstube nehmen?«
    Er verschränkte die Arme über der Brust und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Vielleicht erklärt Ihr mir, was ich für Euch tun soll?«
    »Ich habe hier ein Originalschreiben«, ich zog Janas niemals abgeschickten Brief an die Florentiner Behörden aus der Tasche, »das ich Euch mit einem anderen Brief zu vergleichen bitte. Der andere Brief hängt im Haus des Stadthauptmanns.«
    Lapo Rucellai nickte und bewies, dass die neuesten Nachrichten das Tuchfärberviertel genauso schnell erreichten ‘wie alle anderen Gegenden der Stadt. »Er hängt dort als Beweis für ein Vergehen.«
    »So kann man es auch nennen.«
    Er zeigte mit keinem Wimperzucken, dass ihm klar war, welcher Art das Vergehen sein musste. »Zehn Goldflorin«, sagte er.
    Ich presste die Lippen aufeinander. Zehn Goldflorin sicherten ihm die Miete für mindestens ein halbes Jahr. »So viel habe ich nicht bei mir.«
    »Wie viel habt Ihr?«
    »Mit Soldi und Lire vielleicht einen oder zwei Goldflorin.« Ich wog meine Gürteltasche.
    »Gebt es mir. Den Rest, wenn ich Euch das Ergebnis präsentiere.«
    »Wann wird das sein?«
    Er dachte nach. Seine Lippen stülpten sich dabei vor und zurück. »Es ist jetzt zwei Stunden nach dem Mittagläuten. Kommt in noch mal zwei Stunden wieder. Die Glocke der Badia schlägt den Handwerkern die Stunden, daran könnt Ihr die Zeit erkennen – wenn Ihr sie über dem verdammten Dröhnen der Kirchenglocken hört. Ich kann Euch dann sagen, ob es eine Möglichkeit gibt herauszufinden, dass es

Weitere Kostenlose Bücher