Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
Herrn keinerlei Gefahr von uns droht.«
Das Türchen schloss sich dennoch, ohne dass unser einsilbiger Gesprächspartner noch etwas von sich gegeben hätte. Ich schlug wütend gegen das Tor und erntete lediglich ein lauteres Geräusch als vorher.
Kleinschmidt sah mich fragend an.
»Er muss uns anhören«, sagte ich mehr zu mir selbst. »Zur Not bleiben wir hier stehen, bis ihm die Geduld ausgeht.«
»Da ist er in einer besseren Lage als wir.« Kleinschmidt seufzte und sah die Gasse auf und ab, als sei allein die Tatsache, dass wir hier standen, von höchster Gefährlichkeit. Ich versuchte, ihn nicht zu beachten. Das Türchen öffnete sich wieder, und dieselbe Stimme ratterte ein paar rasche Silben, bevor es wieder zuschlug.
»Er sagt, wir sollen machen, dass wir wegkommen«, erklärte Kleinschmidt.
Ich grinste gegen meinen Willen. »Velluti ist nervös. Ich glaube, wir sollten tatsächlich warten.«
Kleinschmidt verdrehte die Augen und wechselte das Standbein. Ich trat einige Schritte zurück in die Mitte der Straße, sodass ich von den Fenstern des palazzo gesehen werden konnte, und verschränkte die Arme demonstrativ über der Brust. Ich konnte nicht feststellen, hinter welchem Fenster das Besucherzimmer lag, in dem der alte Architekt uns gestern empfangen hatte, aber es war auf die Gasse heraus gelegen. Die Fensterscheiben spiegelten den Himmel wider. Ich war sicher, dass Velluti sich hinter einer von ihnen verbarg, die Kordel seines albernen Alarmsystems in der Faust und verbissen wünschend, dass wir verschwinden mochten.
Vellutis Geduld war kürzer, als ich erwartet hatte. Noch bevor mir die Füße schmerzen konnten, schwang eines der Fenster im ersten Geschoss auf. Der Architekt beugte sich heraus. Ein grobes Gesicht neben ihm war das eines seiner Aufpasser. Velluti begann halblaut auf uns herabzuschimpfen.
»Erklär ihm noch mal, was wir wollen«, forderte ich Kleinschmidt auf. »Und verwende in Gottes Namen nur schöne Worte.«
Kleinschmidt sprach längere Zeit zu Velluti hinauf, der während seiner Rede wiederholt den Kopf schüttelte und nicht den Eindruck machte, dass er auf ihn hörte. Sein Wächter starrte unbeteiligt auf uns herunter. Vom südlichen Ende der Gasse hörte ich das Rasseln von Rädern; vielleicht hatten die Stadtbehörden die Tore schon wieder geöffnet, und ein Handelskarren traf aus dem Süden ein. Aber im Süden lag Rom, und ich nahm an, dass Florenz besonders für Sendboten aus der Stadt des Papstes in der nächsten Zeit keine offenen Arme haben würde. Das Rasseln verstärkte sich, bis ein Karren mit hohem Seitenaufbau in Sicht kam, den zwei Männer in lumpigen Kleidern begleiteten. Die beiden musterten die Gosse links und rechts, ohne nach oben zu sehen; auch der Esel, der den Karren zog, ließ den Kopf hängen. Einer von ihnen blieb plötzlich stehen, zückte eine kurze Schaufel, lüpfte etwas Schlaffes an einer Hausmauer an und schleuderte es mit geübtem Schwung über die Seitenwand des Karrens. Ich hatte nur etwas schwarz-weiß Gemustertes durch die Luft wirbeln sehen; nichts Großes, etwa so wie eine junge Katze. Das Rattern hatte die Erinnerung an Prato in mir geweckt, noch bevor ich des Karrens ansichtig geworden war.
»Ein Abdeckerkarren«, sagte Kleinschmidt und rümpfte die Nase. Auch Umberto Velluti starrte die Gasse hinauf, wo sich der Karren im Schritttempo näherte. Über sein langes Gesicht huschten ein paar Gedanken, die allesamt nicht erfreulich aussahen. Heute transportierte der Karren die Kadaver von toten Katzen und Ratten; morgen würden die ersten Verurteilten damit zur Hinrichtungsstätte gebracht. Der Abdeckerkarren machte eine scharfe Kurve und verschwand in einer Seitengasse. Er ließ nur noch das Rasseln seiner Räder zurück.
Velluti winkte und wedelte aufgeregt mit beiden Armen, als wollte er uns verscheuchen wie einen Vogelschwarm. Seine Stimme krächzte lauter als vorher.
»Er sagt, wir sollen verschwinden, oder er schickt jemanden, um die Stadtwache zu holen.«
»Er hat doch mehr Angst vor der Stadtwache als wir.«
Kleinschmidt machte den Mund auf, aber ich unterbrach ihn hastig. »Du sollst das nicht übersetzen. Bitte ihn nochmals höflich.« Velluti ließ ihn nicht ausreden. Er schloss die Flügel des Fensters und zog von innen einen schweren Vorhang zu. Ganz kurz hatte sich sein Blick mit meinem gekreuzt. Seine Augen waren voller Angst gewesen. Das Rattern des Karrens hing noch immer zwischen den Hauswänden.
»Das war’s dann
Weitere Kostenlose Bücher