Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
ich war und wo ich zu finden sei. Ich schloss den Mund wieder und produzierte ein dümmliches Grinsen, gefolgt von einem Schulterzucken. Seht mich an, den tumben tedesco; bin über meine eigenen großen Füße gestolpert. Die Männer machten verkniffene Gesichter, näherten sich aber nicht. Ich hinkte in die Gasse hinein, ohne mich umzudrehen. Ich spürte ihre Blicke im Nacken und wagte erst wieder zu atmen, als ich an der kleinen Kapelle vorbei war, die weit hinter der Piazza Santa Trinità in der Mitte der Gasse lag.
Ich spürte den Schmerz in meinem verlängerten Rücken noch, als ich vor dem verschlossenen Haus Umberto Vellutis ankam. Johann Kleinschmidt war nirgends zu entdecken. Das Haus sah nicht anders aus als zu dem Augenblick, da wir es in Vellutis Kielwasser verlassen hatten. Ich hieb mit der Faust gegen die Tür, aber diesmal öffnete sich die Klappe nicht. Ich rieb mir den Steiß und spürte den Schweiß, der von dem beschwerlichen Marsch hierher meinen Rücken hinunterlief. Das Haus lag still und reglos in der Mittagssonne und warf nicht einmal einen Schatten auf das Pflaster; ich spürte den überwältigenden Wunsch, seine Tür einzutreten. Ich wandte mich ab und stapfte davon.
2.
D
as Heulen und Gezänk der Frauenstimmen hörte man drei Gassen weit. Kam man etwas näher, hörte man auch einen Priester leiern und einen Mann mit unterdrückten Flüchen seiner Erbitterung Luft machen. Vor dem Gefängnis befand sich ein gutes Dutzend Frauen, die mehrheitlich lange weiße Schleier trugen, um sie wehklagend zu zerraufen; ferner ein kleines Kontingent Nonnen, die halblaut beteten, der besagte Priester und ein Offizier des Wachpersonals. Die Flüche stammten aus seinem Mund.
Ich machte einen Bogen um die Szene, bis ich Beatrice Federighi am Rand der Gruppe erblickte. Sie trug keinen Schleier und hielt sich stiller als die Klosterfrauen. Zwischen ihr und dem Mädchen, das sie mir auf dem Domplatz als Angehörige ihres Gesindes vorgestellt hatte, stand eine Nonne in einem anderen Habit als die betende Gruppe. Sie betete ebenfalls, aber ihr Gesicht zeigte mehr als die professionelle Anteilnahme der übrigen Bräute Christi. Beatrice blickte auf und sah mich und winkte mir mit einem halben Lächeln zu. Der Wachoffizier schimpfte mit zweien der am lautesten zankenden Frauen und wehrte sich dagegen, ein Bündel Pergamente anzunehmen. Ich beobachtete ihn und wusste, dass es das Klügste gewesen wäre, so unauffällig wie möglich weiterzugehen.
»Guten Tag, Monna Beatrice«, sagte ich, als ich vor ihr stand. Sie lächelte mich an und neigte den Kopf.
»Ich treffe Euch zu allen möglichen Tageszeiten, jedoch nie dort, wo ich Euch erwarten würde«, erklärte sie.
»Und wo würdet Ihr mich erwarten?«
Sie dachte nach. »In einem Landhaus, den Wein vom letzten Jahr probierend? In einem schönen palazzo, wo Ihr dem Maler erklärt, welche Fresken die Decke erhalten soll?«
»Mir steht zur Zeit weder nach dem einen noch nach dem anderen der Sinn.«
»Das hat damit nichts zu tun.«
»Was tut Ihr hier? Und was hat dieser Auflauf zu bedeuten?«
»Diese Frauen sind die Ehefrauen von einigen der wegen des Aufstandes gegen Ser Lorenzo verhafteten Patrizier. Sie verlangen ihre Männer zu sehen und wollen Petitionen für ihre Freilassung einreichen.«
»Und Ihr?«
»Ich begleite Schwester Ginevra. Sie will ebenfalls eine Bittschrift einreichen, aber sie fürchtete sich, allein herzukommen. Sie ist aus dem Konvent von San Salvi vor den Toren der Stadt und kennt sich hier nicht aus.«
Ich nickte der jungen Klosterschwester zu, sie zeigte jedoch mit keinem Wimperzucken, dass sie meinen Gruß beachtete. »Für wen bittet sie?«
»Für ihren Vater, Piero Vespucci.«
»Für – wen? Piero Vespucci? Aber – wir haben in seinem Haus gewohnt, bis Jana verhaftet wurde. Danach überredete mich mein Schwiegersohn, in den Fondaco dei Tedeschi zu ziehen.«
»Ein kluger Rat. Wie es scheint, hat Ser Piero einen guten Freund, Napoleone Francesi, welcher wiederum ein enger Freund von Bernardo Bandini ist. Bandini ist einer der Mörder von Giuliano de’ Medici; derjenige, der entkommen ist, während Franceschino de’ Pazzi, der andere Attentäter, sich bei dem Anschlag selbst verletzte und es nur bis zum palazzo seiner Familie schaffte. Man fand ihn dort noch am selben Tag und machte kurzen Prozess mit ihm.«
Ich nickte.
»Eine unglückliche Bekanntschaft für Vespucci. Das wirft natürlich kein gutes Licht auf
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