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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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näher man dem Dom kam, und die Menge zog sich etwas weiter auseinander. Velluti nutzte die Gelegenheit, sich nach links zu wühlen, wo ich den Eingang einer Seitengasse erspähte. Ich begann, nach vorn zu drängeln; wenn er zu viel Vorsprung bekam, würden wir ihn in dem Gewirr aus Gassen und Gässchen, das sich unweigerlich hinter jeder Öffnung einer Seitengasse eröffnete, verlieren. Ich erhielt ein paar böse Blicke und Flüche. Kleinschmidt hängte sich in mein Kielwasser und stolperte hinter mir her. Ich sah Vellutis Gesicht, als er sich kurz umdrehte, und zog den Kopf ein; aber es war kaum anzunehmen, dass er mehr gesehen hatte als eine lachende und brüllende Masse weit aufgerissener Mäuler hinter sich. Sein Gesicht leuchtete vor Blässe. Ich nahm an, er hatte sich selbst gesehen, wie man ihn rücklings die Leiter hochzerrte, die Schlinge um den Hals legte und hinausstieß, damit er sein Leben verzappelte. Er tauchte in die Gasse ein und verschwand, und ich zerdrückte einen Fluch.
    Wir erreichten die Stelle einige Augenblicke später und blieben schwer atmend stehen. Die Gasse machte sofort einen scharfen Knick nach links. Kleinschmidt wollte weitertraben. Ich hielt ihn auf.
    »Hier können wir nicht in der Menge untertauchen«, keuchte ich. »Wenn er sich umdreht, sieht er uns sofort.«
    Kleinschmidt nickte und deutete mit dem Daumen hinter sich. »Sie verjagen die Pazzi aus der Stadt.«
    »Ich dachte schon, sie hängen sie allesamt vor unseren Augen auf.«
    »Das dachte ich auch einen Moment… doch dann haben sie nur das Wappen heruntergerissen.«
    Ich spähte vorsichtig um die Ecke und erwartete halb, Velluti dahinter stehen zu sehen, mit weit aufgerissenen Augen und einen Verfolger erwartend, aber er war nirgends zu erblicken. »Weiter!«, stieß ich hervor.
    Es war, wie ich erwartet hatte: Das Gässchen wand sich in rechtwinkligen Biegungen um die Hinteransichten der Häuser herum, deren prunkvolle Fassaden nach vorn auf den Domplatz hinausgingen. Ich blickte um die nächste Ecke, aber auch dort war Velluti nicht zu sehen. Er mochte zu laufen angefangen haben, sobald er sich aus der Menge befreit hatte; er mochte durch eines der Tore geschlüpft sein, die da und dort in die fensterlosen Rückfronten der Häuser hineinführten. Unwillkürlich machte ich den Fehler, den ich Kleinschmidt vorgeworfen hatte, und rannte um die folgende Ecke, ohne mich zu vergewissern, dass Velluti nicht dahinter stand. Ein kleiner Platz mit ein paar Werkstätten öffnete sich. Von Velluti keine Spur.
    »Wir haben ihn verloren«, erklärte Kleinschmidt.
    »Wir haben ihn erst verloren, wenn ich es sage.«
    Er zog die Schultern hoch und drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der immer noch schwach das Gebrüll der Menge zu hören war.
    »Sie treiben sie wahrscheinlich am Palazzo Medici vorbei«, sagte er wie in Gedanken. »Damit Ser Lorenzo ihnen auf die Köpfe spucken kann.«
    »Wo führen diese verdammten Gässchen hin?«
    »In dieser Richtung zur Via Farsetta; dort drüben geht es zum Domplatz hinaus, und dort, in Richtung zum Palazzo della Signoria, geht es zur Via del Corso und einem wahren Labyrinth von weiteren Gässchen. Das ist einer der älteren Teile von Florenz… Das Geburtshaus von Dante Alighieri steht dort und…«
    »Er wird kaum zum Dom gelaufen sein; da hätte er sich nicht aus der Menge befreien müssen. Und wenn er in die Nähe von Dantes Haus gewollt hätte, hätte er sich schon viel früher in eine der Seitengassen nach dem Bargello geschlagen. Er muss irgendwo hier in der Nähe sein.«
    Kleinschmidt wies auf die dunklen Eingänge der Werkstätten, als wollte er mir zeigen, wie sinnlos es war, hier nach Velluti suchen zu wollen.
    »Es führt nur eine Gasse wieder von diesem Platz weg; folgen wir ihr«, sagte ich.
    Es war die richtige Entscheidung. Etwas zurückgesetzt, sodass ihre Front mit der Gasse wiederum einen winzigen Platz bildete, stand die Vorderfront einer Trinkstube. Ich konnte den Lärm der Menschenmenge hören, die draußen am Dom vorbeizog. Umberto Velluti hockte direkt an einem der kleinen, schlecht verglasten Fenster der Trinkstube und redete auf jemanden ein, der ihm gegenübersaß. Soweit man in der Dunkelheit im Inneren der Trinkstube erkennen konnte, war er immer noch so blass wie zuvor. Ich winkte Kleinschmidt, der zum Domplatz hinausgaffte, zu, und er folgte mir zögernd zurück um die Ecke.
    »Es war ein Fehler, dich gestern und heute zu Velluti mitzunehmen«, seufzte ich. »Wenn

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