Duell auf offener Straße
nicht angstbedingtem aggressiven Verhalten angewandt. An diesem Punkt wird es fachlich mehr als kritisch. Die meisten Motive von Aggression beinhalten den Wunsch des Hundes, sich dem anderen Hund anzunähern. Deshalb zieht er an der Leine dorthin. Diese Hunde haben kein Problem und keine Angst vor der Annäherung. Worin sollte also der Vorteil bestehen, diese Annäherung schrittweise zu gestalten? Glauben Sie ernsthaft, dass ein Kind sich anders bei McDonalds verhält, wenn Sie sich mit ihm über Wochen mit einzelnen Pommes Frites schrittweise annähern? Am Ende steht wie immer die Bestellung der „Junior-Tüte“, nur der Weg bis dahin war länger.
Eine Systematische Desensibilisierung ist ein Gegenkonditionierungsverfahren, das bei Angst eingesetzt wird. Dementsprechend muss die Diagnose für die Aggression an der Leine auch wirklich Angst lauten, damit die Methode nicht nur lange dauert, sondern auch etwas bewirkt.
Wer aufmerksam gelesen hat, könnte sich an dieser Stelle fragen, warum man keine Aversionstherapie bei einer Leinenaggression anwendet. Die Antwort ist einfach: Schließlich will man dem Hund nicht beibringen, dass jedes Auftauchen eines Hundes zu unangenehmen Gefühlen führt, egal, wie er sich selbst verhält. Das wäre eine Klassische Konditionierung. Man möchte ihm beibringen, dass er sich nicht aggressiv verhalten soll und er durch ein neues Verhalten im Vorteil ist. Dafür muss sein Verhalten zu neuen Konsequenzen führen und nicht die gesamte Hunde-begegnung. Diese Vorgehensweise nennt sich Operante Konditionierung.
Operante Konditionierung
Hunde lernen ähnlich wie wir Menschen. Wir alle streben nach der Steigerung unseres Wohlbefindens und vermeiden Schmerz und Unbehagen. Wenn eine Verhaltensweise unangenehme Folgen für uns hat, so werden wir sie in Zukunft seltener zeigen. Hat sie jedoch einen angenehmen Effekt, so werden wir sie häufiger zeigen. Wir merken uns Handlungsweisen, die für unsere jeweilige Zielsetzung erfolgreich waren, und nutzen keine Verhaltensweisen, die einen Misserfolg versprechen. Das ist das Gesetz der Wirkung und der Grundsatz der Operanten oder auch Instrumentellen Konditionierung.
Es verbessert die Überlebenschance, wenn man sich die Stelle merkt, an der man zuvor Futter gefunden hat oder einem feindlichen Angriff ausgeliefert war. Im ersten Fall sucht man den Ort wieder auf, weil das Verhalten verstärkt wurde. Im zweiten Fall meidet man ihn in Zukunft, weil das Verhalten bestraft wurde. Gelernt wird in beiden Fällen.
Hunde würden keine Bausparverträge abschließen
Hunde leben im Hier und Jetzt. Sie können so-wohl Belohnungen als auch Bestrafungen nur mit ihrem jeweiligen Verhalten in Verbindung bringen, wenn sie direkt auf das gezeigte Verhalten folgen. Selbst bei Kindern lässt sich dieses Phänomen in Ansätzen beobachten. Sätze wie „Warte nur, bis dein Vater nach Hause kommt“ oder „Wenn du jetzt lieb bist, gehen wir heute Abend ins Kino“, haben zwar eine Wirkung, aber die Intensität ist um ein Vielfaches geringer, als wenn die Konsequenz auf das Verhalten direkt folgen würde.
Bei Hunden ist das zeitliche Fenster noch viel kleiner. Versprechungen oder auch Androhungen für „später“ bewirken gar nichts. Die Wissenschaft behauptet, dass für einen Hund nicht mehr als drei Sekunden zwischen dem Verhalten und darauf folgendem Stimulus liegen dürfen, damit er eine Verknüpfung herstellen kann.
Hunde leben im Hier und Jetzt. Versprechungen oder Androhungen für die Zukunft interessieren sie nicht.
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Erwachsene Menschen können die Folgen ihres Handelns wesentlich besser überschauen. Sie können zum Beispiel über Jahre Verzicht üben und sich einschränken, um ihr Geld für etwas, das in der Zukunft stattfinden soll, zu sparen. Ein Hund hingegen würde das Geld direkt ausgeben, weil er nicht so weit in die Zukunft denken kann und keinen Vorteil im aktuellen Verzicht sieht. Beim Schreiben dieser Worte fällt mir auf, dass ich wahrscheinlich eher ein Hund bin.
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Man könnte sagen, dass Menschen die Experten für die Zukunft sind und Hunde für die Gegenwart. Beide lernen aus der Vergangenheit. Menschen planen, denken, brüten über etwas, malen sich die Zukunft aus und entwickeln Strategien dafür. Hunde schieben nichts auf, sondern handeln und schauen, welche Konsequenzen sich daraus für sie ergeben.
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