Duell auf offener Straße
Konkurrenz zu gehen. Die Belohnung muss für den Hund im persönlichen Ranking an erster Stelle stehen, ansonsten funktioniert eine positive Verstärkung immer nur auf Distanz, also weit weg vom Konflikt.
Hauptsache, gut aussehen – Soziale Verstärker
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Es ist Anfang Januar 2011 und wir Norddeutschen müssen nicht mehr die Schneekatastrophe von 1976/77 heranziehen, um dem Rest der Republik zu erklären, dass auch wir wissen, was Winter ist. Wir haben Winter, und das schon im zweiten Jahr. Das heißt in Schleswig-Holstein nicht nur Schnee, Eis und zehn Grad minus, sondern auch Wind. Und der tut wirklich weh. Aber wir haben uns darauf eingestellt und im Klamottenbereich aufgerüstet. Zugegebenermaßen noch etwas ungeschickt und sicher nicht so schick wie die Menschen in Kitzbühel, aber praktisch. Auf dem Land kommt ein Trend eben etwas zeitverzögert an. So auch bei unseren Jugendlichen: Während sich die Jungs in Berlin-Mitte die Haare wieder lang wachsen lassen, ist bei uns die gegelte Kurzhaarfrisur à la Kai Pflaume immer noch en vogue. Und dies ist neben äußerlichen Aspekten auch ein lerntheoretisches Phänomen.
Auch das Beeindrucken eines anderen Hundes ist ein Erfolg, der zum Verstärker werden kann.
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Denn da stehen sie morgens um 7:15 Uhr wartend und imponierend an der Bushaltestelle. Sie sind männlich, zwischen 14 und 16 Jahre alt, der Wind pfeift, der Schnee steht schräg in der Luft, sie haben Gel in den Haaren und keine Mütze auf. Das Verrückte ist: Sie wissen um die Funktion einer Mütze. Bereits in früher Kindheit, also in ihrer sensiblen Phase, wurden ihnen Mützen aufgesetzt. Sie müssten bestens daran gewöhnt sein und die Vorzüge dieses Kleidungsstücks erfahren haben. Auch der Schmerz der Kälte ist ihnen bekannt. Sie durchleiden ihn täglich. Doch sie trotzen ihm ebenso wie dem Ärger mit den Eltern und bleiben dabei: Sie setzen keine Mütze auf.
Dieses Phänomen heißt soziale Selbstdarstellung oder anders ausgedrückt: Wahre Helden sind nicht nur mutig, sondern eben auch etwas dämlich. Sich dem eigenen und vor allem dem anderen Geschlecht gegenüber zu präsentieren ist wichtiger, als nicht zu frieren, und verstärkt sich durch soziale Mechanismen. Dieser Aspekt wird in der Hundeerziehung häufig unterschlagen. Zu imponieren und sich darüber der Außenwelt zu präsentieren, ist ein wichtiger Teil des Sexualverhaltens. Oder glauben Sie ernsthaft, dass High Heels angenehm zu tragen sind?
Warum jedoch den norddeutschen Gemeinden schon nach einer Woche Schnee das Streusalz ausgegangen ist, ist nicht so einfach erklärbar und schon gar nicht lerntheoretisch. Na ja, Pavlov und Skinner kamen ja auch nicht aus Schleswig-Holstein.
Sind Hunde eigentlich Fußballfans?
Hunde geraten in ihrem Leben mehrfach in kämpferische Auseinandersetzungen, ob wir es nun wollen oder nicht. In dem Moment, wo wir unseren Hunden den Umgang mit Artgenossen zugestehen, wird es auch Konflikte geben. Disharmonie gehört, wie bereits erwähnt, zum sozialen Miteinander. Ein Konflikt, der offen ausgetragen wird, beinhaltet eine Entscheidungslage und endet meist mit einem Sieg oder in einer Niederlage.
Wenn man sich sicher sein kann, gehalten zu werden, kann man sich weit aus dem Fenster lehnen.
Neben der Bewertung des Menschen verstärkt sich das Verhalten auch hormonell.
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Eine Ausnahme ist die Situation an der Leine. Hunde können sich dort aggressiv verhalten, ohne dabei in die direkte Auseinandersetzung zu müssen. Wir Menschen helfen gern dabei, halten beide Kontrahenten fest und führen sie sicher aneinander vorbei. So fällt es leicht, sich auf Entfernung gegenseitig zu fixieren, sich anzupöbeln, wenn man auf gleicher Höhe ist, und sich im Ergebnis gegenseitig in die Flucht zu schlagen. Eine wahre Win-Win-Situation! Beide Hunde haben das Gefühl des Siegens. Das Ziel der Distanzvergrößerung ist erreicht und dient als Verstärker für das Verhalten.
Aber was geschieht hormonell beim Gewinnen und Verlieren? Eine Untersuchung an männlichen Fußballfans ist dieser Frage auf den Grund gegangen. Vor dem Spiel wurde der Testosteronspiegel der Anhänger beider Mannschaften getestet und zum Vergleich ein zweites Mal nach dem Spiel. Das Ergebnis war, dass der Testosteronspiegel der Fans der Gewinnermannschaft angestiegen war. Bei den Fans der Verlierermannschaft hingegen war er gesunken. Testosteron macht selbstbewusst und erhöht die Risikobereitschaft. Die
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