Duell der Leidenschaft
ihrem eigenen Erstaunen genügte diese Feststellung bereits, damit sich ihre Stimmung besserte. Bis gerade eben hatte sie nicht einmal Hunger verspürt, doch der war nun zurückgekehrt.
Sie deutete auf das Essen, er antwortete mit einem knappen Nicken und ging an ihr vorbei, um die Palmenwedel an der inneren Wand abzulegen. Dann kauerte er sich neben Sonia und aß zügig, die Finger leckte er erst ab, bevor er sie am Hosenbein abwischte.
Sonia aß ihre Portion und leckte sich anschließend ebenfalls die Finger ab. Als sie fertig war, warf sie die leer gegessenen Blätter ins Feuer, wo sie zunächst schwarz wurden und sich aufzurollen begannen, ehe sie in Flammen aufgingen.
»Kommen Sie«, sagte er. »Ich begleite Sie zurück zum See, bevor wir uns schlafen legen.«
Es schien ihr eine gute Idee zu sein. Sie ging mit ihm los, blieb aber immer ein paar Schritte hinter Kerr, da sie fürchtete, der Jaguar könne auf den Gedanken kommen, sich ebenfalls zu seiner Wasserstelle zu begeben. Unterwegs zog Sonia sich hinter einen Busch zurück, während Kerr die Umgebung beobachtete.
Der kleine See bot im Schein des aufgehenden Mondes einen zauberhaften Anblick, aber sie hielten sich nicht länger auf als unbedingt nötig. Nachdem sie sich Hände und Gesicht gewaschen und noch einmal getrunken hatten, liefen sie zu ihrem Unterschlupf zurück.
Sonia kam inzwischen nur noch mit schleppenden Schritten voran, da sie sich todmüde fühlte. Das Gefühl wurde umso stärker, je näher sie der Ruine kamen, in der sie Zuflucht gesucht hatten. Zum Teil hing ihre Erschöpfung mit den Anstrengungen dieses Tages zusammen, aber es waren auch die Enttäuschung und die plötzliche Hoffnungslosigkeit, die ihr zu schaffen machten. Selbst Reden schien ihr zu anstrengend zu sein. Und was gab es schon noch zu reden mit dem Mann, der ein Stück vor ihr ging? Sie konnte nicht darauf bestehen, dass er sie liebte, und sie war zu stolz, als dass sie ihn angebettelt hätte.
Wo würde sie heute in einer Woche sein? Würde sie darauf warten, dass Jean Pierre als ihr Bräutigam zu ihr kam, oder würde sie zumindest offiziell seinen Tod betrauern? Würde sie Vera Cruz den Rücken kehren und heimreisen oder um den Fechtmeister mit den grauen Augen trauern?
Die letzte Möglichkeit ließ sie erschaudern, und mit gesenktem Blick folgte sie Kerr weiter, bis sie die niedrigen Flammen dessen sah, was einmal ihr Feuer gewesen war. Vor ihr lag das düstere Maul des uralten Raums, in dem sie die Nacht verbringen würden.
Kerr durchschritt vor ihr die Öffnung, Sonia folgte ihm deutlich langsamer und blieb zögernd gleich hinter dem Eingang stehen, während er über die Palmenwedel gebeugt stand, die er hergebracht hatte. Er ordnete sie so, dass sie ein wenig an ein Bett erinnerten, aber es war nur ein einzelner Schlafplatz. Als er sich hinkniete, konnte sie die Unterseite eines seiner Strümpfe sehen, und sie erkannte, dass sich das Gewebe in blutige Lumpen verwandelt hatte, die von Schnitten und Kratzern zeugten, die er ohne Murren ertragen hatte. Bei diesem Anblick verspürte sie ein sonderbares Ziehen in der Brust.
Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung dicht hinter ihm, begleitet von einem leisen Schaben, das nichts mit dem Lager aus Blattwerk zu tun hatte, das er aufschichtete. Der schwache Schein des Feuers beleuchtete eine Form, die auf spindeldürren Beinen über den Boden kroch und einen gekrümmten Schwanz mit Stachel in die Luft reckte. Sonias Augen weiteten sich, als sie das Tier erkannte und begriff, welche Gefahr von ihm ausging.
Wenn sie Kerr etwas zurief, würde er sich womöglich reflexartig zu ihr umdrehen und sich der Kreatur damit genau in den Weg stellen. Doch sie musste irgendetwas unternehmen.
Langsam und mit schmerzenden Gliedern bückte sie sich und griff nach einem Stein, der gleich neben ihr lag. Mit äußerster Geduld bewegte sie sich vorwärts, stets darauf bedacht, keine hastigen Bewegungen zu machen. Kerr warf ihr einen fragenden Blick zu, doch sie nahm davon kaum Notiz. Als sie die richtige Position gefunden hatte, holte sie vorsichtig aus und schleuderte dann den Stein mit aller ihr verfügbaren Kraft zu Boden.
Der Skorpion wurde auf der Stelle zerquetscht, der Knall hallte in dem dunklen Raum nach, während der Aufprall uralten, trockenen Staub aufwirbelte, der ihr in den Hals kam und einen Hustenreiz auslöste.
Kerr stand auf und drehte sich in der unnachahmlichen Haltung eines Schwertkämpfers zu ihr um. Sein Blick war
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