Duell der Leidenschaft
und mysteriös, ihr Gesicht verriet ihre Verwundbarkeit, und sie öffnete den Mund vor unbewusster Verlockung. Ihr Herz schlug wild gegen seine Brust, während sie ihren sanften und zugleich so festen Busen an ihn drückte.
Sie war die Versuchung in Person.
Sie war für ihn verboten.
Jede Sehne und jeder Muskel protestierte, als er sich zwang, Sonia wieder loszulassen. Er tat es, weil er es tun musste. Weil er einen Auftrag angenommen hatte und ihn auch erfüllen würde. Und weil sie vermutlich um Hilfe rufen und ihn in Ketten legen lassen würde, wenn er sie nicht losließ. Er tat es, weil es das einzig Richtige war.
»Danke«, flüsterte sie, als sie wieder Halt gefunden hatte und sich zudem an der Reling festklammerte.
Kerr verbeugte sich knapp, war sich jedoch nicht sicher, wofür sie sich bedankte: dass er sie vor einem Sturz auf Deck bewahrt hatte oder dass er noch zeitig von seinen ungestümeren Impulsen abließ? Dass sie solche Impulse bei ihm vermutete, daran zweifelte er nicht. Sie war weder dumm noch gefühllos. Er konnte nur hoffen, dass sie nicht so verzweifelt fliehen wollte, dass sie seine eigenen Impulse als Waffe gegen ihn einsetzen würde.
Zu hoffen kostete nichts.
Er sah ihr nach, wie sie sich ohne ein weiteres Wort von ihm abwandte und zur Treppe ging, die hinunter zu ihrer Kabine führte. Erst als sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, drehte er sich wieder um und griff nach dem kalten, feuchten Holz der Reling, dann starrte er in die Dunkelheit. Vor ihnen lagen die schwarze See und der grenzenlose Horizont.
Und nicht zu vergessen Mexiko, wo Rouillard auf seine Braut wartete.
Zwölftes Kapitel
Am Morgen nach dem Erreichen des Golfs weigerte sich Tante Lily, ihre Koje zu verlassen. Es steckte mehr dahinter als ihre übliche Vorliebe, bis weit nach dem Frühstück im Bett zu bleiben. Sie beklagte sich über das schreckliche Schwanken des Schiffs und sprach von ihrem unmittelbaren Tod, ausgelöst durch die Seekrankheit. Dann kniff sie die Augen zu und drehte sich zur Wand um.
Sonia versuchte alles in ihrer Kraft Stehende, um ihr Leiden zu lindern. Sie tupfte das Gesicht ihrer Tante mit einem kühlen feuchten Tuch ab, hielt ihr den Toiletteneimer hin, als sie sich übergeben musste, und brachte ihr verdünnten Wein und trockene Biskuits, damit ihr Magen sich beruhigte. Doch nichts davon half. Als sie ihr dann noch anbot, die Schläfen mit Parfüm einzureiben, flehte Tante Lily sie an, sie möge fortgehen und aufhören, sie zu quälen, damit sie in Frieden sterben könne. Sonia kam dieser Bitte nach, da es ohnehin das Beste zu sein schien, sie in Ruhe zu lassen.
Der frische Wind an Deck machte ihr eindringlich bewusst, wie abgestanden und schädlich die Luft in der Kabine inzwischen war. Sonia stand da und atmete voller Dankbarkeit tief durch, während sie beobachtete, wie sich der Horizont mit jeder Bewegung des Schiffs hob und senkte. Diese Bewegungen bereiteten ihr kein Unbehagen, vielmehr gefielen sie ihr sogar ausgesprochen gut. Sie fand auch das dunkle Blau der Wellen schön, die sich bis zum Horizont erstreckten. Der ewige Wellengang und das Licht, das auf dem Wasser tanzte, vermittelten ein intensives Gefühl von Frieden.
Jedoch war es unmöglich, in wahre Träumerei zu versinken. Ihr war nur zu deutlich bewusst, dass Kerr jeden Moment auftauchen konnte. Nach der letzten Nacht brannte sie nicht darauf, ihm gegenüberzutreten. Irgendwann musste das geschehen, doch je länger sie es hinauszögern konnte, desto glücklicher würde sie sein.
Wie sehr dieser Mann sie doch aus der Ruhe brachte. Gern hätte sie geglaubt, dass es mit Absicht geschah. Dann wäre der Aufruhr, der sie bis in den Kern ihrer Weiblichkeit erschütterte, wenigstens noch entschuldbar gewesen. Sie war sich aber sicher, dass ihm diese Variante geübter Verführungskunst nie bewusst in den Sinn gekommen war. Was die letzte Nacht anging, hatte er einfach auf die Situation reagiert, weiter nichts.
So wie sie selbst auch, und zwar viel zu selbstverständlich.
Der Arm um ihre Taille, die unbeugsame Kraft in seinem Griff und das ungeheure Gefühl, in seinen Armen in Sicherheit zu sein, das alles hatte in der Nacht ihre Träume durchdrungen. Das Versprechen wundervoller, hitziger Freuden lockte ebenfalls mit fast schmerzhafter Eindringlichkeit. Sie fürchtete, sie könnte sich ihm im Schlaf hingegeben haben, doch sie wusste es nicht mit Sicherheit, und sie wollte es auch gar nicht wissen. Dennoch kehrte das
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