Duell der Leidenschaft
ab, um zu verhindern, dass ein Feuer ausbrach. Nur die Dochte in den Leuchtern an beiden Enden des Raums ließ man brennen, doch ihre tanzenden und zuckenden Flammen warfen mehr Schatten, als dass sie Licht spendeten. Im Halbdunkel schienen die Blitze ebenso wie das Grollen des Donners kein Ende nehmen zu wollen, und der Sturm peitschte über das Deck. Die Kronen der vom Wind vorangetriebenen Wellen schlugen gegen die Fenster des Speisesalons, der Regen prasselte mit solcher Gewalt auf das Schiff herab, dass man sein eigenes Wort kaum noch verstehen konnte.
Sonia war sich sicher gewesen, dass der Salon nach Einnahme des Essens menschenleer sein würde, und weitestgehend stimmte das auch. Niemand machte sich die Mühe, Platz zum Tanzen zu schaffen, und der Violinist verließ den Raum zusammen mit den Passagieren, die angestrengt versuchten, sich auf den Beinen zu halten. Nur ein paar Abgehärtete blieben zurück, um den Elementen zu trotzen — Tremont, Reverend Smythe mit seinem stacheligen Bart, der sich auf einer Mission nach Yukatan befand eine ältliche Lady, den Schoß voller Wolle; außerdem drei Kartenspieler, die das andere Tischende in Beschlag genommen hatten und mit einer Partie Euchre beschäftigt waren.
Sonia und Tremont ergingen sich gut eine halbe Stunde lang in unzusammenhängendem Gerede, während sie sich am Tisch gegenübersaßen, wobei sie wegen des Sturms immer wieder die Stimme anheben mussten. Dann ging auch der Reverend hinaus, und kurz darauf sammelte die ältliche Frau ihr Strickzeug ein und verließ den Salon. Als sie dabei an Sonia und Tremont vorbeikam, ließ sie ein leises missbilligendes Schnauben vernehmen.
Wie die Lady das meinte, war nicht schwer zu verstehen. Die einzige Frau in einer ansonsten rein männlichen Gesellschaft zu sein entsprach in keiner Weise den Anstandsregeln, und Sonia fühlte sich auch nicht sehr behaglich. Doch ihr stand nicht der Sinn danach, in die Kabine zurückzukehren, die sie sich mit Tante Lily teilte. Außerdem gab es keinen Grund zu der Annahme, unter den gegebenen Umständen könnte sie jemand beleidigen. Abgesehen davon, war sie es gewohnt, bis spät am Abend aufzubleiben, da sie während der hektischen Zeit der saiso n des vistes oftmals bis zum Morgengrauen unterwegs war. Auch ohne Sturm und Regen hätte es noch eine Weile gedauert, bis sie müde genug sein würde, um einzuschlafen.
Andererseits befand sie sich auch so bereits in einer unangenehmen Position, da brauchte sie keinen zusätzlichen Tratsch, der ihr vielleicht dauerhaft anhängen würde. Unschlüssig saß sie da.
»Gehen Sie nicht«, sagte Alex und griff nach ihrer Hand, als sie aufstehen wollte.
»Es wäre das Beste für mich.«
»Solange Wallace nicht da ist, werde ich auf Sie aufpassen. Bestimmt bin ich für diese Aufgabe nicht weniger geeignet als er.«
Sie trug keine Handschuhe, da sie diese vor dem Essen abgelegt hatte. Überhaupt hatte sie verschiedene Gewohnheiten angenommen, als sei das Schiff ihr Zuhause. Alexanders Daumen strich in einer Weise über die zarte Haut auf ihrem Handrücken, die einer Liebkosung nahezu gleichkam.
»Ich sehe, in welcher Art Sie geeignet sein wollen.« Entschieden, aber nicht verärgert löste sie ihre Hand aus seinem Griff.
»Ich bitte um Verzeihung«, erklärte er zerknirscht. »Mir erschien es so natürlich, dass ich kaum bemerkte, was ich da tat. Ich werde mich tausendmal entschuldigen, das schwöre ich, wenn Sie mich nur nicht verlassen.«
»Soll ich zählen, oder wollen Sie das übernehmen?«
»Ein Teufel. Zwar charmant, aber eindeutig ein Teufel in reizender menschlicher Gestalt. Ich glaube, es würde Ihnen gefallen, wenn ich vor Ihnen auf dem Boden krieche.«
»Sehr sogar, das kann ich Ihnen versichern.«
Es war natürlich pures Scherzen, jene Art von bedeutungslosem Geplänkel zwischen Mann und Frau, das förmliche Zusammentreffen etwas vereinfachte. Sie meinte kein Wort ernst, und das Gleiche galt für ihn. Dennoch verstanden sich beide wirklich gut, und genauso ehrlich war das Lächeln, das sie tauschten.
Tremont wurde als Erster wieder ernst, stand auf und kam um den Tisch herum, als wollte er sich neben sie setzen. Wegen des schwankenden Schiffs war es alles andere als ein elegantes Manöver. Das Schiff bäumte sich auf, er bekam die Tischkante zu fassen und zog sich herum, dann landete er mit viel Schwung neben ihr.
Die Bank kippte ein Stück weit nach hinten. Sonia stieß einen erschreckten Schrei aus und wollte sich
Weitere Kostenlose Bücher