Duell der Liebe
gesellschaftlichen Verpflichtungen. Ich hatte viel zuwenig Zeit für das Alleinsein. «
»Nein, das meine ich nicht. Vielleicht ist >Alleinsein< nicht das richtige Wort. Sie und ich sind immer >anders< gewesen. «
»Ich bin anders gewesen, aber ich glaube nicht, daß das auch für Sie zutrifft. «
»Mein Vater ist ein guter Mann, ein sehr guter Mann. Er hat ein Herz aus Gold. Er würde sein Hemd ausziehen und es einem Bedürftigen geben. Er würde sein eigenes Leben hingeben, ehe er zuließe, daß einem seiner Kinder ein Leid geschähe. Aber… «
»Aber was? «
»Ehrlich gesagt - er hat keinen Sinn für Geschäfte. Er kann nicht lange genug stillsitzen, um den Schriftverkehr zu erledigen, der bei einer Firma von der Größe von Warbrooke Shipping anfällt, und wenn draußen die Sonne scheint, ist das für ihn eine gute Gelegenheit, zum Angeln zu gehen und ein Picknick mit meiner Mutter zu veranstalten. «
»Das halte ich nicht für einen Nachteil. Manchmal wünschte ich, ich hätte mehr Zeit für das Vergnügen. «
»Aber Sie können nicht Ihr ganzes Leben dem Vergnügen widmen, wenn man eine Gesellschaft wie unsere leiten muß. Tausende von Angestellten hängen von uns ab. Mit dem Lohn, den wir ihnen bezahlen, ernähren sie ihre Familien. «
»Und Ihr Vater hat das vergessen? «
»Vermutlich. Vergessen oder nie begriffen. «
»Und Sie haben schon als Kind in der Firma gearbeitet? «
»Ja. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Ich war neugierig, und mein Vater lobte mich sehr, wenn ich etwas tat, was ihm half. Ich bin irgendwie in das Geschäft hineingewachsen. «
Er lächelte. »Und wie Sie ein Talent zum Singen besitzen, habe ich offenbar eines für das Geschäftliche. Es war für mich kein Problem, all die Dinge im Kopf zu behalten, die für diesen Beruf nötig waren. Mein Vater sagte, ich sei wie sein Vater - ein echter Montgomery. «
»Also haben Sie Ihre Kindheit damit verbracht, Männerarbeit zu verrichten. «
»Hatten Sie das Gefühl, daß Sie etwas aufgeben mußten, als Sie im Haus blieben, um zu singen, während der Rest der Welt sich in der Sonne vergnügte? «
»Nein. Ich war glücklich und bedauerte sie, daß Gott ihnen nicht das Talent gegeben hat, mit dem er mich segnete. «
»Mir erging es nicht anders. Meine Mutter engagierte für mich einen Hauslehrer, mit dem ich abends las und… «
»… mit dem Sie Fremdsprachen lernten. «
»Ja, ich habe ein paar Sprachen gelernt. Ich war wohl der Meinung, ich müßte sie beherrschen, wenn ich all die exotischen Plätze besuchen wollte, von denen die Leute, die auf unseren Schiffen fuhren, sprachen. «
»Ihre Mutter engagierte für Sie einen Hauslehrer, und Ihr Vater engagierte Toby für eine andere Art von Unterweisung, richtig? «
»Richtig. «
Sie schwieg eine Weile gedankenverloren. »Aber Toby kümmert sich weniger um Sie als Sie sich um ihn, nicht wahr? «
»Mehr oder weniger. « Er schien nicht mehr über Toby reden zu wollen.
»Was brachte Sie dazu, das alles aufzugeben und zur Armee zu gehen? « fragte sie.
»Zwei Dinge. Zum einen etwas, was ich zufällig gehört habe, und zum anderen eine Frau. «
Sie schwieg eine Weile, da sie nicht sicher war, ob sie diese Geschichte hören wollte. »Erzählen Sie«, flüsterte sie schließlich.
»Eines Tages - ich war damals siebzehn - war ich auf einem unserer Schiffe, hatte dort gerade die Ladung inspiziert und redete mit der Besatzung über die bevorstehende Reise, als ich hörte, wie einer der Offiziere mit dem Kapitän sprach. Der Offizier wollte wissen, wie ich zu so einer verantwortlichen Stellung gekommen war. Er machte verächtliche Bemerkungen, daß er einem halben Kind nicht viel Zutrauen würde, und vieles mehr. Der Kapitän gab mir ein gutes Gefühl, als er antwortete, daß ich eine Menge über das Meer und die Seefahrt wüßte. >Haben Sie nicht gehört, was man sich über die Montgomery-Kinder erzählt? <, sagte der Kapitän. >Sie werden nicht geboren. Wenn sich ihr Vater ein Kind wünscht, geht er zur nächsten Mole, wirft ein Netz aus, holt es wieder ein und nimmt ein Baby heraus. Es ist ein Wunder, daß diese Kinder überhaupt gehen können. Es ist ein Wunder, daß sie keine Flossen haben. «<
»Das scheint mir keine üble Bemerkung zu sein. In gewisser Hinsicht ist es ein Kompliment. «
»Richtig; aber ich hörte auch, wie die beiden lachten, und in diesem Augenblick sah ich meine Zukunft genau vor mir. Ich wußte, daß ich Warbrooke Shipping mein Leben lang leiten und
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