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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Knirschen der Raupenketten im Eis. Kurz darauf sahen sie die Soldaten, in Felle vermummte Männer, vor der Brust die Maschinenpistolen. Sie sprangen aufs Eis, bildeten vor dem Haus einen drohenden Ring und zielten auf Tür und Fenster. Ein einzelner Vermummter ging auf den Eingang zu.
    »Es ist nicht Jurij«, sagte Ljuba ruhig, griff nach ihrem Pelz und zog ihn an. »Es ist Oberleutnant Nurian. Der Erste Offizier des U-Bootes ›Gorki‹. Nurian ist ein guter Mensch. Er wird dir nichts tun.«
    Auch Henderson zog seinen Pelz an und stülpte die Mütze über den Kopf. Ohne Hast, als komme ein lieber Gast, ging Ljuba zur Tür und öffnete sie, noch bevor Nurian mit dem Lauf seiner MP an das Holz klopfen konnte.
    »Kommen Sie herein, Genosse!« sagte sie. »Einen schönen Tag bringen Sie mit.«
    Nurian schwieg. Er kam ins Zimmer, starrte Henderson an, warf einen Blick auf die an der Wand lehnende Maschinenpistole und hob erstaunt die Augenbrauen. »Ich nehme Sie gefangen«, sagte er in seinem harten Englisch. Das hatte er unterwegs geübt, und damit war er schon zu Ende. »Auch Sie, Genossin Berreskowa«, wandte er sich an Ljuba. »Befehl von Vizeadmiral Schesjekin.«
    »Wir sind bereit.« Ljuba zog ihre Pelzmütze über die blonden Haare. »Wir haben Sie oder Jurij Adamowitsch erwartet.«
    »Der Genosse Kapitän ist beschäftigt.«
    »Was sagt er über Jurij?« fragte Henderson.
    »Er berichtet, daß Jurij lieber bei Virginia bleibt.«
    »Dawai!« Nurian winkte mit dem Lauf seiner MP zur Tür. Dann erblickte er plötzlich den Tee, goß sich eine Tasse ein, schlürfte das heiße, dampfende Getränk und nickte Ljuba anerkennend zu. »Eine gute Köchin waren Sie schon immer«, sagte er. »Aber die Mühe lohnt sich nicht. Ein Amerikaner ißt nur Steaks oder einen Hamburger mit Currysoße. Er weiß nicht, wie gut eine Borschtsch schmeckt.«
    »Auch Steaks kann ich braten!« Sie ging an Nurian vorbei, drehte sich in der Tür um und griff nach Hendersons Hand. Gemeinsam traten sie hinaus, vor die Läufe der auf sie gerichteten Maschinenpistolen. »Gehen wir, Genosse Nurian. Und nehmen Sie meinen Schlitten mit. Ich brauche ihn nicht mehr. Ist es so?«
    Nurian antwortete nicht, nur den Kopf senkte er, und das war Antwort genug.
    Vizeadmiral Schesjekin wartete in der Kommandantur auf die Rückkehr des Trupps. Unruhig ging er hin und her, die Hände auf dem Rücken, die Augen zusammengekniffen, voll von angestauter Wut und tiefer Enttäuschung. Malenkow, der neben der Tür an der Wand lehnte, hielt es für klüger, ihn jetzt nicht anzusprechen.
    Mit einem Ruck blieb Schesjekin stehen und kratzte sich, wie immer bei unbewältigten Problemen, die dicke Nase. »Haben Sie das der Genossin Berreskowa zugetraut?« fragte er.
    »Was, Genosse Admiral?«
    »Geht mit einem Amerikaner ins Bett! Versteckt ihn bei sich, ruft nicht bei uns an, geht nicht an das Funkgerät! Verstehen Sie das?«
    »Vielleicht«, antwortete Malenkow vorsichtig.
    »Was heißt ›vielleicht‹?«
    »Wer liebt, fragt nicht nach einem Paß. Bei Ljuba ist es zufällig ein Amerikaner.«
    »Ljuba Alexandrowna ist doch Ihre Braut! So ruhig nehmen Sie das hin?« Schesjekin schlug sich etwas dramatisch gegen die Stirn und schickte einen verzweifelten Blick zur Decke. »Was rede ich? Sind Sie anders, Jurij Adamowitsch? Auch Sie haben ja eine Amerikanerin im Bett! Dankbar sind Sie, und Sie werden Ljuba die Hand drücken, ist es so? Keine Vorwürfe, keine Eifersucht – jeder hat ja sein Liebchen! Ich bin von Verrückten umgeben. Von Verrückten!«
    Auf dem Flur kam Lärm auf. Stimmen, Klappern, ein Lachen. Ljubas Lachen. Fröhlich ist sie, dachte Malenkow, lacht und weiß doch genau, was man mit ihr machen wird. Nichts scheint es zu geben, was diese Frau besiegen kann.
    Es klopfte, die Tür sprang auf, und Nurian trat ein. Er grüßte stramm, trat dann zur Seite, und zwei Soldaten mit schußbereiter Kalaschnikow schoben zuerst Ljuba, dann Henderson ins Zimmer. Schesjekin zog das feiste Kinn an. Mit dem ersten Blick erkannte er die amerikanische Fliegeruniform. Ljubas und Malenkows Blicke kreuzten sich, dann wandten sie sich voneinander ab. Es gab nichts mehr zu sagen, zu erklären oder zu beschönigen. Wie leicht das ist! dachte Malenkow und erschrak über sich selbst. Wie weggewischt sind die Monate mit ihr! Wer hätte gedacht, daß das so einfach ist?
    »Sind Sie Ljuba Alexandrowna Berreskowa, oder gefällt Ihnen jetzt ein amerikanischer Name besser?« bellte Schesjekin

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