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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie. »Nur noch eine letzte Frage: Wo bleibe ich?«
    »Hier auf der ›Nadeshna‹, Ljuba Alexandrowna.« Vizeadmiral Schesjekin wedelte mit den Händen, bevor sie etwas entgegnen konnte. »Protestieren Sie nicht, Genossin – die ersten Wochen sind zu gefährlich für eine Frau. Es muß zunächst erkundet werden, welche Gefahren der Eisberg versteckt hält. Ein tückischer Teufel ist er … Sie fahren erst mit, wenn Jurij Adamowitsch es erlaubt.« Schesjekin versuchte einen Witz. »Sehen Sie, auch ich bleibe hier an Bord. Aber ein Feigling bin ich nicht. Jeder hat seine eigene Aufgabe … Genossin Berreskowa, Sie werden sich später über Mangel an Arbeit nicht beklagen können.«
    An diesem Tag ging Malenkow nicht zurück zu seinem U-Boot, sondern blieb an Bord der ›Nadeshna‹. Auf den beiden Versorgungsschiffen und den vier U-Booten wimmelte es von Menschen. Sie strichen die Schiffe weiß. Mit Kompressoren, die große Spritzpistolen antrieben, die von zwei Mann festgehalten werden mußten, wurde die weiße Farbe über die Bordwände gesprüht. Über zweihundert Matrosen standen und hingen an den U-Booten und verwandelten sie in bizarre, dicke Treibeisschollen. Sollte jemals ein Aufklärungsflugzeug über sie hinwegfliegen, würde es Mühe haben, in diesen weißen Gebilden U-Boote zu entdecken.
    Im Schwimmbad der ›Nadeshna‹, wo Malenkow gerade einen erfrischenden Saunagang hinter sich hatte, traf ihn die Berreskowa. Einen äußerst knappen Bikini trug sie, mehr eine Aufreizung als ein Verdecken, und sie kam auf Malenkow zu, auf den Zehenspitzen schwebend, tanzend und geladen mit Herausforderung. Malenkow dankte dem Schicksal, daß er sein großes Saunahandtuch um die Hüften verknotet hatte. Sechs Wochen aufgestaute Sehnsucht lassen sich bei einem solchen Anblick nicht durch innere Befehle unterdrücken.
    Er blieb stehen, lehnte sich gegen die Kachelwand und ließ die Berreskowa herankommen. Ihr Lächeln war medusenhaft, im Glanz ihrer Augen lag eine rätselhafte Drohung.
    »Wir sind nur im Augenblick allein«, sagte Malenkow stockend. »Jeden Augenblick kann jemand kommen.«
    »Nein.« Ihr Lächeln verstärkte sich. »Ein Schild – es lag an der Wand – habe ich an die Tür gehängt. ›Geschlossen wegen Reinigungsarbeiten‹ steht darauf. – Niemand wird kommen. Wir sind allein wie auf einer einsamen Insel.«
    »Wenn wir davon absehen, daß über 800 Männer um uns herum leben.« Malenkow betrachtete die Berreskowa wie ein schönes Bild. »Was willst du?«
    »Das, was du auch willst: ich dich, du mich … Schwer fällt es mir, das zu sagen: Ich habe mich an dich gewöhnt.«
    »Warum fällt dir das schwer?«
    »Ich will nie von einem Mann abhängig sein, auch nicht im Bett.«
    »Noch schwerer fällt es dir zu sagen: Ich liebe dich.«
    »O Jurij, was ist Liebe? Erklär mir das.«
    »Hast du deinen Mann nie geliebt?«
    »Er war ein guter, fröhlicher, kluger, starker Mann. Im Leben war er sicherer als ich, viel habe ich von ihm gelernt. Aber Liebe? Als er starb, war ich in Odessa, und er war in Moskau. Eine große Aufgabe hatte ich im Meeresinstitut von Odessa, einen Forschungsauftrag der Akademie … Ich hatte keine Zeit, zu Leonids Beerdigung zu fliegen.«
    »Du hast ihn allein begraben lassen?«
    »Er hatte viele Freunde, er war nicht allein. Man hat mir erzählt, es sei ein großes Begräbnis gewesen, sogar eine Musikkapelle war an seinem Grab, und zwei bisher unbekannte Geliebte warfen rote Rosen auf seinen Sarg. Fragst du noch immer: Was ist Liebe?«
    »Du hast nie über deinen Mann gesprochen, Ljuba Alexandrowna.«
    »Warum? Ich kenne nicht mal sein Grab, weiß nicht, wo es liegt, habe es nie besucht …«
    »Wegen der Geliebten?«
    »Nein. In Odessa hatte ich selbst einen Geliebten. Oleg hieß er. Ein grusinischer Schönling, Meeresbiologe wie ich. Auch er ist tot.«
    »Mein Beileid«, sagte Malenkow etwas spöttisch.
    »Warum? Oleg nahm 30 Schlaftabletten und steckte den Kopf in die Badewanne. In der Hand hielt er ein Bild von mir, auf dessen Rückseite ich geschrieben hatte: ›Ich will dich nie wiedersehen. Adieu!‹«
    »Wann schenkst du mir solch ein Bild?«
    »Wer kann das wissen, Jurij?«
    »Ich werde mich deswegen nicht umbringen.« Malenkow griff plötzlich zu, umfaßte ihre Brüste und zog an ihnen die Berreskowa an sich. Jawohl, es war brutal, wie er das machte, aber ihn überfiel ein wilder Drang, ihr jetzt, gerade jetzt, wo sie mit glänzenden Augen vom Selbstmord eines Oleg in Odessa

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