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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Halle. Doch Fischer reichte der Abstand nicht. Der Beginn der Partie verzögerte sich, weil er verlangte, dass die ersten zehn Reihen vor der Rampe entfernt werden müssten. Die isländischen und ausländischen Journalisten und Reporter hatten eine gesonderte Tribüne. Sie berichteten in allen Einzelheiten über dieses Match mit all seinen skurrilen Auswüchsen, vor allem über Bobby Fischers Allüren, aber auch über die höfliche, stoische Gelassenheit von Boris Spasski. Auf Wunsch von Fischer war ein mit Leder gepolsterter Drehstuhl aus New York für ihn eingeflogen worden. Auf diesem Stuhl hatte er gesessen, als er sich mit dem Sieg über Tigran Petrosjan in Argentinien das Recht gesichert hatte, den amtierenden Weltmeister herauszufordern. Spasski hingegen hatte keinerlei besondere Wünsche geäußert, was seine Sitzgelegenheit anbelangte. Er eröffnete die erste Partie des Matchs mit einem Damengambit.
    Auf der Titelseite des Abendblatts ging es allerdings nicht um die Schachweltmeisterschaft. Die Schlagzeile mit dem dazugehörigen Artikel berief sich auf zuverlässige Quellen aus den Reihen der Kriminalpolizei. Dort erregte diese Nachricht Aufsehen und Verärgerung, man knöpfte sich die Mitarbeiter vor, die aber hoch und heilig beteuerten, sich nicht mit irgendwelchen Reportern abgegeben zu haben. Albert glaubte jedoch zu wissen, wer hinter dem Artikel steckte und was mit zuverlässigen Quellen gemeint war. Das Blatt kam kurz vor Mittag ins Büro, und Albert geriet ins Schwitzen, als er die Überschrift las. MORD IM HAFNARBÍÓ  – POLIZEI FAHNDET NACH AUSLÄNDERN . Albert überflog den Artikel, und soweit er sehen konnte, war es nicht möglich, ihn mit dieser Nachricht in Verbindung zu bringen, es war nur die Rede von zuverlässigen Quellen. Es musste auch nicht unbedingt sein, dass sein Gespräch mit dem Reporter in der Veranstaltungshalle Anlass für diese Meldung gewesen war. Da musste noch jemand anderes als Informant gedient haben. Wie konnten diese Presseleute nur mit solchen Methoden arbeiten. Er hatte überhaupt keine Ausländer erwähnt, sondern ganz im Gegenteil betont, dass die Ermittlungen in alle Richtungen zielten. Aber vielleicht war sein Zögern falsch interpretiert worden, oder seine Aussage, dass alles in Betracht gezogen würde.
    »So gehen sie uns ganz sicher durch die Lappen«, sagte Marian Briem und knallte die Zeitung auf den Schreibtisch. »Welcher Idiot lässt sich auch auf ein Gespräch mit diesen Zeitungsfritzen ein?«
    »Das ist doch völlig verantwortungsloser Journalismus!«, erklärte Albert mit so deutlicher Entrüstung, dass Marian sie auf alle Fälle zur Kenntnis nehmen musste. Aber offensichtlich klang seine Empörung ein wenig zu echt, und Marian hatte für so etwas ein gutes Gehör. Ihn traf ein scharfer Blick.
    »Warst du das etwa?«
    »Ich?«
    »Mit wem hast du geredet?«
    »Mit niemandem«, sagte Albert. »Ich …«
    »Ja?«
    »Ich habe es abgestritten, ich habe gesagt, wir wären auf gar keinen Fall hinter irgendwelchen Ausländern her.«
    »Zu einem Reporter von diesem Käseblatt?«
    »Ich habe gestern kurz in der Halle vorbeigeschaut, um zu gucken, wie es dort läuft. Ich habe nur gesagt, dass wir alles in Betracht ziehen.«
    »Hat er von sich aus nach Ausländern gefragt?«
    »Ja.«
    »Und du hast geantwortet, dass wir alles in Betracht ziehen?«
    »Ja.«
    »Warum um alles in der Welt hast du das gemacht?«
    »Ich habe doch gar nichts gesagt«, murmelte Albert. »Er muss das von jemand anderem haben, anders kann ich mir das nicht erklären. Ich habe nichts gesagt und nichts angedeutet. Ich habe nur gesagt, dass wir alles in Betracht ziehen.«
    »Wenn es tatsächlich Ausländer waren, die den Jungen ermordet haben, dann wissen sie jetzt, dass wir nach ihnen suchen. Wenn sie nicht schon außer Landes sind. Hat deine Suche nach dem Mann mit dem blauen Cortina etwas ergeben?«
    »Ich habe heute versucht, ihn zu treffen«, sagte Albert. In der Ford-Vertretung hatte er den Namen des Käufers erhalten und war zu ihm nach Hause gefahren, hatte aber niemanden angetroffen. »Ich weiß, wo er arbeitet, und ich bin auf dem Weg dorthin.«
    »Du lässt mich wissen, wenn dabei etwas herauskommt.«
    »Ich habe diesem Reporter nichts gesagt, was Anlass zu dieser Schlagzeile gegeben hätte«, erklärte Albert niedergeschlagen. »Absolut nichts. Das würde ich nie tun, ich würde niemals eine Ermittlung gefährden.«
    »In Ordnung«, sagte Marian und drückte die Zigarette aus.

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