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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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interessiert, denn sein Vater hatte ihm schon früh beigebracht, wie man die Figuren zieht. Inzwischen wusste er aber weit mehr über Schach als nur die Zugregeln. Und sein Interesse hatte noch deutlich zugenommen, seit feststand, dass die Weltmeisterschaft in Reykjavík stattfinden würde. Er hatte sein Schachbrett wieder aus der Versenkung hervorgeholt und die Figuren aufgestellt, um seinen Töchtern zu erklären, wie sie sich bewegten. Er freute sich darauf, das Match mitzuverfolgen und die Partien am eigenen Schachbrett nachzuspielen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Als er gefragt wurde, ob er zusätzliche Schichten übernehmen wolle, um für die Sicherheit von Bobby Fischer zu sorgen, hatte er sich wie im siebten Himmel gefühlt. Inzwischen hatte man aber die Polizeikräfte verstärkt, deswegen wurde er für diese Sonderaufgabe nicht mehr benötigt. Der Mord im Hafnarbíó hatte trotz der Weltmeisterschaft absoluten Vorrang.
    Als Albert den Eingangsbereich der Halle betrat, sah er viele bekannte Gesichter: Reporter, Parlamentsabgeordnete und sogar Minister, gut genährte Geschäftsleute und prominente Sportler und auch den Meteorologen, der im Hafnarbíó gewesen war und der im Moment so tat, als würde er ihn nicht sehen. Albert hatte sich schon häufiger mit seinen Töchtern Handballspiele in dieser Halle angesehen, aber heute herrschten im Foyer ganz andere Verhältnisse. Links befanden sich große Bildschirme, auf denen man die Partien mitverfolgen konnte. In der Halle selbst waren endlose Sitzreihen vor der Bühne aufgestellt, in deren Mitte ein Tisch mit dem Schachbrett und rechts und links davon zwei leere Stühle standen, die von Scheinwerfern angestrahlt wurden. Zu beiden Seiten befanden sich Kamerakräne. Die Kameras übertrugen die Partie auf die Bildschirme im Eingangsbereich der Halle.
    »Glaubt ihr vielleicht, dass sich der Mörder hier unter den Zuschauern befindet?«, fragte jemand, der hinter Albert stand.
    Albert drehte sich um und erblickte den Reporter eines Boulevardblattes, der ihn angrinste. Albert kannte den Mann, der nicht nur für die polizeilichen Nachrichten zuständig war, sondern auch etwas von Schach verstand und darüber berichtete. Er hatte auch über den Mord an Ragnar berichtet und in dem Zusammenhang einige Male mit Albert gesprochen.
    Es hatte großes Aufsehen erregt, als bekannt wurde, dass Ragnar einen Kassettenrekorder mit ins Kino genommen hatte, was womöglich auch der Grund dafür gewesen war, dass man ihn umgebracht hatte. Es war von fehlenden Kassetten die Rede gewesen und dass jemand das Gerät gestohlen hatte. All das hatte die Presse ganz sicher nicht von der Kriminalpolizei erfahren, denn man versuchte die Details der Ermittlung um jeden Preis aus den Medien herauszuhalten.
    »Wohl kaum«, sagte Albert und war sofort auf der Hut. Er drückte sich im Gespräch mit Reportern immer sehr vorsichtig aus, denn er hatte mehr als einmal erleben müssen, dass er später keinen Einfluss mehr darauf gehabt hatte, wie sie seine Worte auslegten.
    »Du bist also nur als Zuschauer hier?«
    »Ja, ich finde es spannend.«
    »Du spielst also auch Schach?«
    »Ziemlich laienhaft höchstens.«
    »Im Moment ist natürlich ganz Island im Schachfieber«, sagte der Reporter, der nicht der Schlankste war und außerdem einen unangenehmen Geruch verbreitete. Sein müder Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er kaum Interesse hatte, sich übermäßig ins Zeug zu legen. Er trug ein Schild am Revers, das ihn als Journalisten auswies und ihm Zutritt zu Orten verschaffte, an denen die Öffentlichkeit nicht zugelassen war. Albert wusste, dass es in der Halle einen eigenen Raum für die Presse gab, und er ging davon aus, dass er von dort kam.
    »Das ist wohl nicht sehr verwunderlich«, sagte Albert und bereitete innerlich seinen Rückzug vor. Er hatte sich ohnehin schon viel zu lange in der Halle aufgehalten.
    »Gehörst du vielleicht zu den Bodyguards?«
    »Bodyguards?«
    »Passt du auf die beiden auf?«, sagte der Reporter und nickte in Richtung Bühne.
    »Nein, nicht mehr. Der Mord hat absoluten Vorrang.«
    »Ja, natürlich.«
    »Du hast ja hier genug Stoff für deine Geschichten.«
    »Ja, Fischer sorgt schon dafür, dass wir jeden Tag wieder was zu berichten haben. Seinetwegen drehen die Russen und der Schachverband fast durch, genau wie die amerikanische Botschaft, die ganze Presse und wer weiß wer noch. Der Schachverband hat ein tolles Schachbrett aus isländischem Gabbro

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